Kapitel 3 - "und dann sah ich ihn"

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Harry POV

„Mr. Styles, hören sie mich?", ich spürte einen Piecks am Finger und schlug die Augen auf. Über mir hockte ein Sanitäter und sah mich prüfend an.

„Unterzucker, ich mache eine Glukoseinfusion fertig.", hörte ich einen anderen sagen, ehe ich wieder wegdämmerte.

Das nächste Mal wachte ich auf und lag auf einer wackeligen Unterlage. Nach ein paar Mal Blinzeln begriff ich, dass ich auf einer Trage in einem Rettungswagen sein musste.

„Da sind sie ja wieder.", der Sanitäter von vorhin grinste mich an und sah auf die kleinen Monitore.

„Sie waren komplett unterzuckert. Haben sie nichts gegessen, vor dem Laufen?", seine Stimme klang fast ein bisschen vorwurfsvoll und es dauerte einen Moment, ehe ich meine Sprache wiedergefunden hatte.

„Nein, ich...", meine Schultern zuckten und der Mann neben mir seufzte: „Ich bin übrigens Steve. Wir bringen sie gerade ins Krankenhaus. Da checken sie die Ärzte noch einmal durch. Vermutlich war es aber tatsächlich nur der  Unterzucker, der sie aus den Sportschuhen gehauen hat.", er klopfte mir aufmunternd auf den Oberschenkel, drehte die Infusion etwas schneller.

„Sollen wir jemanden anrufen?", fragte er dann und ich schüttelte den Kopf.

„Gut, sie haben ja auch ihr Handy dabei und können zur Not selbst...", er zwinkerte mir zu und ich nickte.

Kurz danach wurde ich in die Notaufnahme geschoben und jetzt zahlte es sich wirklich aus, berühmt zu sein. Sofort waren mehrere Ärzte an meiner Seite und nach gut einer Stunde war ich einmal durchgecheckt.

„Soweit alles gut, Mr. Styles. Sie müssen nur ein bisschen ihr Pensum herunter schrauben. Ihr Körperfettanteil ist tatsächlich zu niedrig.", der Chefarzt sah mich einmal mahnend an.

„Ich weiß, dass sie in Form sein müssen, aber sie müssen trotzdem so essen, dass es gesund bleibt. Auch Sport kann eine Sucht werden.", die braunen Augen sahen mich intensiv an.

„Wenn sie wollen, kann ich ihnen gern ein paar Telefonnummern von sehr guten Therapeuten mitgeben. Möglicherweise..."

Ich rappelte mich auf und unterbrach ihn barsch: „Ich bin nicht süchtig nach Sport, aber bei meinem beruflichen Anspruch muss ich fit sein. Ja, sie haben Recht, ich habe heute noch nichts gegessen und der Sport heute war vielleicht zu viel. Ich hab es begriffen, aber einen Seelenklempner brauche ich nicht."

Er hob die Augenbrauen und lächelte. „Schon gut, Mr. Styles. Wenn sie doch irgendwann darauf zurückkommen wollen, in den Unterlagen die sie mitbekommen, steht meine Nummer."

„Danke.", sagte ich nun versöhnlicher, sah den Arzt entschuldigend an.

„Alles gut, machen sie sich keine Sorgen. Soll ich ihnen ein Taxi rufen lassen, oder holt sie jemand ab?", fragte er nun und ich seufzte: „Ich lasse mich abholen, vielen Dank für ihre Hilfe."

XXX

„Harry verdammt!", Gemma schüttelte den Kopf als sie das Auto startete und mich fassungslos ansah.

„Ich dachte du bist aus dem Alter raus, in dem ich auf dich aufpassen muss, kleiner Bruder."

„Klein, ha ha.", gab ich zurück und wir beide mussten grinsen.

„Ich habe mir eben schon eine Moralpredigt vom Doc anhören müssen, du brauchst also nicht noch eine drauf zu setzen.", sagte ich und sah aus dem Fenster.

„Gut so. Hat er dir auch gesagt, dass du endlich mal zu einem Therapeuten sollst?", die Stimme meiner Schwester klang provozierend und ich schnaufte einmal unwillig.

„Also hat er. Mom und ich reden deswegen doch auch schon so lange auf dich ein. Meinst du nicht, dass du es vielleicht doch versuchen solltest?"

Gemma und meine Mutter wussten über alles Bescheid, was damals passiert war und wie oft hatten sie mir damit in den Ohren gelegen professionelle Hilfe zu suchen. Ich hatte es nicht mehr hören können.

„Ich weiß nicht wirklich, Gemma.", sagte ich und war überrascht über meine eigenen Worte.

„Du weißt nicht?", sie lächelte mich kurz an, ehe sie wieder auf die Straße sah. „Das ist schon mal kein kategorisches nein."

Ich zuckte mit den Schultern. Vielleicht sollte ich es tatsächlich versuchen, vielleicht hatten sie wirklich Recht und es half mir irgendwie weiter.

„Wir wären so unsagbar stolz auf dich.", ihre kleine Hand legte sich auf meine und sie drückte sanft zu.

„Bitte versuch es. Ich wünsche mir so sehr meinen kleinen Bruder wieder, wie er früher war. Das Lachen, die leuchtenden Augen, einfach du.""

ein Jahr später: Harry POV

Auch wenn ich es nicht gedacht hatte, aber die Therapie half mir tatsächlich. Natürlich war es oftmals schwer, aber meine Therapeutin war einfühlsam und streng zur rechten Zeit, sodass ich tatsächlich langsam wieder mehr und mehr zu mir selbst fand.

Ich wurde achtsamer und begann tatsächlich wieder Dinge zu genießen, Menschen näher an mich heran zu lassen.

Liam war mir in der Zeit tatsächlich ein sehr enger Freund geworden. Auch Mitch und Sarah hatten sich immer weiter um mich bemüht, aber Liam war der Mensch, der mir am nächsten stand.

Vermutlich weil er alles von damals miterlebt hatte und mich einfach am längsten kannte.

„Ich freu mich so, dass du heute Abend zu meinem Auftritt kommst!", sagte er und ich lächelte.

„Das will ich um nichts in der Welt verpassen, wenn mein bester Freund seine neue Single vorstellt.", gab ich zurück und nahm ein Schluck aus meinem Wasserglas. Bester Freund, ich hielt einen Moment inne und lächelte. Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich nie wieder jemanden in meinem Leben die Bezeichnung würde geben können, aus Angst wieder enttäuscht zu werden, doch er hatte es sich verdient.

„Weißt du eigentlich, dass du echt gut aussiehst inzwischen?", Liam wuschelte durch meine Haare und grinste. „Ich bin so froh, dass du dich so erholt hast."

„Und ich hab es dir und deinen aufrüttelnden Worten zu verdanken.", gab ich zurück und stand auf, umarmte ihn einmal herzlich.

„Nein, nur dir selbst, Harry. Du hast die Hilfe angenommen die du gebraucht hast.", er klopfte mir einmal kurz auf den Rücken, ehe er auf die Uhr sah.

„Wir müssen uns mal langsam fertig machen, es wird Zeit.", sagte er und ich sah die Nervosität in seinen Augen.

XXX

Die Location die Liam für die Vorstellung seiner neuen Single gewählt hatte, gefiel mir. Es war ein Club und nur ein paar exklusive Pressevertreter waren eingeladen. Dazu Freunde, Bekannte die Liam gern dabei haben wollte und ein paar Fans, die die Premierentickets bei einer Verlosung gewonnen hatten.

Alles sollte live im Internet übertragen werden, damit auch Fans in aller Welt an der Premiere teilhaben konnten.

„Ich bin ganz schön nervös.", gab er zu als er sein Hemd noch einmal richtete und in den Spiegel sah.

„Ach Liam, wie oft hast du jetzt schon auf der Bühne gestanden?", fragte ich grinsend und er schmunzelte.

„Oft, aber allein ist es immer wieder was Anderes.", er sah zu mir und ich zwinkerte ihm zu.

„Ich steh an der Seite der Bühne und gebe dir Rückendeckung. Da kann dir nichts passieren. Kein falscher Ton, kein Texthänger. Du bist wie immer perfekt vorbereitet. Es wird ein voller Erfolg, vertrau mir!"

„Das tue ich, Harry.", sagte er nur und straffte sich dann noch einmal.

„Liam, es geht los.", der Aufnahmeleiter winkte ihm und so folgte ich ihm auf die Bühne, in den Schatten und sah, wie die ersten Töne seiner neuen Single erklangen.

XXX

Mein Blick glitt über das Publikum und man konnte die strahlenden Gesichter erkennen, den das dargebotene scheinbar gefiel. Mein Blick blieb an Niall hängen, der grinsend auf die Bühne blickte und dann sah ich IHN.

Escape Room (L.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt