Die Hölle auf Erden

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Irgendwo in den stillen Wäldern Englands, fern ab der großen Städte, waren zwei Schwestern verloren gegangen.
Sie waren vor dem Bösen geflohen, sie dachten sie könnten einfach davon laufen, in das Licht.
Jedoch waren sie mit jedem Schritt und mit jedem Azemzug, tiefer in die Dunkelheit gelangt. Und wenn man einmal in der Dunkelheit verloren geht, findet man nur sehr selten wieder heraus.
Das erste an was ich mich erinnerte war:
Wasser.
Das leise rauschen von kleinen Wellen die Sand und Kies an das Ufer des Sees spülten.
Das nächste war die Sonne.
Ein vorerst weißer Ball am Himmel über mir, dessen helles Licht meine Augen zum brennen brachte.
Ich richtete mich auf, dafür brauchte ich eine Weile, da meine Sicht noch etwas verschwommen und mein Körper zittrig war. Dann erst ordneten sich meine Gedanken und erschrocken fuhr meine Hand zu der Stelle an der der Dolch gesteckt hatte.
Er war nicht mehr da.
Ich hätte mich damit zufrieden gegeben, das ich letzte Nacht einfach nur meine Sinne verloren hatte, was mir fast ein wenig glaubwürdiger vorkam als das ich mir selbst das Leben genommen hatte, wäre dort nicht der feine Riss in meinem dünnen Nachthemd gewesen, der bewies das es etwas scharfes durchdrungen hatte. Dazu kam noch das mein schon lange nicht mehr linnen weißes Schlafgewand eine rosane Färbung angenommen hatte.
Wasser und Blut.
Es gab keinen Zweifel, ich hatte den Dolch den mir Elijah gab verwendet.
Aber wo war er?
Ich hatte ihn wohl kaum selbst aus meiner Wunde entfernen können, während ich noch als "Leiche" im Wasser trieb.
Er musste irgendwo hier sein.
Ich sah mich um, Sand, Sand nichts als Sand und Steine.
Ich saß auf meinen Knien und suchte mit den bloßen Fingern in der Erde und im Wasser.
Dabei spürte ich ein Gefühl der Frustration aufkommen und schließlich sprang ich auf, stampfte mit dem Fuß in den Sand und stieß einen kurzen Wutschrei aus.
Dann brach ich erschöpft zusammen.
Ein paar Tränen der Verzweiflung flossen über meinen blassen Wangen und ich spürte mein Herz wie es lebendige und kleine zornige Sprünge machte.
Es fühlte sich ein wenig fremd an, es schien außergewöhnlich stark zu sein und vielleicht sogar ein wenig übermütig, als würde es sich freuen noch pochen zu dürfen.
Dieses Gefühl ängstigte mich ein wenig.
Langsam kroch ich weiter in Richtung See und starrte auf mein verschwommenes Spiegelbild im Wasser.
Ich sah ein dreckiges kleines Mädchen aus dem Spiegel herausblicken und ein leuchtendes Augenpaar das mich böse anfunkelte. Wütend schlug ich mit der flachen Hand auf das Wasser um den Anblick meiner Selbst nicht mehr ertragen zu müssen.
"Warum!? Warum hast du mich verlassen?! Wieso hast du mich nicht zu dir genommen, Gott? Ich habe doch nichts mehr wofür es sich zu leben lohnt! Ich bin doch allein...für immer allein. Nie habe ich die Hölle auf Erden erfahren gewollt, wieso musst du mich so bestrafen?"
Ein zweites Mal brach ich zusammen und kam erst nach einer Weile wieder zu mir. Meine Stimme war heiser, die Tränen ausgetrocknet und die Sonne verbrannte mir allmählich den gesammten Körper. So schnell ich es vermochte, kam ich auf die Beine und flüchtete mich in den Schatten einer großen Eiche, dort lehnte ich mich gegen den Stamm und schloss für einen Moment die Augen. Nie hatte ich mehr gehofft das alles nur im Land der Träume geschehen war und nicht Wirklichkeit war.
Aber ich wachte nicht auf, ich fühlte mich nur zunehmend schlechter. Hier konnte ich nicht bleiben, das stand fest.
Zuerst ein wenig taumelnd und dann schweren Schrittes machte ich mich auf den Weg. Mein Ziel ließ ich das Schicksal entscheiden, bis ich irgendwann aus dem Wald heraus kam und eine lange Straße vor fand. Sie zog sich durch Felder und Wiesen, und vielleicht eine gute Meile entfernt mündete sie in eine Kleinstadt.
Ob das Avon war?
Ich folgte müden Fußes der Straße und das schlechte Gefühl war jetzt zu einem unterträglichen Schmerz geworden, der sich durch meinen ganzen Körper zog und sich dort festzubeißen schien. Wenn jemand an diesem frühen Morgen einen Spaziergang durch die graue Flur gewagt hatte, würde er eine kümmerliche Gestalt seinen Weg kreuzen sehen. Naß von Kopf bis Fuß und schmutzig, vielleicht hätte jemand sie gefragt ob sie Hilfe brauchte, oder woher sie kam. Niemand hätte geahnt das dieses Mädchen vor ein paar Tagen Gast im Haus der Mikealsons gewesen war.
Das sie in den schönsten Kleidern getanzt und gelacht hatte, das sie nie auch nur ansatzweise geglaubt hatte, das es irgendetwas Böses auf der Welt gab, das schon damals seine Klauen nach ihr ausgestreckt hatte. Selbst wenn jemand gewusst hätte das die Mikealsons Besuch hatten, dann hätten sie sie bestimmt nicht erkannt. Warscheinlich hätte es sie bei ihrem Anblick gegraut und sie wären lieber rasch weiter gegangen.

{Petrova}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt