𝗜𝗻𝘀𝗼𝗺𝗻𝗶𝗮 ✧ SEUNGJIN

osiemnaście

"Glaub mir einfach. Seungmin ist nett, aber ich glaub nicht, dass wir ein schönes Paar abgeben würden.", lachte ich. Kaum eine Sekunde später klingelte mein Handy, sorgte dafür, dass mein Lachen erstickte und nur der fragende Blick auf mein Handy verblieb. Es war Seungmin, was mich wirklich wunderte. Denn er hatte mich noch nie angerufen, so wie viele meiner Freunde nicht. Bestimmt fiel ihm ein, dass er etwas vergessen hatte, weswegen er für die Störung sorgte. Nichts ahnend ging ich an den Anruf heran und hörte ein schweres Atmen, als würde jemand weinen.

"Was ist Seungmin?", fragte ich den Jungen, hörte daraufhin, wie er noch ein, zweimal schniefte, ehe er anfing zu reden. Seine Stimme war deutlich gebrochen.
"Mein Vater dreht am Rad. Ich kann das nicht mehr."
"Was?"
"Heute ist der Todestag meiner Mutter und mein Vater verliert den Verstand. Ich hab mich eingeschlossen. Meine Schwester ist bei mir. Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Als ich nach Hause kam, hat er schon die ersten Flaschen Soju getrunken. Das waren bestimmt drei oder noch mehr. Hyunjin, was sollen wir machen? Unsere Großeltern hören nicht. Ich hab sie bestimmt um die zehn Mal angerufen, dass sie wenigstens Seunghee abholen. Aber sie hören nicht. Kein einziges Mal." Er wurde immer leiser, als würde seine Stimme versagen wollen. Als hätte er keine Kraft mehr den starken, großen Bruder für seine Schwester zu spielen. In meinem Kopf dämmerte es mir langsam, dass seine Mutter an seinem Geburtstag starb. Schließlich sagte er, dass ihm sein Geburtstag egal war und ich verstand diese Aussage nun umso mehr. Ich würde diesen Tag genauso wenig mögen. Viel eher würde ich ihn verabscheuen und wollen, dass er nie eintraf. Doch die Zeit war wie eine Endlosschleife. Sie würde nie aufhören zu vergehen und fing jedes Mal von Neuem an, wenn Neujahr war.

"Beruhig dich erstmal. Ich kann bestimmt meine Mutter irgendwie überreden, dass ihr solang zu uns kommt, bis deine Großeltern dich anrufen."
"Nein Hyunjin, das geht nicht!", wurde er lauter, weil seine Stimme voller Emotionen schwankte. Doch was sollte ich ihm sonst anbieten? Immerhin konnte ich nicht einfach so vorbeischneien und mit seinem Vater reden, ihm sagen, dass er die Rolle als Vater vollkommen versaute und nicht gut spielte.

"Doch, das geht. Wir holen euch ab. Das ist das Einzige, was ich dir solang anbieten kann."
"Wir kommen hier aber nicht raus. Er sitzt vor der Tür. Er bekommt mit, wenn wir rausgehen. Er macht uns die Hölle heiß."
"Wir finden einen Weg. Pack die Sachen. Wir versuchen so schnell wie möglich da zu sein."

Schon hatte ich aufgelegt. Fragend sah mich Felix an und wusste nicht so ganz, wie ihm geschah. Immerhin verstand er nur ein paar Wortfetzen und wusste nicht so recht, was die ganze Sache zu bedeuten hatte. Ich selbst wusste nicht, was auf uns gleich zukommen würde, wenn wir vor Seungmins Haustür standen. Vielleicht würden die Fetzen fliegen. Vielleicht würde aber alles ganz ruhig ablaufen.

"Seungmin braucht unsere Hilfe. Sein Vater ist am Durchdrehen.", meinte ich stumpf und stand auf, lief aus meinen Zimmer.
"Mama?", rief ich und schaute zuerst in die Küche, wo sie nicht war. Also konnte sie nur im Wohnzimmer sein.
"Was ist, Hyunjin? Ist dir was passiert?"
"Hättest du etwas dagegen, wenn Seungmin vielleicht heute nochmal hier schläft, weil-"
"Nein, Hyunjin. Das war eine Ausnahme. Er hat ein eigenes Zuhause und dort kann er schlafen!", unterbrach sie mich sofort und ich wusste, dass ich sie nicht umstimmen konnte. Immerhin war sie manchmal ein kleiner Sturkopf und denn konnte man nicht ganz so einfach umstimmen. Nicht mit den plausibelsten Argumenten.

"Aber bei ihm ist die Hölle los."
"Ich habe nein gesagt."

Genervt ging ich wieder in mein Zimmer und stöhnte auf. Meine Mutter war echt anstrengend. Wieso konnte sie diesmal keine Ausnahme machen? Einfach nur ätzend.

"Kannst du fragen, ob Seungmin bei dir oder bei Jeongin schlafen kann? Meine Mutter lässt das nicht zu, dass er bei mir bleiben kann.", seufzte ich und griff nach meinem Handy, deutete, dass wir rausgehen würden.
"Was ist denn mit Seungmin? Wieso dreht sein Vater durch? Wieso muss er bei jemanden übernachten? Ich versteh hier nur Bahnhof! Erklär es mir, Hyunjin!"