Während ich dem ruhigen Atem von Seungmin lauschte, der seine Arme um mein Körper geschlungen hatte und den Anschein machte, als würde er mich niemals mehr loslassen wollen, war mein Kopf hellwach, obwohl ich diese dumme Tablette zu mir genommen hatte. Ich wollte schlafen, damit die Zeit schneller vergingen, doch genau das Gegenteil traf ein und so hatte ich viel eher das Problem nicht in Panik zugeraten, weil ich mit der Nähe nicht wirklich mehr klar kam, die ich mit dem Jungen hatte. Normalerweise sollte man die Nähe zu einem Menschen genießen, doch ich konnte es nie sonderlich, ohne jeglichen Grund.
Mein Körper wehrte sich gegen jegliche Art von Berührung, ganz egal, wie nahe ich einem Menschen stand. Doch ich konnte sie berühren, ohne in jegliche Panik zu geraten, als wäre alles mit mir in Ordnung.
Die Sonne ging langsam wieder auf und deutete mir, dass der Tag allmählich anbrach. Mir wurde bewusst, dass ich die Nacht wohl oder übel durchgemacht hatte und ich wohl bis heute Abend keinen Schlaf bekommen würde. Das war für mich jedoch nichts Neues, legte sich aber auf meine Stimmung, die durch langsam eintretende Kopfschmerzen schon an ihren Tiefpunkt gefunden hatte. Ich wollte Seungmin keinesfalls die Schuld dafür geben. Denn ich ging auf seinen Vorschlag, dass wir in einem Bett schliefen, ein, weil ich es ihm recht machen wollte. Dafür trug ich selbst die Schuld. Letztlich hätte ich auch einfach seine Idee verneinen können und damit wäre wohl auch alles gut gewesen.
Auch wenn ich darauf bedacht war, dass ich keinen von den Beiden weckte, fiel es mir nach den wenigen, qualvollen Stunden echt schwer einen normalen, ruhigen Atem zu behalten und nicht in puren Tränen auszubrechen, weil es mich derartig überforderte, dass ich selbst nicht einmal auf meine eigenen Gefühle klar kam. Ich verstand noch nicht einmal, was mein Problem an der ganzen Sache war.
Klar, ich mochte es immer eine gewisse Distanz zu meinen Mitmenschen beizubehalten und mir wurde nun wirklich bewusst, wieso ich das tat. Mit körperlicher Nähe tat ich mich nach wie vor schwer und ich wollte am liebsten nur flüchten, wenn man mich schon umarmte. Manchmal machte es mir nichts aus und es gab Tage, da wurde es mir echt schon zu viel, wenn man mich nur unabsichtlich antippte. So gut wie immer konnte ich dieses Gefühl herunterschlucken, was mir die Kehle für einen kurzen Augenblick abschnürte. Andere hatten dieses Problem nicht und suchten stattdessen die Nähe zu anderen, anstatt, wie ich es tat, sie zu vermeiden.
Mein Brustkorb bebte und langsam konnte ich es echt nicht mehr zurückhaltenden nach Luft zu ringen, weil er sich so schwer anfühlte und mir die Luft zum Atmen ausblieben. Doch dadurch folgte, dass ich immer öfter nach dieser japste, mein Körper anfing zu zittern. Es war eine lange Zeit her gewesen, als ich derartige Angstzustände bekam und dass Seungmins Körper sich plötzlich noch näher an meinen drückte, verstärkten meine Gefühle umso mehr. Wenn ich nicht schleunigst hier rauskomme, würde ich noch jemanden aufwecken. Dem war ich mir durchaus bewusst. Nur wie sollte man seinen Körper bewegen, wenn er aus dem Nichts schwer unglaublich war und man dementsprechend nicht die Kraft besaß, um auch nur seinen kleinen Finger zu krümmen? - Ich wusste es nicht. Ich konnte es nicht.
Ich spürte wie kaltschweißig meine Handinnenflächen wurden und wie schnell meine eigene Körpertemperatur stieg, die ich selbst in mir fühlte. Wie konnte ich ihn gestern noch in meine Arme nehmen, ihm so nahe sein und jetzt auf einmal litt ich an Panik?
"Hey, beruhig dich. Hattest du einen Albtraum?" Das verschlafene Gesicht des Jüngeren tauchte über mir auf und brauchte mich nun endgültig zum Schluchzen. Ich fühlte mich so machtlos und gleichzeitig schämte ich mich so für mich selbst. Hektisch schüttelte ich mit dem Kopf. Es tat mir leid, dass ich ihn aufgeweckt hatte. Das wollte ich nicht.
"Du bist kaltschweißig, was ist denn passiert? Wovor hast du Angst?"
Ich war unfähig auf seine Frage auch nur eine Antwort zu geben. Seungmin sollte nicht wissen, wie unlieb mir die körperliche Nähe zu ihm war. Ich wusste, es würde ihn verletzen und brachte ihn auf den Gedanken, dass er daran Schuld war. Das war er nicht. Ganz allein ich war daran schuld und ich konnte mich selbst nicht einmal dafür erklären, wieso ich so eine Belastung war. Mit meiner Existenz belastete nicht nur mich damit, sondern auch meine Freunde und meine Mutter.
"Hey, es ist alles okay, Hyunjin. Es ist alles okay."
Doch das war es nicht. Nichts war okay, ich war nicht okay.
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𝗜𝗻𝘀𝗼𝗺𝗻𝗶𝗮 ✧ SEUNGJIN
FanfictionHyunjin leidet schon seit Jahren an Schlafproblemen und ist des öfteren aus diesem Grund schlecht gelaunt. Es gibt keinen Tag, an dem er sich nicht unverstanden fühlt. Aber als Seungmin in seine Parallelklasse kommt und sich mit diesem anfreundet...