25. Kapitel

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Wir fuhren schon eine ganze Weile. Die Zeit verbrachte ich damit, mir die Gesichter meiner fünf Entführer genaustens einzuprägen, denn wenn ich hier rauskomme, dann können sie was erleben! Meine Gedanken drifteten zu Eliza, mit der ich morgen eigentlich in die Mall wollte, die jetzt aber ohne mich bei Poppy und Ashton versauern musste.

Ashton...

Plötzlich stiegen mir wieder Tränen in die Augen. Sollte ich hier nicht lebend rauskommen, wäre unsere letzte Begegnung ein Streit gewesen. Und ich wollte nicht gehen, bevor ich ihm gesagt habe, dass ich ihn liebe. Denn das hatte ich bis jetzt noch nicht wirklich ausgesprochen.

Ich schüttelte diese Gedanken ab. Ich würde nicht sterben. Ich darf nicht sterben. Was würde Eliza machen, ohne mich und ohne meine Erzeuger. Eltern waren sie schon lange nicht mehr.

Inzwischen waren wir auf einem Waldweg unterwegs, soweit ich das durch die getönten Scheiben und die Dunkelheit draußen erkennen konnte.

Die Männer unterhielten sich angeregt über ein Thema, was ich nicht wirklich verstand; irgendwas mit Autos. Nur Brandon, der auf dem Beifahrersitz saß, schwieg und beobachtete mich permanent durch den Rückspiegel. Ich saß eingequetscht, immernoch diese beängstigende Weste tragend und mit gefesselten Handgelenken, zwischen zwei großen Typen, in der zweiten Reihe, die sich über meinen Kopf hinweg lautstark darüber stritten, ob sich der Porsche Panamera Irgendwas oder der Mercedes cla 250 sport 4matic besser fahren ließe. Der Porsche-Typ links von mir hatte schwarze Haare und grüne Augen, volle Lippen und eine große Nase, die kein bisschen in sein kantiges Gesicht passte. Der Mercedes-Verteidiger hatte braune Haare und grau-blaue Augen, war sehr groß, muskelbepackt und stank.

Auf der Rückbank saß ein schlaksiger, dünner Typ mit blonden Haaren und blauen Augen, die sich hinter einer großen runden Brille versteckten, die seine Augen auf die dreifache Größe wachsen ließen. Er telefonierte gerade, wahrscheinlich mit dem Chef, der für das alles hier verantwortlich war. Denn ich konnte hören, wie er durchgab, dass sie auf den Weg befanden und bedauerlicherweise eine Geißel nehmen mussten. Als er fragte, was man mit mir machen sollte, horchte ich auf.

Leider konnte ich nicht hören, was am anderen Ende der Leitung gesagt wurde, also gab ich auf und widmete mich dem Fahrer. Ein großer, durchschnittlicher Typ mit schwarzen Haaren und eisblauen Augen. Eine markante Narbe durchzog sein Gesicht von der rechten Augenbraue bis zum linken Mundwinkel und ließ ihn noch angsteinflößender werden.

Wir fuhren noch eine Weile, bis der Wagen stoppte. Doch niemand machte Anstalten auszusteigen.

"Was'n nu?", fragte ich und versuchte die Angst in meiner Stimme durch einen Hauch von Humor zu überspielen.

"Wir müssen dir jetzt leider die Augen verbinden...", sagte der Porsche-Typ und hielt ein rotes Tuch hoch.

"Okay, aber pass bitte auf meine Haare auf, ja?"

Und das tat er wirklich. Ich war sehr überrascht, als er mich auch noch fragte, ob es so okay sei. Danach setzte sich der Wagen wieder in Bewegung und die zwei setzten ihr Gespräch fort.

"Also ich bin ja für den Mustang Shelby gt 500, kennt ihr den?", klingte ich mich auf Teufel komm raus mit ein.

Zuerst Schweigen, doch dann zustimmenden Gemurmel.

"Er soll sich gut fahren lassen!", pflichete mir der Mercedes-Fanatiker bei. In Gedanken machte ich drei Kreuze, da Ashton mich mal mit so einem Kack vollgelabert hat.

"Ja sehr sogar. mein Freund hat einen und hat mich mal mit fahren lassen!", log ich. Ashton hatte zwar auch einen Mustang, aber nicht denselben.

"Du hast einen Freund?", fragte der Porsche-Fahrer neugierig. Ich musste lachen.

"Ja, aber es läuft nicht mehr so richtig..." Richtig Grace, schön einwickeln. "Wir sehen uns sehr selten und der Sex ist auch nicht mehr das, was er mal war..."

"Oh, das kenn ich! Es hat dann am Ende dazu geführt, dass..."

"Ruhe dahinten, verdammte Scheiße!", kam es von vorne und unser Gespräch verstummte. Na toll, jetzt hatte ich keine weitere Möglichkeit, sie weich werden zu lassen, damit sie mir nichts tun.

Die Fahrt dauerte noch eine Weile und es herrschte drückende Stille, bis der Wagen langsamer wurde und schließlich zum Stehen kam. Autotüren wurden aufgemacht und ich wurde vorsichtig hochgehoben und aus dem Auto getragen. Ich erkannte Brandon am Aftershave. Ich wusste nicht, wohin ich getragen wurde, aber als man mir die Augenbinde abnahm, fand ich mich in einem kleinen, trostlosen Raum mit Bett, Stuhl, Waschbecken und Klo wieder.

"Bleib hier!", befahl mir Brandon. Ach nee, wo sollte ich denn bitte auch hin?!

"Warum hast du nichts gesagt?", fragte ich und Brandon stoppte. Ich drehte mich langsam zu ihm um und sah ihm in die Augen.

"Warum hast du ihnen nicht gesagt, dass du mich kennst?", wiederholte ich.

"Weil sie dich sonst garantiert getötet hätten."

"Und? Das tun sie doch sowieso..."

"Nein. Sie schicken eine Lösegeldforderung raus."

Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Er wollte mich schützen! Plötzlich kam er auf mich zu und umarmte mich. Ich wusste nicht, was das sollte, umarmte ihn aber zurück.

"Es tut mir leid...", murmelte er in meine Haare und küsste meine Wange. Dann drehte er sich um und ließ mich allein und verwirrt in diesem trostlosen Raum zurück.

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