Dummer Versuch

4.5K 114 0
                                    

Soeben wurde die Beerdigung von Carlos beendet und ich bin auf dem Weg mich in mein Zimmer zu begeben und schlafen zu gehen. Doch dann fällt mir ein, dass Rafael ziemlich viel getrunken hat und so aussieht, als würde er jeden Moment durchdrehen.

Ich entscheide mich etwas Riskantes und gleichzeitig dummes zu tun und gehe zu ihm. Er sitzt an der Bar draußen, hält Whiskey in der Hand und trinkt seinen Schmerz weg. Viele Menschen haben immer noch nicht verstanden, dass Alkohol den Schmerz nicht entfernt.

»Rafael. Vielleicht wäre es besser, wenn du jetzt schlafen gehen würdest«, sage ich nervös und spiele an meinen Finger herum. Dies bemerkt er, nickt jedoch direkt danach.

Als wir vor seiner Tür stehen, wende ich mich zu gehen, doch er stoppt mich. »Bleib noch eine Nacht bei mir, Victoria.« Es wäre sehr gemein, würde ich ihn alleine lassen, obwohl ich weiß wie sehr er leidet - deshalb trete ich zurück in sein Zimmer und lege mich auf das Bett.

Rafael sieht so verdammt kaputt aus. Er strahlt nicht wie sonst Macht und Kälte aus, sondern Verletzlichkeit - etwas was ich mir bei ihm nie hätte vorstellen können.

Aus Reflex lege ich meinen Kopf auf seine Brust und bemerke, dass er in einem Rhythmus aus und einatmet - er schläft schon, was mich beruhigt.

•••

Morgens bemerke ich, dass er schon seine Augen geöffnet hat und auf die Decke starrt - was er denkt, würde ich so gerne wissen. Doch so nah stehen wir uns nun auch nicht, dass ich alles wissen darf oder kann.

Rafael dreht sich aus dem Nichts zu mir und schaut mir in meine Augen. Ich sehe in ihnen Schmerz und Furcht vor etwas, was ich nicht nachvollziehen kann. Hat es etwas mit dem Unfall zu tun, indem Carlos gestorben ist?

Plötzlich fällt mir etwas ein. Meine Familie. Ich habe sie so lange nicht mehr gesehen und will so schnell wie möglich zu ihnen, obwohl ich gleichzeitig auch nicht Rafael verlassen will. »Woran denkst du?«, fragt er mich und küsst mich auf die Stirn. Diese kleine Geste bringt mich dazu direkt rot zu werden und ich versuche mein Gesicht von ihm zu drehen.

Leider gelingt mir das nicht und er zieht mein Gesicht mit seiner Hand zu sich. »Um ehrlich zu sein, wollte ich dich fragen, wann ich nun endlich zu meiner Familie zurückkann.« Er schaut mich genervt an und setzt sich auf. Dabei habe ich einen perfekten Blick auf seine Rückenmuskulatur, die mehr als nur perfekt ist.

»Für eine lange Zeit erstmal nicht.« Nach seiner Antwort setze ich mich direkt hin und schaue ihn an, während er den Blick von mir abwendet. »Du hast mir gesagt ich darf zu ihnen zurück, da du mir vertraust. Hast du mich angelogen?«, frage ich ihn angespannt und bin kurz vorm Durchdrehen.

Wie kann er mir das nur antun? Rafael hat mir große Hoffnungen gemacht, nur um mir diese zu nehmen.

»Es ist zu riskant dich zurückzuschicken. Sie würden dich, deine ganze Familie und Freunde umbringen, da sie wissen, dass du mit mir in Verbindung stehst. Diese Leute würden denken du wärst meine Schwäche und würden dir das Leben zur Hölle machen.« Er macht eine kurze Pause und fährt fort. »Es ist mir egal, was du davon hältst, doch ich möchte nicht, dass dir etwas passiert oder du so etwas Traumatisches erleben musst, weil ich nicht geholfen habe.«

Ich schaue ihn nur überfordert mit offenem Mund an und bin kurz davor durchzudrehen. Auf der einen Seite hat er recht, doch auf der Anderen nicht. Rafael hat es mir versprochen und ich muss zurück. Ich halte es nicht mehr aus gefangen zu sein.

Wütend schnaube ich und verlasse sein Schlafzimmer! Ich halte das einfach nicht mehr aus.

Direkt nachdem ich kurz stehen bleibe in der Mitte des Flures, bemerke ich etwas. Ein Haustelefon. Bingo!

Es ist mir egal. Ich muss zurück, egal was es kostet. Ich wähle die Notrufnummer und warte bis jemand rangeht. Kurz nachdem jemand rangeht, wird mir das Handy aus der Hand gerissen und aggressiv gegen die Wand neben mich geworfen.

Jetzt stecke ich in der Scheiße. Ich drehe mich um und sehe Rafael - einen sehr wütenden Rafael. Könnten Blicke töten, wäre ich schon längst unter der Erde. Sauer packt er meinen Arm und zieht mich irgendwo hin. »Du tust mir weh«, merke ich an, da der Griff um meinen Arm zu fest ist. Doch er hört nicht auf.

»Rafael. Hör auf!«, schreie ich ihn schon langsam an, da ich Panik bekomme und versuche mich wehren, was mir nicht gelingt.

Immer noch frage ich mich wohin er mich bringt und was mit mir als nächstes passiert.

Shot Into DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt