Kapitel 22

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Yvonne begann am ganzen Körper zu zittern und presste sich panisch gegen die Wand. „Was willst du?", hauchte sie leise zurück und versuchte sich zu beruhigen. „Woher hast du die Nummer?" Ein raues Lachen ertönte am anderen Ende der Leitung und wieder beschleunigte sich ihr Puls. Sie wusste selber nicht wirklich, weshalb sie so eine Angst vor diesem Mann hatte, doch innerlich sah sie rot und alles in ihr war auf Alarmbereitschaft. Als wäre sie noch nicht angespannt genug gewesen, zitterten ihre Hände und nervös krallte sie sich im erst besten Gegenstand fest.

„Was ich will?", wieder lachte er und ihr schoss eine Gänsehaut über den Rücken. Wie sehr hatte sie gehofft diese Stimme nie wieder zu hören. „Ich will meinen Sohn sehen, meine Liebe! Charlie heißt er doch!" Sofort schoss in Yvonne eine Wut hoch und die Angst wurde verdrängt. „Vergiss es Tom! Er ist nicht dein Sohn! Er war es nicht und er wird es auch nie sein!" Trotz der Nacht und dem Tag klang ihre Stimme überraschend schneidend und schnell riskierte sie einen Blick ins Bad. Doch ihr Gesprächspartner lachte nur. „Das werden wir ja mal sehn Yvonne! Ich lasse es nicht zu, dass du meinen Sohn von mir fernhältst!" Die Sängerin atmete tief durch und stützte sich schwerfällig am Türrahmen. „Das hast du dir selber zuzuschreiben! Du bist einfach abgehauen! Du warst nie sein Vater, du wolltest es nie." Sie brauste innerlich nur und schnaubte leise.  „Außerdem hat Charlie bereits einen Vater und wir sind glücklich ohne dich, also verschwinde gleich wieder aus meinem Leben! Nur über meine Leiche kommst du an meine Familie heran!"

Ihre Augenbrauen hatten sich verzogen und eine Hand ruhte auf ihrem Bauch. Ihre Hände zitterten und sie hatte Angst, doch sie war eine Mutter. Sie musste ihr Kind, ja ihre Kinder, beschützen und so versuchte sie das Zittern immer weiter zu unterdrücken. Sie hatte Angst, spürte jedoch gleichzeitig die Wut und Kraft in ihr aufsteigen. Sie war nicht mehr wie damals, sie hatte ein Kind alleine großgezogen und daneben ihre Karriere aufrecht gehalten. Sie war durch eine Höll von Geburt gegangen und sich aufgebaut.
Doch diese ganze Wut und Stärke verschwand augenblicklich, als er erneut zum Reden ansetzte und seine Stimme lediglich ein leises Lachen war.

„Das lässt sich einrichten..."

Schon hatte er aufgelegt und die Sängerin schlug sich die Hand vor den Mund. Sofort kroch erneut eine Angst in ihr hoch und panisch sah sie sich um. Ihr Herz raste, ihr Atem ging schnell und schwankend lehnte sie sich an die Wand. Was war das? Hatte sie sich das Gespräch nur eingebildet? Sie sah auf das Telefon in ihrer Hand und schüttelte immer wieder den Kopf, während sein Satz durch ihre Gedanken klang. ‚Das lässt sich einrichten' Wollte er sie umbringen?! Ihr ihren Sohn wegnehmen? Beobachtete er sie?
Yvonne wusste, dass sie innerlich vielleicht gerade übertrieb, jedoch verfiel sie in eine innere Panik. Immer wieder sah sie sich gehetzt um und griff nach ihrem Handy, welches auf der Kommode lag. Doch als sie versuchte es einzuschalten, blieb der Bildschirm schwarz und nervös schüttelte sie es. Sie wusste nicht, was sie tun sollte und ihre Hände zitterten, als ihr Handy schließlich zu Boden glitt.

Erneut sah sie sich hilflos um und drückte sich gegen die Wand, während sie die andere Hand an ihren Bauch presste. Sie war allein. Sie, Charlie und ihr Baby waren auf sich gestellt und irgendwo da draußen war ihr Ex, der sie sehen wollte. Schwer schluckte sie, als auf einmal Charlie aus dem Bad rief und sie zusammenfuhr. Er wollte wohl wissen, wo sie blieb und nur langsam schleichend schlüpfte sie ins Badezimmer. Zu ihrer Überraschung saß der Kleine gar nicht mehr in der Wanne, sondern stand davor, trocknete sich ab und zog sich etwas umständlich seine Hose an. Trotz der Situation schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen und sie kniete sich vor ihn. Für einen klitzekleinen Moment, war die Angst vergessen, doch nachdem er fertig und zufrieden lächelnd vor ihr stand, begann ihr Herz wieder zu rasen. Um nichts in der Welt würde sie ihren Engel hergeben.

„Du Charlie... Mama hat in 2 Stunden einen wichtigen Termin. Was hältst du davon, wenn wir jetzt mal Heide oder Saskia anrufen und wir noch bisschen hier sind und sie dann auf dich aufpassen?" Er legte den Kopf schief und sah sie an. „Mami ich brauch doch keinen Aufpasser! Ich bin doch groß!" Sie schmunzelte und strich über seinen Kopf. „Dann spielen sie eben mit dir, okay?" Sofort leuchteten seine Augen auf und er nickte begeistert, bevor er in sein Zimmer flitzte und seine Mutter alleine ließ. Sofort verschwand auch ihr Lächeln und mit zitterten Fingern nahm sie erneut das Festnetztelefon in die Hand. Heides Nummer war eine der wenigen, die sie dort abgespeichert hatte und so wählte sie ihren Kontakt, bevor sie es sich ans Ohr hob. Ihr Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals und sie schluckte leer.

Sei nicht so hart zu dir selbstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt