Die Neugier ist der Katze Tod

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Der nächste Morgen war grau und ein kalter Wind fegte um die Mauer die das stattliche Anwesen von der Außenwelt abschnitt. Elijah hatte die ganze Nacht am Fenster gestanden, er hatte gedacht und gedacht und als er dann durch die dünnen Wände des Hauses ein Schluchzen vernommen hatte, war er sich seiner Sache ganz sicher gewesen. Wenn Elisabeth es wusste, dann wusste es Katerina auch.
"Du bist so still, Bruder. Dich bedrückt doch nichts?"
Klaus hatte ein gutes Gespür und unter der Fassade aus geschwisterlicher Sorge wollte er Elijah zur Rede stellen.
Das wusste Elijah und es machte ihm nicht viel aus, es war ganz einfach so ihre Art miteinander umzugehen.
"Wir scheinen unsere Deckung verloren zu haben, sie muss gestern jemanden im Dorf getroffen haben."
Meinte Elijah leise und hielt genau wie Klaus seine Arme hinter dem Rücken verschränkt als er zum Himmel hinauf sah.
"Avon war noch nie ganz rein von unseren Feinden."
Warf Klaus unverblümt ein.
Früher nicht, früher waren es nicht so viele, ging es Elijah durch den Kopf, doch er blieb stumm. Nach einer Weile zuckte Klaus mit den Schultern und sprach.
"Was wird sich schon ändern, wenn sie es wissen. Sollen sie doch schreien und sich wehren, mir macht es nichts aus. Wenn du möchtest können wir sie beeinflussen aber ich genieße die echte Jagd."
Erleckte sich kurz über die Lippen und lächelte seinen Bruder diabolisch an. Der hatte ihm schon längst den Rücken zugewandt und sprach in ernstem Ton.
"Du willst ihr Blut und nicht ihr Leben, Niklaus."
Nun lachte der angesprochene und legte den Kopf ein wenig schief.
"Das eine ist von dem anderen nun einmal nicht zu trennen. Was kümmert es dich ob sie sterben. Bruder, ich erkenn dich nicht wieder. Deine Menschlichkeit hat dich wie eine alte Seuche befallen, werde sie los. Ich kann sie nicht ausstehen."
Er legte seine Hand kurz mitleidig auf Elijahs Schulter und wandte sich dann von ihm ab.
"Ich habe doch keine Verräter unter meine Angehörigen?"
Fragte er als er die Tür erreicht hatte.
"Ich verbürge mich für dich, Niklaus."
Sprach der erstgeborene Mikaelson und sah seinen Bruder an.
Der beobachte jeden Muskel und jeden Fingern den sein Gegenüber rührte.
"Gut."
Kalt und freudlos warf er ihm dieses Wort zu.
"Du weißt was meine Strafe für Verräter ist...Morgen um diese Zeit werden wir es tun, behalt die Mädchen ihm Auge."
Er stoppte noch einmal bevor er den Raum ganz verließ.
"Beide."
Dann fiel die Tür geräuschvoll ins Schloss.
Ich schreckte aus dem Schlaf, die Hand auf mein pochendes Herz gepresst, saß ich aufrecht im Federbett. Aus Angst dachte ich an eine schmerzfreie Einbildung, eine lebhafte Fantasie, ein Hirngespinst.
Ein Traum.
Es war nur ein Traum!
Es war alles nur ein Traum gewesen.
Doch als meine Füße den kalten Boden berührten und ich auf meinen zitternen Beinen stand, konnte ich nicht anders als der Wahrheit ins Auge zu blicken. Ich trug noch genau das selbe Kleid, was ich gestern anhatte. Es war faltenreich und mein Antlitz war von Tränen befeuchtet. Ich schaute zurück auf das Bett und sah das es leer war. Sie muss gegangen sein als ich einschlief.
Oh Katerina, was wird nur aus uns werden.
Das ging mir durch den Kopf, als mich wusch, umzog und meine Haare mit einem hölzernen Kamm ordnete.
Da ich nicht den geringsten Appetit verspürte verließ ich mein Zimmer und spazierte durch das Haus. Das Anwesen der Mikealsons war so groß das ich, seit ich hier vor ein paar Monaten ankam und einzog, noch nicht überall gewesen war.
Es gab eine Eingangshalle, ein Stube in der wir täglich aßen, einen Tanz- und Festsaal, eine Bibliothek, einen Salon, mehrere Gänge, Waschräume, und Küchen, dazu gab es noch viele kleine Kämmerchen die je alle einem unterschiedlichen Zweck dienten. Außerdem gab es in diesem Haus ganz genau fünf Schlafstätten. Es waren Gemächer von feinem Kaliber jedes hatte seinen eigenen Stil. Ich lebte in einer dieser Räumlichkeiten, sowie Katerina und die beiden Herren des Hauses. Trevor lebte wie ich später erfuhr nicht bei uns, er war eine Art Lehnsmann von Niklaus und immer nur dann hier zugegen wenn man ihn brauchte. Ziellos irrte ich durch die Gänge und versuchte den Eindruck zu vermitteln, als würde ich mir einfach nur die Gemälde und verschiedenen Kunstwerke ansehen.
Was nicht stimmte, den das Ziel war, vielleicht einen Ausweg zu finden, eine Tür die nach draußen führte und nicht verriegelt war, es schien jedoch hoffnungslos. Dieser Ort war ein Labyrinth aus dunklen Gängen, stillen Fluren und man wusste nie hinter welcher Ecke ein Monster lauerte...
Um den Schein zu waren lächelte ich jedem Diener oder Dienstmädchen dem ich begegnete höflich zu, sowie ich es die vorherigen Tage auch immer getan hatte. Schließlich wurde der Boden uneben und führte mich mit jedem Schritt weiter in die Tiefe. Auf schien man hier mit der Beleuchtung gespart zu haben. Ich zählte die Schritte bis zu nächsten Fackel, vorher waren es immer genau fünf gewesen, jetzt waren es zehn fast schon elf Schritte. Das trug dazu bei das es zunehmend dunkel und feucht wurde, ich war also im Keller des Hauses angelangt.
Unheimliche Schattenfiguren zierten die Wände und ein leiser kühler Luftzug kam mir entgegen. Ich wendete meinen Blick eilig ab und ging weiter. Die leichte Brise kam aus einer Kammer die ein paar Fuß den Gang hinuter lag. Die Tür musste wohl nicht richtig verschlossen worden sein. Als ich langsam näher trat, konnte ich sehen das die Tür noch einen breiten Spalt geöffnet war. Ich lehnte mich an die Wand und warf nach einigem zögern meinen Blick durch den Spalt. Ich konnte einen dunklen Raum mit Wänden aus Stein erkennen, sie waren im Vergleich mit den anderen Zimmern nicht mit Bildern oder Wandteppichen behangen und es war auch keine einzige feurige Lichtquelle zu gegen. Dazu war es mir ein Rätsel woher der kühle Luftzug kam, der meine Aufmerksamkeit erst auf diese Kammer gerichtet hatte, denn sie besaß keine Fenster. Da man sich unter der Erde befand waren solche natürlich nicht brauchbar. Ein Geräusch drang an meine Ohren, ein Geräusch wie das knirschen von Schuhen über hartem Boden. Würde man mich hier finden war ich verloren. Bereits jetzt verstieß ich gegen jeden Anstand den ein Mädchen dieser Zeit in Anwesenheit von höherem Geschlecht besitzen musste. Aber was sollte mir das jetzt in dieser Situation nur nutzen. So blieb ich also stehen und rührte mich nicht.
Ich hätte mich selbst wenn ich wollte nicht bewegen können, da meine Glieder wie das Wasser im Winter zu Eis erstarrt waren. Mit der letzten Kraft die ich noch besaß presste ich mich gegen die kalte Wand und bemphte mich dabei kein Geräusch zu machen. Aus den Augenwickeln erfasste ich einen Lichtschein, er war so klein das er unmöglich von einer Fackel herühren konnte. Vielleicht war es eine Kerze oder ein Glühwürmchrn, das sich in den dunklen Gängen verirrt hatte. Die Schritte hielten inne und ich vernahm einen Seuftzer. Dann hörte ich eine Stimme und sie sprach ruhige Worte vor sich hin.
"Sonderbar nicht war? Wie alles gekommen ist."
Klaus befand sich in der Kammer und als ich das bemerkte, wagte ich kaum noch zu atmen. Er fuhr in einem leicht spöttischen Tonfall fort und brüstete sich.
"Doch ich habe Recht behalten wie ihr sehen könnt oder auch nicht sehen könnt. Ich werde alles das bekommen was ich will und keiner von euch wird mir erneut im Weg stehen. Es ist vorbei. Versteht ihr, ich gehe meinen Weg und ihr dürft erst wieder gehen wenn ich dass gestatte. Ich hatte euch gewarnt, doch keiner wollte auf mich hören."
Ich fragte mich verbissen zu wem er wohl so redete, den außer sein Atmen und seine Stimme war nichts zu hören das auf die Anwesenheit anderer in der Kammer hinwieß.
Da bekam ich es mit Angst zu tun und wollte so schnell und so leise wie möglich das Weite suchen. Obwohl ich daran zweifelte das es in diesem Haus egal wo man sich aufhielt überhaupt noch sicher war. Da kam in mir denoch eine unbeschreibliche Neugier auf die mich dazu drängte sie zu stillen und ein wenig weiter durch den Türspalt zu sehen. Ich presste Lippen aufeinander und schob mich vorsichtig näher an die Tür heran, dann löste ich mich von der Wand und sah mit klaren Auge durch den Spalt.
Der Raum war wirklich nur spärlich leuchtet, das Licht kam von einen Kerzenständer her den der Sprecher in der Hand hielt.
Sein Rücken war mir zugekehrt und das berschaffte mir die Möglichkeit mich ein wenig weiter umzuschauen.
Ich entdeckte mehrere große Truhen, die auf dem Boden standen, sie waren zur Decke hin gewölbt und aus Ebenholz gefertigt.
Auf einer konnte man ein eingraviertes Kreuz erkennen. Das erschrak ich. Dieser Raum war eine Totenkammer und die Truhen waren Särge. Und vor meinen Augen stand der Herr des Hauses inmitten dieses Totenlagers und sprach zu ihnen.
Das zweite Mal in meinem Leben bekam ich wirklich Angst.
Das erste Mal hatte ich sie verspürt als ich meine Schwester aus ihrer Kammer hatte schreien hören, das war als sie ihr Kind gebar. Der zweite Schrei von Katerina der an meine Ohren drang und jetzt immer noch wie ein Echo in meinem Kopf nachallte, dieser Schrei war vielleicht noch schlimmer, das war als ihr unser Vater das Kind entriss und es fort brachte. Da hatte ich sie gehabt, die Angst die dich am ganzen Körper lähmt, die dich zittern und schwitzen lässt, als wärest du gerade aus einem Alptraum erwacht. Nach diesem Tag zählte ich die Momente der wirklichen Angst nicht mehr und sie verloren an Bedeutung.
Ein starker Arm erschien wie aus dem Nichts hinter mir, zog mich von der Tür weg, und drückte mich leise aber kräftig gegen die kalte Wand. Bevor ich reagieren geschweige denn einatmen konnte legte sich schon eine Hand auf meinen Mund und verhinderte so jeden Ausstoß von Geräuschen.
Panisch blickte ich in die Dunkelheit und merkte bald das es zwecklos war sich gegen die dominanten Arme zur Wehr zu setzen. Ich konnte nichts sehen, die letzte Fackel an der Ecke musste mit der Zeit wohl erloschen sein.
Ich versuchte meine Hand zu rühren und es hielt mich niemand auf. Kann man nicht sehen so muss man eben tasten.
Vorsichtig und langsam führte ich meine Hand nach oben und erreichte den Arm der ausgestreckt war meinen Mund zu verschließen. Er war muskulös und durch ein leichtes Gewand bedeckt, er fühlte sich kühl an und ich bekam einen Kontrast zu spüren da meine Fingerspitzen vor Wärme glühten.
Ich zögerte kurz, mein Gegenüber hatte noch keine Reaktion gezeigt. Ich versuchte den Arm entlang zu fahren um so sein Gesicht zu treffen, doch ehe ich es erreicht hatte löste er sich von mir. Er gab mich frei, zuletzt ließ er meinen Mund los.
Meine Hand war noch ausgesteckt und so streifte ich kurz sein Kinn.
"Elijah..."
Ein Hauch nicht mehr, kein Flüstern, nur eine stille Botschaft verließ meine Lippen.
"Geh."
Kam es zurück, seine Antwort war noch leiser als meine Erkenntnis davor. Ich ließ es mir nicht zweimal sagen und wandte mich ab, wusste ich nun das er mich nicht verraten würde.
Nicht dieses Mal. Ich tastete mich an der Wand entlang und als ich um eine Ecke bog, fiel das Licht einer Fackel auf mich herab und bestrahlte den Weg zurück. Ich holte kurz tief Luft und dann rannte ich los. Die endlosen scheinenden Gänge wieder hinauf und die Sehnsucht nach dem echten Sonnenlicht trieb mich voran. Dabei dachte ich an alles was ich gehört, gesehen und gefühlt hatte und jegliche Sittsamkeit und jegliche Anständigkeit die bis jetzt meinen Körper noch nicht verlassen hatte, verließ ihn gewiss in den nächsten Tagen, bis nichts mehr davon übrig war.

{Petrova}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt