Kapitel 12

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Ungeduldig sah die Sängerin sich in ihrem Zimmer um und strich zum wiederholtesten Male über die Bettdecke. Ihre kleine Tasche war gepackt, die Entlassungspapiere fertig unterschrieben und selbst die morgendliche Übelkeit hatte ihr heute Morgen einmal eine Pause gegönnt. Sie war fertig umgezogen, bereits von der Infusion abgeschlossen und auch nochmal über die Risiken aufgeklärt worden. Sobald sie in einer Woche wieder in Berlin sein würden, würde sie sich dort nach ihrer Hebamme umsehen und noch einmal sah sie auf die Tablettenpackung in ihrer Hand. Um das völlige Abklingen der Entzündung zu bewirken sollte sie davon jeweils morgens und abends eine einnehmen.

Alles in allem war sie happy, doch die Tatsache, dass ihr Freund und Sohn weder aufgetaucht, noch angerufen hatten, machte sie etwas stutzig und enttäuschte sie auch irgendwie. Gerade gestern noch hatten die beiden sich riesig gefreut, bis sie nach Hause kommen würde, vor allem Samu hatte sich kaum zügeln können, doch sie waren bereits 10 Minuten zu spät. Frustriert ließ die Sängerin sich nach hinten fallen und seufzte. Das durfte doch nicht wahr sein. Jetzt durfte sie endlich aus diesem Zimmer raus und nach Hause und hatte trotzdem das Gefühl irgendwie vergessen worden zu sein. Hatte ihr Finne nicht gestern noch versprochen heute pünktlich bei ihr zu sein und sie abzuholen? Vielleicht waren es auch nur die Hormone oder Medikamente, doch die Sängerin konnte spüren, wie ihre Stimmung von Minute zu Minute sank. Auch wenn es gerade mal zwei Nächte gewesen waren, hatte sie absolut keine Lust mehr hier rumsitzen zu müssen und auch wenn das Essen nicht schlecht war, wurde sie tausendmal lieber von ihrem blonden Sänger bekocht.

Die Zeit verging. Yvonne konnte mittlerweile nicht mehr wirklich sagen ob sie enttäuscht oder besorgt war, denn sie wusste zwar, dass Samu oft zu spät kam. Aber in Bezug auf sie und das Baby wäre er nie so und auch Charlie würde das doch nicht so einfach vergessen. An der Stelle, wo sie eben noch Frust oder Enttäuschung verspürt hatte, trat jetzt Besorgnis und auch Unruhe. Draußen schien strahlend die Sonne, das Wetter war für Mitte Juni perfekt und nervös setzte sie sich auf. Klar konnte es sein, dass er vielleicht irgendetwas vergessen hatte, doch normalerweise würde Samu anrufen. Der erste Teil der Tour war schon beendet und erst gestern hatten sie doch noch so ungefähr über den zweiten Teil gesprochen. Laut seiner Aussage hatte er das doch schon gestern irgendwie geklärt. Was war dann los?

Nachdem eine halbe Stunde vergangen war stand sie nun doch auf. Nicht mal auf Anrufe hatte er reagiert und sie bekam es wirklich mit der Angst zu tun. Nicht dass sie ihm ihren Sohn nicht anvertraute, er würde schließlich alles für den Kleinen tun, doch irgendetwas war passiert, das spürte sie und es machte sie mehr als nur nervös. So schnappte sie sich ihre Tasche und stand auf. Vielleicht würde sie sie sehen und zur Not konnte sie immer noch mit einem Taxi nach Hause fahren. Sie streckte den Kopf auf den Gang hinaus und schloss dann hinter sich die Tür. Alles ging seinen gewohnten Gang und schief sah sie sich nach ihrer Familie um. Weit und breit war nichts von ihnen zu sehen und so lief sie durch die Gänge Richtung Aufzug. Immer noch ratterte es in ihrem Kopf und unruhig knackste sie mit ihren Fingern. Wo waren die beiden denn bloß?

„Mama!!" Eben als sie den Knopf hatte drücken wollen, hörte sie eine helle Stimme und sofort fuhr sie herum. Diese Stimme würde sie doch unter tausenden wiedererkennen und überrascht sah sie, wie ihr kleiner Sohn den Gang runter gerannt kam. Hinter ihm lief ein Pfleger und sofort ging Yvonne ein Stück in die Hocke um ihren Lockenkopf in die Arme schließen zu können. Dieser drückte sich fest an sie und nervös sah sie sich um. Sie konnte nirgends ihren Finnen erkennen und sanft drückte sie Charlie etwas zurück. „Großer, wo hast du denn Papa gelassen?", fragte sie besorgt und bekam große Augen, als sie sah, dass Tränen in seine so wunderschönen braunen Kulleraugen traten. Sie hatte doch gewusst das etwas passiert war und nervös sah sie ihn an.

„Charlie hey!", liebevoll strich sie über seine Wange. „Was ist denn passiert Großer?" Charlie schluckte und setzte dann zum Reden an. „Papa- Onkel Riku- weint-", er war total aufgelöst und erschrocken sah seine Mutter ihn an. „Bitte beruhige dich Schatz!", versuchte sie es wieder und strich sanft über seine Wangen. „Ganz tief ein und ausatmen!" Wenige Atemzüge später nickte er und holte dann wieder Luft. „Papa hat sich ganz doll gefreut und ich auch und wir wollten zu dir!", wild gestikulierte er mit seinen kleinen Armen und die brünette Musikerin nickte. „Und dann waren wir im Auto und Papa hat mich angeschnallt und wir wollten losfahren und Papas Handy hat geklingelt und dann hat er ganz ganz schnell finnländisch geredet und war ganz aufgeregt!" Die Stimme des Dreijährigen stockte und besorgt sah sie ihn an. „Wir sind dann losgefahren, aber Papa hat gar nichts mehr gesagt! Er hat nur die ganze Zeit Riku gesagt!" Yvonne wurde unruhig. Irgendetwas war passiert, doch sie konnte und wollte Charlie nicht zu sehr drängen. Er war total verwirrt und überfordert und der finnische Pfleger der neben ihnen stand, machte nur ein verwirrtes Gesicht.

Sei nicht so hart zu dir selbstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt