Kapitel 12 - Kleine Hure

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Andere Frauen als Bitches bezeichnen und sich dann selbst wie eine verhalten. Kann ich gut.

Meine rasenden Kopfschmerzen empfand ich als gerechte Bestrafung für die gestrige dumme Aktion. Da war mir schon bewusst, dass er mich wahrscheinlich nur als eine billige Nummer sah, und ich stieg trotzdem voll drauf ein. Was heißt, drauf einsteigen. Ich  hatte ja sogar ihn  abgeschleppt.

Sein kolossaler Körper neben mir hob und senkte sich mit jedem seiner ruhigen Atemzüge. Leise, um ihn nicht zu wecken, schälte ich mich aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen ins Bad. Unterwegs sammelte ich meine überall verteilten Klamotten ein.

Nach einer kurzen Dusche und nachdem ich mir mit einer neuen Zahnbürste, die ich in einer der Schubladen fand, die Zähne geputzt hatte, fühlte ich mich wieder wie ein Mensch. Ich war dankbar dafür, dass er lange Haare hatte, denn somit hatte er eine Haarbürste herumliegen, mit der ich meine zerzauste Mähne etwas in Form brachte.

Ich zog leise die Badezimmertür hinter mir zu und schlich durch den Flur, um meine Tasche und Schuhe zusammenzusuchen. Gerade überlegte ich, ob ich einfach gehen oder ihn zumindest wecken sollte, da kam er aus dem Schlafzimmer getrottet.

  "Morgen", murmelte er mit rauer, verschlafener Stimme. "Machst du los oder was?"

  "Guten Morgen. Ja, ich dachte, ich störe dich mal nicht länger bei... was auch immer du heute noch so vorhast."

  "Gib mir paar Minuten. Ich fahr dich wenigstens noch nach Hause."

Ich wollte ihm gerade sagen, dass das nicht nötig wäre, aber im Vorbeigehen legte er mir seinen Zeigefinger auf die Lippen. "Pschht. Ich fahr dich. Warte hier."

Ich bezweifelte, dass er alle seine One-Night-Stands normalerweise nach Hause fuhr. Das gab mir schon mal ein besseres Gefühl. Trotzdem, ich konnte mit dieser Ungewissheit nicht länger leben. So sehr ich klärende Gespräche aufgrund ihrer Peinlichkeit auch hasste, ich würde ihn nachher einfach danach fragen.

Er brauchte nur wenige Minuten, dann hatte er sich angezogen und seine Autoschlüssel geschnappt. Seine Haare trug er offen. Ich war ein wenig neidisch, wie glatt und ordentlich sie im Moment verglichen mit meinen aussahen.

Das Auto, in das wir stiegen, sah teuer aus, und war definitiv nicht das Cabrio, mit dem er bisher rumgefahren war. Ich wollte schon fragen, wieso er denn zwei teure Autos besaß, bis es mir einfiel. Klar. Rapper. Wahrscheinlich war er Millionär. Ich hab ja keine Ahnung von solchen Dingen, aber demnach zu Urteilen, wie in diesen Texten immer von Rolex und AMG und so geredet wird, wird es schon kein schlecht bezahlter Beruf sein. 

Und ich hatte mir noch den Kopf darüber zerbrochen, ihm kein Sprit-Geld angeboten zu haben.



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