„Ich könnt kotzen.", fauche ich leise Mell an. Meine Beine zittern. Hoffentlich kann er das nicht sehen. Nein. Hoffentlich kann das niemand hier sehen!
Es kommt mir vor, als würde er mich anstarren, doch als ich ihn direkt anblicke, schaut er mich nicht an. Nein, sein Blick fixiert erst Mike, bevor er Landon neben mir bemerkt.
„Lucifer, was tust du hier?", will sie von ihm wissen.
Das Mell mir diese Frage abgenommen hat, erleichtert mich. Denn am liebsten würde ich kein einziges Wort mehr an ihm verschwenden. Landon nimmt meine Hand, um mich mit in eine gemütliche Ledersitzecke zu ziehen.
„Josephine hat mich eingeladen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ihr ihre besagten Highschool Freunde von damals seid. Aber lass mich Raten: Du bist die blonde Zicke von der sie gesprochen hat?"
Josephine hat ihn eingeladen? Meine Josephine?
„Josephine ist hier?" Ich blicke Lucifer direkt an und erwarte, dass er mich ignoriert, doch stattdessen erwidert er meinen Blick.
„Sie ist gleich zurück. Sie hat bereits Getränke für euch bestellt."
Und genau in diesem Moment taucht sie aus der Menge heraus auf. Hinter sich zwei Kellner mit jeweils einem vollem Tablett. Ich rutsche so schnell es geht aus der Sitzecke und laufe ihr aufgeregt entgegen. Ihre Schulterlangen weißblonden Haaren sind an den Spitzen pink gefärbt und sehen wild und zerzaust aus. Und ihr Glitzeroutfit passt perfekt zu ihrer verrückten Ausstrahlung.
Kreischend springt sie mir in die Arme, bevor wir unseren kurzen Handschlagtanz aufgeführt haben und spätestens jetzt jeder, der uns beobachtet hat, uns für verrückt hält.
„Ich hab dich so vermisst, du Miststück!" Ihre Umarmung ist fest und sobald sie mich losgelassen hat, winkt sie Lucifer zu sich rüber und schaut die anderen an. Alle sitzen bereits, außer Mike und mir.
„Du brauchst ihn uns nicht vorstellen. Wir kennen ihn bereits Josie.", meint Mike kunstbegeistert und setzt sich neben Landon, sodass ich außen sitze. Die anderen setzen sich auf die andere Seite und wer sitzt mir direkt gegenüber? Lucifer.
Die Kellner stellen allerlei Getränke auf den Glastisch, darunter erblicke ich ein dunkel rotes, dass mir verdächtigt nach meinen Lieblingsgetränk aussieht.
„Greift zu. Es gibt Champagner, Bier, Vodka.... und für meine Herzensdame" Josie grinst mich an und übergibt mir mein Lieblingsgetränk. „Cranberrysaft mit Vodka und einem Schuss Tequila! Ich weiß doch, was dir gefällt."
Sie kennt mich einfach so gut.
„Wie lang bleibst du in New York?", will ich von ihr wissen, während die anderen damit beschäftigt sind. Sich Champagner einzuschenken. Sie schaut Lucifer an. Aber der ist mit seinem Handy beschäftigt.
„Solange mein Gastgeber mich bei sich zu Hause erträgt... Oder so lange wie ich ihn ertrage.", kichert sie. Mein Herz bleibt stehen. Hoffentlich sieht man es mir nicht an.
„Ihr wohnt zusammen?"
Jetzt ist auch Lucifer aufmerksam. „Nur vorübergehend. Bis sie eine Wohnung hat."
Ich nicke, tue so, als wäre es mir egal.
Er wollte mich nicht zu sich lassen, doch Josie darf bei ihm unterkommen. Es wäre gelogen, wenn ich mir selber einrede, dass es mich nicht im geringsten verletzt.
Ich rücke näher an Mike heran und höre ihm zu, wie er mit den anderen über VB spricht. Dabei interessiert mich das alles nicht. Am liebsten würde ich nach Hause gehen, mich in meine Decke kuscheln und in Selbstmitleid baden. Doch als Mike plötzlich Lucifer fragt, woher er und Josie sich kennen, werde ich wieder hellhörig.
Zwischen den beiden herrscht Spannung. Doch warum? Warum erzählt Mike mir nicht, was damals wirklich zwischen den beiden vorfiel?
„Das behalten wir lieber für uns.", lacht Josie, nur damit Lucifer im nächsten Moment sagt „Bei einer Orgie." Josie haut ihm auf die Schulter.
„Als würden wir nicht alle wissen, was Josie für ein versautes Ding ist!", ruft Mell in die Runde.
Ich versuche ungezwungen zu lachen... es kommt aber nichts raus. Deshalb trinke ich meinen Cranberry Vodka so schnell es geht aus... um so schneller werde ich betrunken... lockerer... und kann vielleicht noch ein bisschen Spaß an diesem Abend haben.
Ich bemerke Lucifers Blick, doch ignoriere ihn.
„Hast du alles dabei?", fragt Josie.
Lucifer stellt ein kleines Fläschchen mit dunkelrotem Inhalt auf den Tisch, doch bevor Mell es sich greifen kann, zieht er es zurück.
„Lasst uns erst mal etwas trinken. Danach gehen wir zu mir und können es uns gemütlich machen. Vielleicht mixt uns Lilith ja damit ein paar von ihren Lieblingsgetränken."
Hat er uns gerade zu sich nach Hause eingeladen?
„Sein Apartment ist der absolute Hammer. Er hat sogar eine Terrasse mit Pool!"
„Solange du Cranberrysaft, Vodka und Tequila bei dir zu Hause ist, kann ich das gern tun.", erwidere ich.
„Lässt sich einrichten." Seine Mundwinkel zucken. Nur leicht, doch ich habe es gesehen. Dann merke ich, dass wir uns viel zu lange ansehen und wende meinen Blick wieder ab.
Ich weiß, dass er mich ansieht. Das kann ich spüren.
„Du probierst also mal etwas anderes aus, als Gras?" Josie zwinkert mir zu. Ja, ich habe viel gekifft auf der Highschool.
„Neugierig wäre ich schon.", murmle ich.
„Du bist also dabei?", erkundigt sich Landon, sichtlich aufgeregt, auf den Abend, der noch vor uns liegt.
„Nein. Damit wollte ich nur sagen, dass ich eben neugierig bin. Außerdem halte ich es für keine gute Idee, meinen Verstand heute nicht allzu sehr zu benebeln. Einer muss schließlich auf euch aufpassen."
Mike reicht mir ein Glas Champagner und Landon lässt seine Schultern sinken, bevor er provokant so was wie Spaßbremse vor sich hin murmelt.
„Langweilerin", wispert er verächtlich.
Bevor ich dazu komme, mich selbst zu verteidigen, ergreift Mell das Wort.
„Dein ernst? Du warst doch derjenige, der mir mehrmals ausdrücklich gesagt hat, ihr keinen Tropfen davon zu geben, also halt deine Klappe und trink deinen doppelten Scotch, du harter Kerl."
Josie und Mike bekommen sich vor lachen kaum noch ein und auch ich fange an zu schmunzeln.
„Da hat sie es dir aber gegeben, Lu!", grölt Josie neben ihm.
„Hab ich dir schon mal gesagt, dass du nervig bist?" Die Frage ist an Mell gerichtet und Jackson richtet sich bereits neben ihr auf, doch Mell weiß sich selbst zu verteidigen.
„Wenigstens bin ich kein abgehobenes Arsch..." Ich falle ihr ins Wort.
„Könnt ihr beide endlich mal die Klappe halten?Ihr seid hier nicht allein. Außerdem ist viel zu wenig Alkohol geflossen und der Abend ist noch zu jung, um sich bereits jetzt an die Gurgel zu gehen. Wir wissen alle, dass ich langweilig, Mell nervig und Lucifer ein arrogantes Arschloch ist. Das müssen wir aber nicht jetzt Thematisieren. Prost!"
Mit einem Mal leere ich mein alkoholisches Getränk, stelle es auf den Tisch und schenke mir ein weiteres Glas Champagner ein. Diesen Abend halte ich ohne viel Alkohol nicht aus.
Landon, Jackson, Mike und Josie heben ihre Gläser in meine Richtung und tun es mir gleich.
„Die Langweilerin hat ein Machtwort gesprochen!", grinst Mike mich neckend an.
„Sie hat aber Recht...", stimmt Mell mir zu, hebt ihr Glas und trinkt. Nur Lucifer und seine Halsschlagader haben sich noch nicht beruhigt.
Ich nehme ein leeres Glas, schenke Champagner ein und schiebe es ihm rüber. Sein Blick trifft auf meinen, bevor er seine Hand ausstreckt und es nehmen will. Seine Finger berühren meine. Nur für einen kurzen Moment. Dann ziehe ich sie schnell zurück.
„Auf die Langweilerin!", haucht er leise, ohne seinen Blick von meinem zu lösen. Er hebt das Glas, leert es bis zum letzten tropfen
Die anderen unterhalten sich rege. Nur Lucifer und ich sitzen schweigend da, trinken unsere Getränke. Gelegentlich merke ich, wie er mich ansieht. Als wäre er gespannt auf meine Reaktionen, zu den Themen, die am Tisch besprochen werden, dabei höre ich kaum zu.
„Wie wäre es mit einer Runde Tequila?", fragt Lucifer plötzlich in die Runde.
Und natürlich wollen wir alle Tequila. Vor allem ich. Mehr Alkohol bedeutet für mich mehr Spaß.
„Hilfst du mir beim tragen?"
Ich realisiere erst, dass ich mit der Frage gemeint bin, als Mike mich von der Seite anstupst.
Räuspernd blicke ich zu Lucifer rüber und nicke.
Er steht auf und ich tue es ihm gleich.
Der Club füllt sich langsam. Die Luft ist stickiger. Die Menschen reiben ihre Körper aneinander und ich versuche in der Menge mit Lucifer Schritt zu halten. Doch dann sehe ich ihn nicht mehr.
„Auch einen Schluck?", brüllt mir jemand ins Ohr und hält mir ein Glas vor mein Gesicht. Kopfschüttelnd versuche ich den jungen Mann abzuwimmeln.
„Du riechst so gut?" Ist der high? Er wirkt jedenfalls so, als er an meinen Haaren schnuppert. Jemand stoßt beim tanzen an mich heran, scheint es nicht mal mitzubekommen und tanzt wie hypnotisiert zu Tsar B und der Typ verschüttet sein Getränk beinahe auf mich.
Hilfesuchend halte ich Ausschau nach Lucifer. Doch der ist weg.
„Tut mir leid, gut riechende Frau.", ruft mir der Typ hinterher, während ich mich durch die Menge schlängle, bis ich ihn endlich gefunden habe. Als auch er mich endlich sieht, kommt er direkt auf mich zu und nimmt meine Hand.
„Bleib lieber bei mir.", brüllt er, damit ich ihn durch die laute Musik hinweg verstehen kann. Ich folge ihm. Verdränge das Gefühl in mir, dass ausgelöst wird, während er meine Hand festhält. Dieses Kribbeln auf der Haut, wenn er mich heimlich ansieht.
An der Bar angekommen, bestelle ich mir direkt einen kurzen und kippe diesen hinter.
„Da hat aber jemand Durst." Er schmunzelt. „Für mich auch einen."
Der Barkeeper nickt und macht ihm einen doppelten, den er sich direkt hinter kippt.
Er schüttelt seinen Kopf und verzieht das Gesicht.. „Ich hasse Vodka."
„Eine Flasche Tequila, sieben Shotgläser, Zitronen und Salz bitte.", bestelle ich und merke erst jetzt, dass Lucifer meine Hand immer noch festhält.
„Du kannst jetzt los lassen", erinnere ich ihn. Erst schaut er mich fragend an, bevor er begreift was ich meine und lässt verwirrt meine Hand los.
„Bringe ich euch gleich.", meint der Barkeeper.
Warte, was? Ich dachte ich bin mitgekommen, um ihm beim tragen zu helfen.
„Wofür bin ich mitgekommen?", will ich wissen.
„Um von deren langweiligen Gesprächen kurz wegzukommen." Er zwinkert mir zu, greift über die Theke hinweg und schnappt sich die Flasche Vodka um unsere leeren Gläser voll zu machen.
„Darfst du das?"
„Zerbrich dir darüber nicht deinen hübschen Kopf."
Erst beleidigt er mich, dann flirtet er mit mir. Ich werde niemals aus ihm schlau. Aber soll mir Recht sein. Ich hebe mein Glas und er tut es mir gleich. Wir stoßen an und trinken. Wärme macht sich in mir breit. Der Alkohol macht sich bemerkbar und ich bekomme tatsächlich Lust zu tanzen.
„Noch einen?", fragt er, während ich mich an die Theke gelehnt habe und die tanzenden, unter Drogen stehenden Menschen, beobachte, wie sie tanzen. Schwitzend reiben sie sich aneinander, umarmen einander, tanzen, sehen glücklich und betrunken aus. Ich wäre gern einer von ihnen. Glücklich und betrunken.
„Klar"
Wir kippen uns schweigend noch einen hinter. Was tue ich hier bloß? Mich mit Alkohol zuschütten und meine Wut auf Lucifer unterdrücken.
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My Destiny
Romance"Glaub ihm nicht. Er lügt." Lilith war achtzehn, als sie die Wahrheit über sich und über ihre Herkunft erfuhr. Halb Mensch und halb Dämon. Gesegnet mit unvorstellbarer Macht. Jung und unerfahren in Sachen Liebe, Begehren und Leidenschaft, bis der g...