Dunkelheit (überarbeitet)

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Ich konnte es noch nicht recht glauben, aber offenbar hatten wir das Schattenwesen abgehängt. Seit knapp drei Kilometern war uns schon kein anderes Auto mehr begegnet. Verständlich. 

Wer war denn auch so naiv und fuhr in einer nebligen Samstagnacht, eine nicht richtig asphaltierte Straße, die durch einen düsteren Wald führte, entlang? Vor allem, seit das junge Frauen entführt und blutleer aufgefunden wurden? Tja, ich war so naiv. Vielleicht war ich aber auch einfach nur verzweifelt und fragte mich, ob das hier alles gerade wirklich passierte.

"Ta? Wo sind wir?", fragte meine kleine Schwester und beobachte ängstlich die Welt hinter den schützenden Autofenstern. 

"Ich weiß es nicht genau.", gestand ich. Auch ich suchte schon seit einiger Zeit nach einem Ortsschild, damit ich mich zumindest ein wenig orientieren konnte. Aber wo keine Dörfer waren, gab es natürlich auch keine Schilder. Das Radio spielte leise Musik. Skeptisch warf ich einen Blick aus dem Fenster. Der Vollmond stand fast senkrecht über uns. Dicke Nebelschwaden krochen aus dem Wald auf uns zu und reflektierten unheimlich das weiße Mondlicht. Ich schluckte. Schon lange fuhr ich nicht schneller als 50 km/h auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse.

"Ich denke ich glaube jetzt die Geschichten über diese Vampire, die sich jeden Vollmond ein junges Mädchen holen und sie aussaugen.", flüsterte Mary.

"Ich nicht.", versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Ich durfte mich jetzt nicht meiner Angst hingeben, denn dann hatte ich verloren.

"Aber du hast diese Dinger doch auch gesehen! Sie hatten Zähne. Vampirzähne. Wie in dem einen Film, den ich gesehen hab..." Mit jedem Wort wurde sie leiser, weil sie bemerkt hatte, dass sie sich selber verraten hatte. 

"Hattest du nicht Fernseh-Verbot von Ma bekommen, sobald es zwanzig Uhr ist?", fragte ich, konnte aber nicht wirklich böse sein. Sie war so viel alleine. Es war doch klar, dass sie nicht um Punkt acht, den Fernseher abschaltete. Und jetzt hatten wir das Ergebnis: Sie sah sich Erwachsenen Filme an. 

"Ja, schon." Sie zuckte mit den Achseln. 

"Aber?"

"Ihr seid ja nie da. Und ich hab so häufig Langeweile." Ihre Stimme klang so dünn und traurig. 

Ich legte meine Hand auf ihre. "Ich verspreche dir, sobald wir diese Nacht hinter uns gebracht haben, bin ich mehr für dich da!" Leicht drückte ich ihre Hand zwei mal.

Wenn ihr heute Nacht noch irgendetwas passierte und ich daran Schuld war, so würde ich mir das niemals verzeihen können. Ich seufzte und fuhr mir durch die kinnlangen roten Haare.

Inzwischen hatten wir den Waldrand erreicht. Der Nebel wurde immer dichter. Ich war mit mir selber im Zwiespalt. Sollte ich mein Licht einschalten? Bis jetzt hatte ich die Strecke ganz gut ohne irgendein Licht fahren können, um von oben nicht gesehen zu werden. Aber jetzt...
Wo man nicht einmal mehr zwei Meter weit sehen konnte? 

Leise seufzte ich, nickte kurz schräg und schaltete die Nebelscheinwerfer ein. Der Wald vor, neben und hinter uns sah noch bedrohlicher aus, da mein Licht unheimliche Schatten malte. 

Auf einmal fing das Radio an zu rauschen und ging dann aus. Der Bildschirm erlosch. Das durfte doch nicht wahr sein.

"Nein. Nein! Nein! Nein! NEIN!!!", murmelte ich laut und schlug mit der flachen Hand auf das Armaturenbrett. Der Bildschirm flackerte ein kurzes letztes Mal auf, ehe er dann wieder schwarz wurde.

Mary blickte nervös zwischen mir und dem Radio hin und her.
Kurz drauf ruckelte mein Dodge Charger über irgendetwas das wohl auf der Straße lag und kam ins Rutschen. 

"Fuck!", rief ich und legte beide Hände ans Lenkrad. Mit einiger Mühe und Not schaffte ich es mein Auto auf der Straße zu halten. Ich kämpfte kurze Zeit mit dem Wagen und schaffte es irgendwann wieder sicher in der Spur zu bleiben. Ich biss die Zähne fest aufeinander, damit ich vor meiner Schwester nicht in einen Schimpfsturm ausbrach. 

Schwingen der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt