Sei nicht so hart zu dir selbst

Kapitel 32

„Ich bin hier um meinen Freund zu verteidigen und mit ihm das gemeinsame Sorgerecht für meinen Sohn zu teilen!" Selbstbewusst und fest blickte sie zu dem Richter hoch, dabei stets die Hand auf ihren Bauch. „Ich will es um jeden Preis verhindern, dass dieser Mann irgendwelche Rechte an meinem Kind kriegt!" Sie holte kurz Luft, schloss für einen Moment die Augen und sah dann mit eiskaltem Blick zu ihrem Exfreund.
Sogar Samu lief dabei ein Schauer über den Rücken, während gleichzeitig etwas Stolz in ihm wuchs. Für sie war diese Situation alles andere als leicht und nach dem kleinen Zusammenbruch zuvor, war er nun unglaublich beeindruckt und stolz, wie stark sie das alles meisterte.

Tom hingegen lachte nur schnippisch auf und grinste die Erfurterin breit an. „Na Liebes? Hast du mich vermisst? Ist der blonde Spaßvogel überhaupt ein Ersatz für mich im Bett?" Angeekelt wandte sie ihren Blick ab und versuchte das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Sie wollte es nicht zugeben, doch neben dem Ekel kroch auch etwas Angst in ihr hoch und dankbar nickte sie, als sie in die Augen ihres Freundes Blicken konnte, der liebevoll nickte. Ein lautloses ‚Rakastan sinua' formte er mit seinen Lippen und entlockte so auch ihr ein leichtes Lächeln.
Dem Richter hingegen war gar nicht nach Lächeln zumute und ungehalten wandte er sich zu seiner linken Seite. „Herr Jonas, das ist meine letzte Warnung. Wenn Sie noch einmal unaufgefordert reden, werden Sie nicht nur des Saales verwiesen, sondern auch erhebliche Schwierigkeiten in Bezug auf diesen Fall kriegen. Ihr Verhalten, sowie ihre Absichten dieses Antrags scheinen fragwürdig und besorgniserregend und ich warne Sie kein weiteres Mal mehr!"

Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte der Richter sich ab und sah nun wieder zu Yvonne. „Also Frau Catterfeld...", begann er und sortierte seine Unterlagen. „Sie haben bereits zuvor Bedenken geäußert, wieso ist für Sie Herr Haber besser als Vater geeignet, als Charlies biologischer, deutscher Vater?" Die Sängerin lachte freudlos auf.
„Samu kennt Charlie seit er ein halbes Jahr alt ist. Bereits bei ihrem zweiten Treffen haben die beiden harmoniert und selbst in den Jahren bevor aus uns ein Paar wurde, hat er ständig Zeit mit ihm verbracht und selbst aus Finnland angerufen und Geschenke zu Geburtstagen oder Weihnachten geschickt! Charlie liebt ihn und die Beziehung der beiden ist, seit wir zusammen sind, nur noch enger geworden. Samu hat für Charlie und mich unfassbar viel Deutsch gelernt und gibt viel von seiner Zeit in Finnland bei uns in Berlin auf! Sein Zuhause in Helsinki hat er sogar extra für ihn umgestaltet und kindergerecht für ihn eingerichtet."
Sie musste kurz innehalten und atmete durch. Ihr Baby wollte sich heute auch einfach nicht beruhigen und ein Tritt in die Rippen war nun nicht das angenehmste. Doch sie hatte sich schnell wieder gefangen.

„Er ist der beste Papa, den man sich wünschen kann und zusammen mit unserem Baby wollen wir eine Familie sein. Nicht, dass wir nicht schon eine sind, doch auch dieser Impuls ging ebenfalls von Samu aus, der das alles hier in einer ihm fremden Sprache auf sich nimmt um auch auf dem Papier Charlies Vater zu werden und uns zu beschützen!"
Sie nickte noch einmal um ihre Aussage zu unterstreichen und spürte erneut Samus Blick auf sich. Sie drehte den Kopf zu ihm, doch anders als zuvor blickte sie nun in glasige Augen und ihr Herz wurde warm. Ihrem Freund waren still und heimlich ein paar Tränen aus dem Augenwinkel geflossen und schnell wischte er diese unbemerkt zur Seite. Es war so schön zu hören, wie sie ihn sah und auch wenn er nie an ihr gezweifelt hatte, taten diese festen und ehrlichen Worte unfassbar gut. Er räusperte sich leise bevor er sich Andreas zuwandte, der ihm einige Sachen zuflüsterte, während Yvonne weiter befragt wurde.

„Eine letzte Sache, bevor ihr Sohn zu Wort kommt...", der Richter sah das Paar abwechselnd an. „Ihr Anwalt hat bestätigt, dass mit dem Teilen des Sorgerechts aus Charlie Catterfeld, Charlie Haber werden soll. Halten Sie dies trotz der Popularität ihres Freundes für richtig? Schließlich habe auch ich unterdessen mitbekommen, dass mindestens ein Journalist vor dem Gebäude campiert." Yvonne schluckte kurz und sah zu Samu. Sie hatten nur kurz darüber geredet, wussten beide, dass das falls je so etwas wie eine Heirat ins Spiel kam wohl die beste Idee war. Schließlich waren sie sich auch einig gewesen, dass ihre kleine Maus eines Tages Haber heißen sollte. Yvonne wusste wie sehr ihr Freund ihr ungeborenes Baby liebte und sie wusste ohne zu zweifeln, dass sich die Geschichte nicht wiederholen würde. Deshalb war ‚Haber' die beste und einfachste Möglichkeit zu garantieren, dass sich niemand zwischen sie stellen konnte und auch Yvonne hatte der Gedanke, eine kleine Haber in sich zu tragen, stets ein Lächeln auf die Lippen gezaubert.
Allerdings war es bei Charlie als einzig ihr leiblicher Sohn nicht ganz so einfach und nach einem kurzen Blickkontakt mit Samu holte sie Luft.
„Ja, ich halte das für die beste Idee! Ich vertraue Samu, er würde das nie machen, wenn es unsere Kinder in Gefahr bringen würde. Charlie wäre unumstritten sein Sohn und ich persönlich habe nicht vor in diesem Leben von der Seite meines Freundes zu weichen. Das ist für uns die richtige Entscheidung."
Fast etwas unsicher blickte sie zu ihrem Anwalt, der ihr lächelnd zunickte und zufrieden hin und her sah. Ihre Antwort war nahezu perfekt gewesen und so waren beide etwas verwirrt, als der blonde Sänger selber sich zu Wort meldete und darum bat noch etwas sagen zu dürfen.