trzydzieści

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Einige Tage waren verstrichen und Seungmin befand sich wieder bei seinem Vater, der sich für sein Handeln an seinem Geburtstag entschuldigt hatte. Aber das würde wohl nicht das letzte Mal sein, wenn ich ehrlich war. Glücklicherweise hatte der ältere Mann sich dafür entschieden eine Therapie zu beginnen, weil er merkte, dass er von allein nie über den Verlust seiner Frau hinwegkommen würde. Schließlich war er nicht der Einzige, der über den Verlust trauerte und einen Schaden davon nahm. Auch Seungmin und seine Schwester taten es, doch schienen weitaus besser alles verkraften zu können. Wobei der Rothaarige die Trauer durch seine kleine Schwester verdrängte. Und Verdrängung hieß nie etwas Gutes. In meinen Augen war es viel schlimmer, weil man nie wirklich damit anfing es zu verarbeiten und man somit einen viel größeren Schaden nehmen konnte, da sie sich anstaute. Aber auch der massivste Damm konnte einmal zerbrechen und zeigten das Ausmaß des Ganzen.

Heute war der erste Tag, an dem wir uns wieder getroffen hatten. Entweder hatte ich keine wirkliche Lust dazu, weil ich seither ziemlich schlecht schlief oder Seungmin hatte Stress in seiner Familie. Ich wollte ihm zwar helfen, doch immer wieder hatte er beteuert, dass er es gut allein könnte und ich ihm bisher sein Geschenk nicht geben konnte, was Jeongin so nebenbei gemacht hatte. Ich wollte es ihm persönlich geben und die Bedeutung dahinter erklären. Es war mir ziemlich wichtig und ich wollte ihm das Gefühl geben, dass er jemanden hatte, der wirklich an ihm festhielt. Das hatte er wirklich verdient. Er hatte eine schwere Zeit durchgemacht und nach allem sollte er nun ein wenig Ruhe bekommen. Auch wenn es nur wenig Minuten waren, die er mit mir verbrachte.

Ich wollte sein Safe Space sein, zu welchen er immer gehen konnte, wenn es er wollte.

Mit einem kleinen Lächeln klingelte ich an seiner Tür und musste nicht einmal lang warten. Recht schnell öffnete sich die Tür, ein zurückhaltender Seungmin trat hervor. Auch wenn man es ihm nicht sonderlich ansah, spürte ich, dass er sich dennoch freute. Das äußerte sich daran, dass sich seine Finger langsam an meinem Ärmel festhielten, während wir wahllos herumliefen. Es machte mich glücklich, dass er nicht auf Distanz getrimmt war und ich für das Erste auch kein Problem damit hatte, dass er mich berührte. Ich empfand es sogar als angenehm.

"Es ist ein bisschen her, als wir das letzte Mal was unternommen haben.", merkte Seungmin an und richtete dabei seine Brille. Scheinbar wusste er nicht, wie er mit mir ein Gespräch anfangen sollte oder ihm war es einfach nur so in den Kopf gekommen, während es seine Gedanken einfach herausließ.
"Fast zwei Wochen.", wurde ich genauer. Er nickte verständlich.
"Vielleicht sollte ich dir dein Geburtstagsgeschenk geben. Gib mir deine Hand und schließ' deine Augen!" Verwirrt runzelte er die Stirn, wusste nicht genau, was ich von ihm wollte, sodass ich aus diesem Grund mit kichern begann. Manchmal war er schon echt süß, wenn er so unschuldig wirkte.

Vorsichtig griff ich nach seiner Hand, streckte diese zu mir aus und öffnete seine Handfläche. Noch immer wusste er nicht so ganz, was ich von ihm wollte, doch das war mir egal. Ich legte meine rechte Hand auf seine Augen, während ich mit meiner Linken den kleinen Anhänger aus meiner Jacke herauskramte, ihm diese in seine Handfläche legte und die Hand wieder schloss. Mit einem Lächeln entfernte ich meine Hand von seinen Augen.

"Ich hoffe es gefällt dir. Auch wenn ich nicht immer bei dir sein kann, hoffe ich, dass du weißt, dass du immer auf mich zählen kannst." Zögernd öffnete er seine Hand und schaute sich die silberne Libelle an, konnte scheinbar seinen Augen nicht trauen. "Libellen stehen für Veränderungen, weil das Leben besteht aus ihnen, auch wenn sie nicht immer schön sind. Für Glück, weil du schon genug Unheil erfahren musstest und für Kraft, weil selbst der stärkste Kämpfer einmal schwach ist."
"Hyunjin, das ist..." Dem Rothaarigen fehlten die Worte. Wie verzaubert schaute er den kleinen Anhänger an und schien nicht so recht zu wissen, welche Worte er finden sollte, um seinen Satz zu beenden. Als ihm die Tränen in die Augen stießen, umarmte ich ihn. Ich würde wohl mit ihm weinen, weil ich nicht anders konnte. Seungmin war mir dermaßen ans Herz gewachsen, dass ich es nicht auch nur eine Sekunde ertrug ihm dabei zusehen zu müssen, wie er Tränen vergoß. Auch wenn es Freudentränen waren.

"Das ist echt eines der süßesten Geschenke, die mir jemand gemacht hat. Danke, danke, danke." Vorsichtig stieß er sich von mir weg und hielt mir sein schmales Armgelenk entgegen. "Willst du es dranmachen?" Still nickte ich und nahm die kleine Libelle wieder an mich, nur um diese an sein Kettchen zu machen, welches er dann mit einem kleinen Lächeln beliebäugelte, seinen Blick jedoch schnell wieder zu mit wandte. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass seine Lippen nach wenigen Sekunden auf meinen lagen und er mich somit küsste.

Einfach aus dem Nichts. 

𝗜𝗻𝘀𝗼𝗺𝗻𝗶𝗮 ✧ SEUNGJIN Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt