Kapitel 53

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Als sie fertig damit ist, schenkt sie mir wieder ihre Aufmerksamkeit. Ich stehe mit verschränkten Armen vor ihr und ein noch böseres Gesicht wie das, welches ich gerade aufgesetzt habe, kann ich nun wirklich nicht machen.
„Ich habe es bereits probiert und es war echt nicht witzig.", erzähle ich.
„Das war bei mir auch so, als ich es zum ersten mal genommen habe. Aber das zweite mal war einfach nur der absolute Wahnsinn. Du musst dir vorstellen, einfach nur glücklich zu sein. Man empfindet so unfassbar viel Glück, Liebe und Zuneigung. Die Musik dringt in deine Ohren... dein Körper bewegt sich ganz automatisch zur Musik, weil man nicht anders kann. Und der Sex... der ist der Wahnsinn."
Es fällt mir schwer all das zu glauben, nachdem was mir passiert ist. Meine Erinnerungen an dem Abend sind Bruchstückweise zurückgekehrt. Ich war so wütend auf Lucifer, weil ich dachte, ich hätte ihn in flagranti mit diesem Miststück erwischt und das V B hat meine Wut nur auf das hundertfache gestärkt. Zuerst habe ich jegliches Glas zerstört und das allein indem ich meine Hand zu einer Faust gedrückt habe, bis sich meine Fingernägel schmerzhaft in meine Innenhandfläche gedrückt haben.

„Was tust du hier?", will Lucifer wütend von mir wissen.
„Fick dich!", sage ich zu ihm. Ich bin so unfassbar wütend... so wütend, dass ich ihn schlagen könnte.
„Ich habe nicht mit ihr gefickt, falls du das denkst. Du bist einfach nur im falschen Moment hereingekommen, Lilith, und jetzt komm her."
Ich gebe ein aufgesetztes Lachen von mir. „Leck mich!", erwidere ich.
„Ich schwöre dir, ich habe sie nicht angefasst." Er kommt zu mir, doch ich weiche einen Schritt zurück. Egal was er jetzt sagt, meine Wut verdrängt alles.
Dann versucht er nach meiner Hand zugreifen und stoße ihn weg. Er fliegt durch den halben Raum, direkt gegen die Wand.

Ich schüttle nur meinen Kopf. „Hast du etwa welches? Und wofür brauchst du die Karte?"
„Lucifer hat mir eine Bar empfohlen und da werden wir diese Karte brauchen, um an V zu kommen."
Stirnrunzelnd nehme ich Karte vom Tisch und schaue sie mir genauer. Sie ist weiß, ist nur ein kleines Stück größer als eine gewöhnliche Visitenkarte und auf der Mitte dieser Karte ist nichts als ein... goldener Punkt. Da ist nur ein goldener, sehr klitzekleiner... Punkt.
Mell kichert, bevor sie mir die Karte aus der Hand nimmt und eine Lupe aus ihrem Schreibtischfach heraus zaubert. Wofür braucht sie denn eine Lupe auf Arbeit?
„Schau mal!" Sie hält die Lupe direkt vor den goldenen Punkt und ich betrachte ihn noch einmal. Sehr viel größer ist es nicht, aber ich erkenne so etwas wie Buchstaben. Nur eben sehr klein.
„Diese Karte ist unser Eintritt. Dort wird V verkauft. Wir gehen dort hin, trinken etwas, ich kaufe das V und danach gehen wir zu Taylor und genießen den besten Abend unseres Lebens."
„Das klingt ja sehr verlockend, aber..."
„Lucifer hat mir versichert, dass wir dort nicht auf irgendwelche Junkies oder so treffen. Das ist eine normale Bar... nur das man dort eben V kaufen kann, wenn man eine solche Karte besitzt. Lucifer meinte aber auch, dass er nicht will, dass du welches nimmst und ich musste ihm versprechen, dir keins zu geben. Eigentlich wollte ich mein Versprechen ja brechen, weil ich ihn sowieso nicht mehr leiden kann, aber da du offensichtlich nicht möchtest..."
Sie zuckt mit den Schultern und schiebt sich eine Gabel mit Salat in den Mund.
Gegen ihren Schreibtisch gelehnt, schaue ich mir die Karte nochmal an.
„Was ist bei deinem ersten mal passiert, als du es genommen hast?", will ich neugierig von ihr wissen.
„Ich muss dazu sagen, ich habe ein wenig zu viel davon genommen. Normalerweise reicht ein kleiner Schluck, den man ins Getränk gibt, aber ich habe einen ganzen Shot getrunken."
Wie ich.
„Danach war noch alles gut, die Wirkung hat sich nur sehr, sehr langsam gezeigt. Aber dann auf einmal war es, als hätte man mir einen Schlag verpasst. Ich war mit Josie unterwegs. Das ist ungefähr drei Monate her. Mit ihr und ein paar anderen Mädels, die ich kaum kannte, sind wir zu einem Freund von ihr, doch als wir dort waren, hat eine der Mädels irgendwas über mein Outfit gesagt, was mir nicht gepasst hat und ich habe mich da so hineingesteigert, total grundlos, dass ich total ausgeflippt bin. Josie hat es irgendwie geschafft mich zu beruhigen und hat mich nach Hause gebracht, wo ich dann direkt schlafen gegangen bin... Aber die Wut wollte einfach nicht verschwinden."
Es hat also, genauso wie bei mir, Wut ausgelöst. „Das war bei mir auch so ähnlich. Ch wurde so unfassbar wütend... Obwohl ich das gar nicht sein wollte."
Mell nickt verständnisvoll und lächelt mich an. „Beim zweiten mal war ich wieder mit Josie unterwegs. Sie hat mich gefragt, ob ich es nochmal probieren will. Sie meinte auch zu mir, das erste Mal ist selten gut und kann Wutausbrüche auslösen. De Grund weiß sie selbst nicht genau. Doch beim zweiten mal ist es vollkommen anders. Ich probierte es nochmal und sie hatte recht. Und der Abend war wirklich Legendär."
„Hm", mache ich.
Dann gesellt sich eine weitere Kollegin, Kimberly, zu uns und das Thema ist damit beendet. Wir reden kurz über die Arbeit und dann verschwinde ich an meinen Schreibtisch und fange lustlos an zu arbeiten. Der Tag hat sich unfassbar lang hingezogen. Die Mittagspause habe ich mit Kim und Mell im Pausenraum verbracht. Während die beiden über irgendwelche anderen Kollegen gelästert haben, habe ich mit Landon geschrieben und ihn für heute Abend eingeladen. Im Nachhinein war das vielleicht keine so gute Idee, da Mell und Taylor - vielleicht sogar Mike, der heute Abend ebenfalls mit Begleitung kommt -V nehmen werden. Dadurch könnte er einen falschen Eindruck von mir bekommen. Aber ich erinnere mich beiläufig daran, das er mir mal ein Hanfblatt mit Gesicht, dass einen Joint raucht, auf den Kaffeebecher gekritzelt hat und er dabei meinte, er würde öfter mal einen rauchen, um vom ganzen Alltagsstress runterzukommen. Zur Not lüge ich ihn an und sage, die anderen hätten etwas geraucht. Nach der Arbeit fahren Mell und ich in mein Apartment, um etwas zu essen und uns fertig zu machen für heute Abend. Während der Fahrt unterhalten wir uns kurz nochmal darüber, wie der Abend abläuft und sie versichert mir mehrmals, dass er toll wird, selbst wenn ich das V immer noch ablehne. Ich muss ihr nur versprechen, gute Laune zu haben und ordentlich zu trinken. Ich soll nur nicht versuchen mit den anderen mitzuhalten, die V nehmen, da V anscheinend auch den Alkoholrausch verringert. Man kann also mehr trinken, wird aber nicht so schnell betrunken. Dafür schmeckt der Alkohol auch umso besser. Und je mehr sie mehr von diesem V erzählt, desto besser klingt es. Sie meint auch, sie würde V nur selten nehmen. Bisher waren es nur dreimal. Also macht es angeblich nicht abhängig, wie viele andere herkömmliche, illegale und sehr gefährliche Drogen.
„Was ziehst du heute Abend an? Lass uns mal was verrücktes ausprobieren.", schlägt sie aufgeregt vor, nachdem wir bei mir angekommen sind und sie direkt ins Schlafzimmer gegangen ist, um meinen Kleiderschrank, mal wieder, neugierig auseinander zu nehmen. Sie selbst hat auch Klamotte n in einer Sporttasche mitgebracht.
„Was hälst du von diesem hier?" Sie hält ein silbernes Paillettenbesticktes Kleid vor meinen Körper, dessen Ausschnitt deutlich tiefer ist, als von den Sachen, die ich normalerweise tragen würde. Kopfschüttelnd nehme ich es ihr aus der Hand und hänge es zurück in den Schrank.
„Wir wollen es mal nicht übertreiben, Mell."
„Hmmm....", macht sie und wirft einen nachdenklichen Blick in meinen Schrank. Und dann sehe ich diesen bekannten Ausdruck in ihren Augen. Sie hat was gefunden und ich weiß jetzt schon, dass ich ihr das nächste Kleidungsstück, welches sie mir aussucht, nur schwer ausreden kann. Sie wirft mir ein Lächeln zu und zieht ein anderes, paillettenbesticktes Kleid aus dem Schrank, doch dieses ist nicht Silber, sondern Gold mit schwarzen Streifen, die sowohl Quer, Senkrecht, als auch waagerecht verlaufen. Es ist etwas kürzer als die Kleider, die ich sonst anziehe, aber es hat einen runden Ausschnitt und nur der Rücken ist frei und zeigt etwas mehr Haut.
"Anziehen! Sofort! Husch!" Sie schubst mich förmlich ins Badezimmer und schließt die Tür. Als ich es angezogen habe und aus dem Badezimmer komme, fällt ihr die Kinnlade herunter.
„Du. Siehst. Unglaublich. Aus! Das ist es. Jetzt nur noch die passenden Schuhe!" Sie klatscht in ihre Hand und ich puste mir eine locke aus der Stirn. Mell versucht mir die höchstens Absatzschuhe aller Zeiten anzudrehen und nachdem ich zum hundertsten mal nein gesagt habe, zeigt sie mir ein anderes Paar. Wir entscheiden uns für schwarze Pumps mit Blockabsatz und Schnallenverschluss. Sie passen perfekt zum Kleid und ich kann wenigstens darin gehen, ohne dabei komisch auszusehen. Mein Make Up mache ich dieses mal allein. Ich lasse es natürlich. Ich ziehe mir lediglich einen dünnen Lidstrich, trage Mascara und Rouge auf, während Mell mir mühevoll die Haare glättet, da sie schneller damit ist, als ich. Als sie fertig ist, sind wir bereits spät dran. Doch das hindert Mell nicht daran, bevor wir in den Fahsrtuhl steigen, mir einen Lippenstift in die Hand zu drücken. Und zwar einen dunkelroten.
„Vergiss es!", protestiere ich.
„Glaub mir, das rundet das Gesamtbild perfekt ab. Dein Make Up ist super natürlich. Der rote Lippenstift verleiht es einfach nur das gewissen extra."
Da wir spät dran sind, nehme ich ihn und diskutiere nicht. Während der Taxifahrt leiht sie mir einen keinen Spiegel, den sie immer dabei hat und bei der nächsten Ampel trage ich schnell den Lippenstift auf.
„Zeig mal deine Zähne."
Sie checkt, ob ich Lippenstift an ihnen habe. „Alles sauber."
Sie grinst fröhlich vor sich hin. Sie selbst hat sich für ein komplett anderes Outfit entschieden. Sie trägt einen schwarzen Jumpsuit, den sie in meinen Schrank gefunden hat. Er ist langärmelig und der Obere Teil besteht hauptsächlich aus durchsichtigem Stoff, nur ihre Brüste sind von undurchschaubaren Stoff bedeckt. Der untere Teile sieht aus wie eine weite, schwarze Hose und dazu trägt sie silberne High Hells, die so hoch sind, dass mir schon beim hinschauen schwindelig wird.
„Wie kannst du nur in diesen Dingern laufen?"
Sie zuckt nur mit den Schultern. „Übung macht den Meister, Schätzchen."
„Du siehst wirklich toll aus." Ich lächle sie an, als ich das sage und sie erwidert mein Lächeln.
„Und du erst mal. Schade das dieser Landon schwul ist, sonst hättest du dir ihn angeln können. Aber vielleicht finden wir ja heute Abend..."
Bevor sie ihren Satz beenden kann, schüttle ich meinen Kopf.
„Nein, danke. Ich habe erst mal genug von Männer." Und das ist die Wahrheit.
Am Treffpunkt angekommen, warten bereits alle auf uns. Sogar Landon ist da und unterhält sich mit Mike.
Taylor scheint eher gelangweilt, im Gegensatz zu den anderen. Er steht etwas weiter abseits. Wir bezahlen den Taxifahrer und steigen dann aus. Ich ziehe meinen Mantel enger um, da es doch ziemlich frisch hier draußen ist.
„War ja klar das ihr beide zu spät kommt. Du schuldest mir übrigens fünf Dollar Mike!"
Taylor klopft ihm auf die Schulter und Mike reicht ihm geschlagen das Geld. Die haben ernsthaft auf uns gewettet. Aber es ist gut zu wissen, dass Mike wenigstens dachte, ich wäre pünktlich. Er kennt mich einfach. Aber er kennt auch Mell und hätte sich denken können, dass wenn Mell und ich uns zusammen fertig machen, wir wegen ihr auch zu spät kommen.
„Naaa Lilith"
Ich umarme Landon und begrüße die anderen schnell. Mike begrüßt mich mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und ich lächle ihn an. Wir haben uns seit diesen einem Abend nicht mehr gesehen. Wir haben ab und zu telefoniert, doch selbst da war es ein wenig komisch zwischen uns. Vielleicht ändert sich das ja heute. Jedenfalls hoffe ich das.
„Hast du die Karte?", fragt Taylor.
„Hab alles was wir brauchen, keine Sorge Babe." Auf dem Weg zur Bar unterhalte mich mit Landon, der bereits Wind von der Sache bekommen hat, mir aber auch erzählt, dass er bereits Erfahrung mit V hat und mitmacht. Somit bin ich die einzige, die darauf verzichten wird. Ich fühle mich wie eine Spaßbremse, anderseits habe ich fast nie irgendwas aus Gruppenzwang getan. Auch nicht in der Highschool. Abgesehen vom rauchen. Zu Gras kam ich tatsächlich von allein und weil ich immer wusste, wo ich welches herbekomme. Von anderen Sachen habe ich schon immer die Finger gelassen, egal wie oft es mir angeboten wurde.
„Ich war überrascht das du zugesagt hast.", meine ich zu Landon.
„Mein Freund ist für ein paar Tagen bei seinen Eltern zu Besuch und ich hatte dieses Wochenende eh noch nichts geplant.", erklärt er mir. Auch wenn Landon und ich uns nur aus dem Coffeshop kennen, kommt es mir vor, als wären wir ewig befreundet. Und er integriert sich tatsächlich direkt in die Gruppe, dabei hatte ich vorhin noch Angst, er wäre vielleicht etwas schüchtern und bräuchte etwas Starthilfe von mir oder Mell. Landon trägt eine schwarze Hose und einen cremefarbenen Pulli. Seine braunen Haare hat er nach hinten gestylt und ich muss zugeben, privat ist er sogar noch attraktiver. Bisher habe ich ihn nur in seinen Arbeitssachen gesehen. Die Bar ist gut besucht und ich meine bereits zu den anderen, dass es schwer wird, einen Sitzplatz zu finden, doch Mell meint, wir sollen ihr folgen. Sie zeigt dem Barkeeper die weiße Karte. Er betrachtet sie kurz mit zusammengekniffenen Augen und weist uns den Weg hinter die Theke, durch einen roten Vorhang, die Treppe runter, rechts und einer Tür, durch die wir gehen sollen. „Ok, wow." Ich schaue Landon an und bin genau der selben Meinung. Die Musik ist lauter als oben, die Lichter flackern durch den Raum. Und hier ist es nicht ganz so voll wie erwartet. Ein Mann im Anzug kommt zu uns rüber und will Mells Karte sehen. Er holt so etwa ähnliches wie eine Lupe heraus, schaut den goldenen Punkt ganz genau an und meint dann sehr freundlich, dass wir ihm folgen sollen. „Hey!"
Landon stupst mich mit seinem Ellenbogen an.
„Was denn?"
„Da drüben! Das ist doch der Typ von heute morgen?"
O nein!
Ich folge seinem Blick und ja, tatsächlich. Dort steht Lucifer neben genau den Plätzen, an welche wir gerade geführt werde.
Wütend bleibe ich ruckartig stehen, packe Mell wütend am Arm und auch Mike bleibt stehen und sagt den anderen sie sollen weiter gehen.
„Was soll der scheiß?"
"Ich hatte keine Ahnung! Ehrlich!"

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