piętnaście

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Meine Mutter begrüßte uns vollkommen aufgebracht. Tatsächlich hatten wir länger gebraucht, als ich gedacht hatte. Dafür wollte ich Seungmin jedoch nicht die Schuld zuweisen. Es freute mich, dass er sich mir geöffnet hatte und im Gegenzug hörte ich mir liebend gern eine Standpauke meiner Mutter an, die sehnsüchtig auf mich gewartet hatte, damit sie selbst ins Bett gehen konnte, nachdem ich die verfluchte Tablette schluckte. 

"Zehn vor halb elf, junger Mann. Wir hatten zehn ausgemacht.", stand sie im Türrahmen. Ich deutete, dass der Brillenträger in mein Zimmer gehen sollte, während ich zu meiner Mutter ins Wohnzimmer ging. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte sie mich. Ich biss mir auf die Lippe, weil ich befürchtete, dass sie ihre Stimme erhob und mich ungewohnt laut zusammenfuhr. Doch als sie mir mit einem Seufzen ein Glas Wasser und eine Tablette mir entgegenhielt, war ich wirklich überrascht. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Ich dachte wirklich, dass sie mich zusammenfaltete und ich wie ein kleines Häufchen Etwas zurück zu Seungmin ging.

"Ich wusste, dass du zu spät kommen wirst. Deswegen bin ich nicht überrascht, aber ich hoffe, dass das eine Ausnahme bleibt. Immerhin bin ich kein Freund von Hausarrest und noch weniger, dass ich dir deine Freiheiten nehme, dass du am Ende nur noch hier zu Hause herumlungerst. Das ging mir selbst als Teenager auf die Nerven. Aber wenn du dich nicht an unsere Abmachungen hältst, fühle ich mich leider dazu gezwungen, Hyunjin.", erklärte sie mir, als ich mir widerwillig die Tablette in den Mund schob und diese mit dem Glas Wasser herunter beförderte. Ich musste mir noch eine Möglichkeit ausdenken, dass ich sie in meinem Mund behielt und ich sie später ausspucken konnte, wenn ich mein Zimmer war. Langsam konnte ich das nicht mehr mitmachen. Ich dachte wirklich, dass ich daran eines Tages sterben würde. 

"Ich hoffe, du hattest trotzdem Spaß, auch wenn ihr viel eher Yongboks Party verlassen musstet, als euch lieb ist."
"Felix-"
"Ja, ich weiß Schatz. Geht nicht zu spät schlafen, ja?"

Ich nickte nur und verließ stumm die Stube. Seufzend betrat ich mein Zimmer und sah Seungmin, der stillschweigend auf sein Handy sah, während er auf der Matratze lag, die für Gäste vorgesehen war. Aber ich zwang ihn in meinem Bett zu schlafen, weil es wesentlich bequemer war, als dieses Ding.

"Du scheinst mit dem Schrecken davon gekommen zu sein.", meinte er und legte das Gerät zur Seite. Ich nickte nur und warf mich auf den freien Platz neben ihm. Ich spürte förmlich, wie dieses Filmding meine Speiseröhre herunterrutschte und jetzt meinen Magen zerfetzte. Ich konnte es fühlen und die Vorstellung war einfach nur widerlich. Allgemein mochte ich keine Medikamente und dann auch noch Tabletten zu schlucken, war die reinste Qual. Jeden verdammten Tag. Selbst wenn sie auf pflanzlichen Wirkstoffen beruhte und theoretisch nicht schädlich für einen war, dachte mein Kopf das Gegenteil. Was war, wenn ich in einer Woche  irgendwelche Nebenwirkungen hatte und daran starb? Würde ich sie nicht nehmen müssen, dann würde ich dieses Risiko auch nicht eingehen.

"Alles okay? Du scheinst ziemlich abwesend zu sein."
"Ja, ich hab nur ein bisschen gedacht..."
"Woran denn?", wollte er wissen und schien dabei ziemlich neugierig zu sein. Eigentlich wollte ich vom Thema ablenken oder mir eine Notlüge einfallen lassen. Aber das wäre ihm gegenüber nicht fair gewesen. Schließlich war er mir gegenüber ehrlich.

"Du weißt, dass ich Schlaftabletten nehmen muss, wegen meiner Schlafstörung und ich nahm sie nicht, weil ich es hasse fremde Substanzen in meinen Körper zu pumpen. Seitdem mich meine Mutter dazu zwingt, schiebe ich totale Paranoia und denke, dass die mich vergiften, je mehr und öfter ich sie nehme. Ich weiß, das klingt total beknackt, aber ich überleg mir schon immer, wie ich meine Mutter täuschen kann, dass ich sie nehme, aber im Nachhinein wieder ausspucke."
"Denkst du wirklich, dass es eine gute Idee ist? Wenn deine Mutter davon erfährt, dann wirst du sie nur noch mehr enttäuschen."
"Ach, ich bin doch sowieso eine totale Enttäuschung. Wegen mir ist mein Vater abgehauen." Schockiert über meine eigenen Worte, weiteten sich meine Augen und ich bereute, was ich sagte. Er wusste nicht wirklich etwas darüber und generell wollte ich ihm nie etwas darüber erzählen. Nicht einmal Felix wusste von diesem Gedanken, welchen ich mit mir herumtrug.

"Ich glaub nicht, dass du der Grund dafür bist, dass dein Vater nicht mehr ein Teil deiner Familie ist. Er hat sich dafür entschieden zu gehen, weil er nicht mehr glücklich war. Doch mit dir hat es nichts zu tun. Glaub mir. Bestimmt liebt er dich noch immer, auch wenn ihr nicht mehr miteinander redet. Du bist kein schlechter Mensch, Hyunjin."

Ich war echt überrascht, dass er, im Vergleich zu mir, mir wirklich aufmunternde und aufbauende Worte zu verstehen gab. Direkt fühlte ich mich dadurch schlecht, weil ich als ein Freund anscheinend wirklich versagen musste. Seufzend legte ich meinen Kopf in den Nacken, starrte die Decke an.

"Menschen verändern sich und dadurch trennen sich auch Wege. Das ist total normal."

𝗜𝗻𝘀𝗼𝗺𝗻𝗶𝗮 ✧ SEUNGJIN Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt