Rafael

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An der Tür steht ein dunkel bekleideter, sehr attraktiver Mann. Gott, ihn kann man nicht als gewöhnlichen Mann abstempeln. Ich habe noch nie jemand so perfektes gesehen, wie ihn. Er sieht nicht wirklich alt aus, ich würde ihn auf die 21 schätzen.

Er hat dunkelbraune Haare, grüne Augen und ein perfektes Gesicht. Bei seinem Körper sollte man gar nicht erst anfangen. Ich will wissen, wer er ist, denn in seinen Augen scheint etwas, was ich noch nie gesehen habe. Etwas Mysteriöses und gleichzeitig kaltes, was manch einer verschrecken würde.

»Bist du fertig mit starren?«, gibt er selbstbewusst von sich. Beschämt rolle ich meine Augen, was ihn kurz seine Mundwinkel nach oben ziehen lässt. Mich erstaunt es, dass er fast keinen Akzent hat und Englisch spricht, als ob es seine Muttersprache wäre.

»Was mache ich hier und wer bist du?«, stelle ich ihm verängstigt eine Gegenfrage. Er ignoriert meine Frage und sagt: »Komm mit, Rita hat schon Essen für dich vorbereitet.«

Das Gefühl, dass man ihm gehorchen sollte, verfolgt mich und ich tue, was er sagt. Hinter ihm laufend, schaue ich mir die ganze Villa an - es sieht echt schön hier aus. Was der Eigentümer wohl beruflich macht, um sich sowas zu leisten. Ja wir haben auch viel Geld, aber das ist eine ganz andere Liga.

Auf einmal bemerke ich eine offene Balkontür und komme auf die dumme Idee herausrennen zu wollen. Ich sollte doch die Chance nutzen, wenn sie mir vor die Nase gehalten wird. Nur weil er gut aussieht, heißt es nicht, dass ich bei ihm bleiben möchte.

Nach nur paar Sekunden werde ich schon nach hinten gezogen und stark festgehalten.

Der Mann von eben schaut mir emotionslos in die Augen und sagt: »Versuch noch einmal zu fliehen und es endet nicht gut.« Verdammt, er macht mir schon mit seinem Blick eine Heidenangst. Ich nicke nur benommen. Seine Hand entfernt er immer noch nicht von meinem Arm, sondern führt mich in die Küche.

Sofort bemerke ich den wundervollen Geruch von Essen und das Wasser im Mund läuft mir fast zusammen. Seit mehreren Stunden habe ich nichts mehr gegessen, also wäre Essen jetzt wirklich passend. Meine Kopfschmerzen würden dann auch wahrscheinlich weggehen.

Gott, was ist falsch mit dir Victoria? Du wurdest entführt und du denkst nur ans Essen.

»Setz dich«, fordert er auf und winkt einer älteren Frau und deutet ihr herzukommen. Diese kommt mit einem Teller Eier und Speck zu mir angerannt. »Chi è questo?«, fragt die Frau. (Wer ist denn das?) Überfordert mit der Situation schaue ich nur auf meinen Teller.

Der Schönling fordert von mir auf, dass ich esse, doch ich weigere mich zuerst, obwohl der Hunger meine ganzen Gedanken einnimmt - ich muss erst herausfinden, in welcher Situation ich mich befinde. Verdammt, wie geht es meiner Schwester? Hoffentlich ist sie sicher nach Hause gekommen.

»Wer bist du?«, frage ich ihn neugierig. »Hör auf Fragen zu stellen«, antwortet er mir kalt und enttäuscht mich dabei. Wirklich gesprächig ist er anscheinend nicht.

Ich fange an zu essen und genieße es, obwohl ich eine Gefangene bin. Dieses bringt mich jedoch dazu, wieder klarer denken zu können. Ich wurde entführt, bin jetzt in einer Villa am Essen, während meine Familie vor Sorgen bestimmt noch umkommt.

Warum verspüre ich eigentlich nicht mehr Angst gegenüber diesem Mann vor mir? Dieser schaut nur desinteressiert auf sein Handy, bis jemand laut in die Küche reinkommt.

»Rafael, Bruder! Wen haben wir denn da?«, ein etwas jünger aussehende Junge spricht den Schönling - anscheinend Rafael genannt - vor mir an, doch dieser stöhnt nur genervt. Sein Bruder also.

»Nerv mich nicht, Tyler.« Er ist ja so sozial und lieb. Nicht.

Rafael steht auf und geht rüber zum Wasserautomaten, während Tyler sich gut gelaunt vor mich setzt. Er lächelt mich breit an, was mich nur dazu bringt ihn eingeschüchtert anzuschauen. Meine Mutter würde jetzt meinen, dass es respektlos ist Leuten nicht in die Augen zu schauen, wenn sie dich auch anschauen.

Ich ignoriere den komischen Jungen vor mir und wende meinen Blick wieder auf Rafael, der mich schon anschaut. »Was passiert eigentlich mit mir?«, frage ich ihn und hoffe eine richtige Antwort zu bekommen.

Shot Into DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt