4 𝙸𝚏 𝙸'𝚖 𝙷𝚘𝚗𝚎𝚜𝚝

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It was never meant

to go down like this

Kapitel 4 - If I'm honest

Das selbe Auto, die selbe Frau, das selbe Ziel.
Alles kam John viel zu bekannt vor und natürlich wusste er bei diesem Mal bereits, was auf ihn zukommen würde. Er saß in einem schwarzen, hochwertigen Wagen mit getönten Scheiben. Neben ihm Mycrofts Assistentin, die ihn auch schon bei seinem ersten Abenteuer mit Sherlock Holmes ,,abgeholt" hatte.

A study in pink hatte er diesen Fall getauft und es war bis jetzt noch einer seiner liebsten Fälle. Obwohl er Sherlock zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal 48 Stunden kannte, hatte John sich auf ihn eingelassen. Und obwohl noch keiner von den beiden Gefühle für den jeweils anderen hatte, waren sie auf ihrem ersten Date. Auch, wenn sie es nicht wirklich als ihr erstes Date bezeichneten.

Angelos Restaurant wurde zu ihrem liebsten Ort. Dort hatten sie nach ihrem Kennenlern-Date dann auch ihr erstes richtiges Date. John erinnerte sich gerne daran zurück, wie es dazu gekommen war, dass die beiden miteinander ausgegangen waren.

Es war während eines Falls, als John auf seinem Sessel im Wohnzimmer der 221B Bakerstreet saß und seinen Mitbewohner dabei beobachtete, wie er Geige spielend durch den Raum lief. Der Doktor musste zugeben, dass Sherlock nicht schlecht aussah. Und das, obwohl er schon seit mehreren Tagen nicht mehr gegessen oder geschlafen hatte. Ihr aktueller Fall trieb ihn einfach in den Wahnsinn, denn es ergaben sich keine neuen Hinweise und alle Ermittler traten auf der Stelle.

"Wir gehen essen, Sherlock", stellte John fest und ließ keinen Platz für Widerworte. Er erhob sich schon aus seinem Sessel, als der Consulting Detective sich zu ihm umdrehte. "Du kommst nicht weiter, du fiedelst schon den ganzen Tag auf deiner Geige herum und so langsam bekomme ich Kopfschmerzen. Was bringt dir eine neue Spur, wenn du zu erschöpft bist ihr nachzugehen?"
John trat einen Schritt näher an seinen Mitbewohner und nahm ihm die Geige samt Bogen aus der Hand. "Du siehst ziemlich scheiße aus."

Sherlock war die ganze Zeit still geblieben, in der John sich über seine Verhaltensweisen während seinen Ermittlungen aufregte. Bei seiner letzten Aussage schlich sich jedoch ein Lächeln auf Sherlocks Lippen, denn er hatte es zu schätzen gelernt, wie brutal ehrlich John zu ihm geworden war. Er versteckte sich nicht mehr hinter vorgespielter Höflichkeit.

"Ist das deine Art mich auf ein Date einzuladen?", fragte Sherlock sarkastisch. Auch ihm tat der regelmäßigere Kontakt zu seinen Mitmenschen - in Form von John - gut, denn er bekam immer mehr Übung bei der Nutzung von Ironie und anderen Konstrukten, die er zuvor nie verstanden hatte.

Auf Johns Lippen legte sich ein Lächeln. Er hatte sich die Gefühle für Sherlock schon vor einer Weile eingestanden und hatte nur darauf gewartet, dass sein Mitbewohner es herausfand. Eigentlich deduzierte er solche Dinge immer sofort.
Auch in diesem Fall war es so gewesen, dass Sherlock die Gefühle erahnte. Er wollte es aber nicht einsehen, dass die Möglichkeit, mit John eine Beziehung zu führen, wirklich bestand. Das wäre doch zu schön, um wahr zu sein.
Und so hatte es eine ganze Weile gedauert, bis es zu diesem Date gekommen war, denn John hatte zu große Angst, dass es ihre Freundschaft zerstören würde, wenn er seine Gefühle für Sherlock zugab.

Mittlerweile hatte das Auto auf dem verlassenen Gelände geparkt und John lief ein Schauer über den Rücken. Warum musste Mycroft immer so extravagant sein? Hätten sie sich nicht einfach in einem Café treffen können?

Die Frau, von der John noch immer keinen Namen kannte, führte ihn bis zu dem Ort, an dem er Mycroft auch beim letzten Mal getroffen hatte. Da wusste er noch nicht, dass er Sherlocks Bruder war und dachte, dass es sich wirklich um seinen Erzfeind handelte.

Mycroft stand John mit seiner geraden Körperhaltung gegenüber, leicht auf seinen Schirm gestützt. "Doktor Watson! Schön, dass Sie es einrichten konnten", begrüßte ihn Sherlocks Bruder ironisch. John verdrehte die Augen.
"Mycroft", sagte er mit einem Nicken und sah seinen Gegenüber argwöhnisch an. Immer, wenn die Holmes Brüder einen so großen Auftritt hinlegten, waren erstaunliche Erkenntnisse und Verwirrung vorprogrammiert.

"Wie ist es in der neuen Wohnung?", fragte Mycroft, woraufhin John nur nickte. Schließlich wusste er, dass Mycroft nicht die Absicht hatte, nur Smalltalk zu führen, wenn er den Doktor vorher entführte. Er wollte einfach nur höflich sein.
"Danke nochmal", gab John zurück. "Aber allein für diese Frage hast du mich bestimmt nicht hier herbringen lassen."

Mycroft machte einen Schritt auf den Militärarzt zu und tippte dabei mit seinem Regenschirm immer wieder auf den Boden. "Es scheint, als hättest du zu viel Zeit mit meinem kleinen Bruder verbracht. Sein Verhalten färbt auf dich ab", stellte er fest und John musste schlucken. Dem Doktor war klar gewesen, dass es auch in irgendeiner Form um Sherlock gehen würde, aber schon jetzt?

"Kommen wir direkt zum Punkt. Ich sorge mich um Sherlock", sagte Mycroft gerade heraus und John runzelte die Stirn. Die schlimmsten Szenarien spielten sich in seinem Kopf ab. Was wäre, wenn Sherlock rückfällig ist? Daran hätte er schon viel eher denken müssen! "Wie du weißt, überwache ich seine Wohnung noch stärker als sonst, wenn ich schlechte Vorahnungen hatte. Also habe ich die 221B Bakerstreet kurz nach deinem Auszug verwanzt."

John nickte verstehend. Er kannte Sherlock gut und wusste, dass es so wohl besser war. Der Consulting Detective würde wohl nie von sich aus mit der Sprache rausrücken und seine Probleme ansprechen. Das war die einzig andere Möglichkeit ein Auge auf ihn zu haben.

"Durch die Wanzen und meine wöchentlichen Treffen mit Mrs. Hudson habe ich herausgefunden, dass es ihm wirklich beschissen geht. Er redet mit niemandem und verlässt die Wohnung nicht mehr. Detective Inspector Lestrade teilte mir auf Anfrage mit, dass Sherlock schon seit einiger Zeit keine Fälle mehr von Scotland Yard übernommen hat und auch auf Lestrades anfragen nicht reagiert. Er hatte also schon lange keine Klienten mehr und wenn sich doch mal jemand mit einem Fall in seine Wohnung kam, hat er diese Person immer sofort wieder hinaus geschickt", zählte Mycroft auf.

Das hörte sich nicht gut an, aber wenigstens war er noch in der Bakerstreet. John wusste nicht, was er machen würde, wenn Mycroft ihm mitgeteilt hätte, dass Sherlock wieder rückfällig geworden wäre und nun obdachlos in einem Junkie-Haus leben würde.
"Wird es besser?", fragte der Arzt hoffnungsvoll. Er konnte allein die Gedanken nicht aushalten, dass sich Sherlocks Situation noch verschlechtern könnte.

Missmutig schüttelte Mycroft den Kopf. "Eher schlimmer", sprach er genau das aus, was John unter keinen Umständen hören wollte. Auch, wenn er von dem Consulting Detective verletzt wurde, sorgte er sich immer noch um ihn und es würde auch noch eine ganze Weile dauern, bis er über Sherlock hinwegkommen würde. Er war seit dem Start ihrer Beziehung davon ausgegangen, dass er endlich die eine Person gefunden hatte, mit der er den Rest seines Lebens verbringen würde. Wenn er es nicht schon viel früher wusste.

♡︎♡︎♡︎

Einige Stunden später saß John in seiner Wohnung. Es war bereits dunkel geworden und der Arzt hatte keinerlei Lichtquelle angeschaltet. Er saß dort, auf seinem Sofa, umgeben von völliger Dunkelheit. Er versuchte zu verarbeiten, was Mycroft ihm heute erzählt hatte, aber so richtig begreifen, konnte er es noch immer nicht.

Sherlock ging es schlecht. Das wusste John nun mit Gewissheit. Zuvor hatte er sich immer vorgestellt, dass sich der Consulting Detective von einem Fall in den nächsten stürzen würde. Vielleicht auch, um sich von dem Ende ihrer Beziehung abzulenken. Momentan machte es den Anschein, dass auch Sherlock unter der Trennung litt. Gegensätzlich zu dem, was John es vorher angenommen hatte.

John greift nach seinem Handy und wird kurz von dem Licht des Displays geblendet.

John: Hey

Talk me down - JohnlockWo Geschichten leben. Entdecke jetzt