27. Kapitel

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"Eliza!"

Ich lief so schnell ich nur konnte die Einfahrt hinauf und breitete meine Arme aus, um Eliza in Empfang zu nehmen. Das Gesicht meiner kleinen Schwester war tränenüberströmt, aber sie lächelte. Und dieses süße Kinderlächeln gehörte mir.

"Ich bin wieder da, mein Schatz!", flüsterte ich beruhigend in ihr Ohr, als sie sich schluchzend an mich drückte. "Alles ist gut. Komm, ich bring dich ins Bett..."

Mit diesen Worten nahm ich sie hoch und trug sie zum Gästezimmer von Ashton's Villa. behutsam legte ich sie auf das große Doppelbett und deckte sie zu. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und murmelte leise: "Gute Nacht, Elizabeth..."

Meine kleine Schwester nahm meine Hand. "Bleib bitte hier...", murmelte sie noch, bevor sie entgültig die Augen schloss und in einen tiefen Schlaf fiel.

Schmunzelnd legte ich mich neben sie und betrachtete ihr süßes Kindergesicht mit diesem leichten Lächeln auf den Lippen. Eliza war mein ganzer Stolz. Ich liebte sie so sehr, dass ich nie ertragen könnte sie unglücklich oder traurig zu sehen. Es zerreißt mir das Herz zu wissen, dass sie so schrecklich gelitten haben muss, als ich nicht da war. Ich hatte erfahren, dass sie das Ganze mit angesehen hatte. Sie stand vor der Bank und hat alles gesehen. Ashton hatte mir auch erzählt, wie er mich gefunden hatte. Die Polizei war inzwischen bei der Lagerhalle gewesen, hatte die vier Typen dingfest gemacht. Irgendwie hing Mr. Duncan, der betreiber des Café's Mokkachino gleich gegenüber des Tatortes und mein Chef da auch irgendwie mit drin. Er soll den Verbrechern geholfen haben über einen Kellergang des Café's der mit der Bank verbunden war, in das Gebäude zu gelangen. Diese Tatsache enttäuschte mich, aber nicht so sehr wie die, dass Brandon da mitgemacht hatte. Über den Ausgang wusste ich nur so viel, dass die vier Entführer bereits verhaftet waren und dass Brandon in ein Krankenhaus eingeliefert worden ist. Warum, wieso und wie es ihm geht hatte man noch nicht sagen können. Ich nahm mir fest vor, ihn morgen zu besuchen. Ich hatte ihm wahrscheinlich mein Leben zu verdanken, das war ich ihm also mindestens schuldig.

Irgendwann musste ich dann auch eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, war es schon hell draußen, Eliza war verschwunden und ich lag halb auf dem Bett, halb auf dem Boden. Ich rappelte mich auf und tapste zur Tür. Als ich runter in die Küche kam, stand ein oberkörperfreier Ashton am Herd, Eliza und Poppy saßen am Tisch und frühstückten und Lilia, Ashton und Poppy's Mom saß daneben und blätterte in einer Zeitung.

Ashton bemerkte mich als erster und ließ am Herd alles stehen und liegen und kam auf mich zu.

"Hey Babe", begrüßte er mich und gab mir einen kurzen Kuss, "Wie geht's dir jetzt?"

"Ich will duschen", stellte ich fest, da ich immernoch den Dreck von gestern vom Fitnesstudio, der Entführung und dieser Nacht trug. Ashton lachte und nahm meine hand und führte mich nach oben in sein eigenes Bad.

"Wechselwäsche lege ich dir auf's Bett. Lass dir Zeit...", sagte er und verschwand aus dem Badezimmer.

Nachdem ich eine halbe Stunde lang heißes Wasser verschwendet hatte, stieg ich aus der Dusche, trocknete mich ab und wickelte mir das Handtuch um meinen Körper. Als ich nach draßen in Ashton's Zimmer trat, konnte ich die frischen Sachen auf seinem Bett ausmachen.

Sie bestanden aus Unterwäsche und einem T-Shirt von Ashton. Wo er meine Unterwäsche her hatte, wollte ich gar nicht wissen, aber ich zog alles an und machte mich wieder auf den Weg nach unten.

In der Küche fand ich nur Ashton vor.

"Wo sind die anderen?", fragte ich, tapste zu meinen Freund und setzte mich prompt auf seinen Schoß.

"Poppy und Eliza beim Balletttraining und Mom ist arbeiten.", sagte er und schlang seine Arme um meine Hüfte. "Hunger?"

Ich schüttelte den Kopf. Morgens wird mir leicht schlecht.

"Ashton?", fragte ich nach einer Weile, die wir nur da saßen, ich an seine Brust gelehnt.

"Hm?"

"Ich möchte heute Brandon im Krankenhaus besuchen."

Kaum merklich spannte er sich an. "Wenn's dich glücklich macht...", sagte er uns hauchte mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. "Dann zieh dich aber um, niemand anderes darf dich so sehen...", lachte er und zuppelte an seinem T-Shirt, was mir nur bis knapp unter den Arsch ging. "Is gut", war meine knappe Antwort und eine halbe Stunde später saßen wir in Ashton's Lamborgini und brausten Richtung Krankenhaus.

Als wir Hand in Hand die große Eingangshalle betraten, strömte mir sogleich der Geruch von Desinfektionsmitteln und Hustensaft entgegen. Ich fragte die ältere Dame an der Rezeption nach Brandon's Zimmer und sie erklärte uns den Weg. Keine zwei Minuten später standen wir vor dem Zimmer 444.

Als ich eintrat, sah ich meinen ehemaligen Fahrlehrer aufrecht im Bett sitzen. Erleichtert lief ich zu ihm und gab ihm eine leichte Umarmung, sorgsam darauf bedacht, ihn nicht wehzutun.

"Hey Grace, wie geht's dir?", fragte er und sah mich aus trüben schwarzbraunen Augen an.

"Willst du mich verarschen?!", lachte ich. "Wer liegt denn hier im Krankenhaus?"

Ich entlockte ihm damit ein Schmunzeln und setzte mich auf seine Bettkante und schaute ihn herausvordernt an.

"Du willst wissen, was passiert ist, ge?", seufzte er und ich nickte. "Naja, die sind halt wiedergekommen, ich hab ihnen gesagt, dass du weg bist und dann haben sie mich verprügelt, aber es ist nicht weiter schlimm, also mach dir keine Sorgen."

"Wie kann ich das alles nur wieder gut machen, Brandon?", fragte ich und sah ihn an.

"Mach mit deinem Freund Schluss und brenn mit mir nach Alaska durch!", sagte er so ernst, dass ich den Witz erst checkte, als Brandon lauthals loslachte.

"Du hättest dein Gesicht sehen sollen!", prustete er und hielt sich den Bauch. Ich schob gespielt beleidgt die Unterlippe vor und schmollte.

"Brandon?", fragte ich leise als er sich wieder erholt hatte.

"Ja?"

"Danke."

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