Kapitel 9

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Harry POV

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Louis einen Hocker aus der Ecke holte, diesen mir in gebührendem Abstand gegenüber stellte und sich darauf niederließ.

Vorsichtig hob ich den Kopf, blickte ihn an, ohne ihm jedoch in die Augen zu sehen.

An seiner verkrampften Haltung merkte ich, dass er das hier gerade ebenso wenig wollte wie ich und sich vermutlich sonst wo hin wünschte.

„Hazza.", begann er und ich zuckte bei der Anrede zusammen, krampfte meine Hände schmerzhaft in meine Oberschenkel.

„Hey.", seine Stimme war plötzlich so sanft wie früher, wenn er mich getröstet hatte, weil ich Heimweh hatte, weil mir der Druck zu viel wurde, oder ich einfach nur so Geborgenheit brauchte.

„Lass los, das gibt hässliche blaue Flecken.", er beugte sich zu mir nach vorn, löste vorsichtig meine Hände von meinen Oberschenkeln und griff nach einem Kissen, was er mir stattdessen in den Arm drückte.

Als er wieder saß, blickte er auf den Boden und begann erneut zu sprechen.

„Hazza, ich weiß keine Worte können das wieder gut machen, was ich dir damals angetan habe.", er machte eine Pause und innerlich nickte ich. Er hatte Recht. Nichts, wirklich nichts würde er tun können um mir diesen Schmerz zu nehmen, den er mir damals verursacht hatte.

„Ich habe mich bei deinem Geständnis vollkommen falsch und irrational verhalten. Ich weiß nicht aus welchem Grund.", wieder hielt er inne und ich sah, wie seine Knie unruhig hin und her wippten.

Etwas was ich von früher kannte wenn er nervös war und nicht wusste wohin mit seiner Energie.

„Und erst Recht weiß ich nicht, warum ich es einfach so habe stehen lassen, mich nicht entschuldigt habe. Ich habe dir geschworen immer für dich da zu sein und ich habe genau das Gegenteil getan. Ich habe dich von mir gestoßen, dich aus meinem Leben geschmissen, damit es einfacher für mich.", seine Stimme wackelte ein wenig und ich blickte kurz auf, sah wie er ein Schluck aus seinem Glas nahm.

„Ich wünschte das wäre alles nicht passiert. Ich wünschte, du hättest deine Gefühle einfach für dich behalten, dich irgendwann in jemanden anderen verliebt, denn ich bin es nicht wert. Als ich an Liams Premierenabend hörte, dass sich deine Gefühle mir gegenüber nicht verändert haben, obwohl wir keinen Kontakt mehr hatten, war es wie ein Schlag ins Gesicht. Ich hatte ernsthaft gehofft, dass es nur eine Schwärmerei gewesen ist, ein Crush auf mich, der vergehen würde...", er ließ sein Gesicht in seine Hände sacken und ich schluckte.

„Es war nie nur ein Crush.", sagte ich leise, zupfte an der Kissenecke herum und wunderte mich, dass die Worte mir einfach so über die Lippen gingen.

„Ich war in dich verliebt, von Anfang an. Umso mehr wir uns kennenlernten, umso näher wir uns kamen, umso tiefer wurden meine Gefühle für dich.", ich schloss für einen Moment die Augen, sammelte mich.

„Du hast mir das Schlimmste angetan, was man einem Menschen antun kann, Louis.", ich sprach seinen vollen Namen aus, nannte ihn nicht bei seinem Spitznamen.

„Ich habe so sehr versucht dich zu hassen, ich habe alles versucht dich zu vergessen...", ich merkte eine Träne, die meine Wange hinunter lief und wischte sie, wütend über mich selbst, weg.

„Aber es geht einfach nicht!", die Worte waren lauter, verzweifelter.

„Ich bin am Ende gewesen, bin es eigentlich immer noch auch wenn ich wirklich darum kämpfe, wieder ein bisschen Freunde zu empfinden. Ich weiß, ich sehe nach außen glücklich aus, ich habe meine Karriere, alles läuft, aber innerlich...", ich zeigte auf mein Herz und er blickte auf, sah mich mit feuchten Augen an. „bin ich tot hier drin."

Louis sagte kein Wort mehr, starrte mich einfach nur an und mehr und mehr Tränen liefen über seine Wangen, sein schmaler Körper, der noch filigraner wirkte als früher zitterte leicht.

„Das hab ich nicht gewollt.", die Worte kamen so leise und doch schlugen sie lautstark in meine Ohren ein.

„Ich dachte wirklich, du würdest mich nicht vermissen, du wärst darüber hinweg.", sprach er abgehackt weiter und schloss gepeinigt die Augen.

Ich lachte auf: „Ich dachte du kennst mich besser.", meine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus und ehe ich reagieren konnte, spürte ich seine Arme um mich, seinen Kopf der sich an meinen Hals drückte, die Hände die sich auf meinem Rücken in mein Shirt krallten.

Eigentlich war mein erster Instinkt ihn von mir zu stoßen, seinen Körper von meinem zu distanzieren, doch ich konnte nicht. Ich war wie erstarrt, sog den so bekannten Geruch ein, spürte sein Herz, das wie wild pochte.

„Bitte verzeih, bitte bitte verzeih mir und werde wieder glücklich.", schniefte er an meinen Hals und ich spürte die Nässe die noch immer von ihm ausging, merkte wie ich selbst den Rest an Beherrschung verlor und mit ihm weinte.

XXX

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wir beide trauerten, trauerten gemeinsam über das was passiert war, über die Tatsache, dass etwas unsere besondere Beziehung, unsere Freundschaft zerstört hatte.

Als sich Louis irgendwann von mir löste, waren seine Augen rot und verquollen und er schniefte noch immer leise vor sich hin.

„Kannst du mir verzeihen, Hazza? Bitte, gib mir noch eine Chance.", die Stimme vor mir klang flehentlich und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die letzten Stunden hatten mich so sehr aufgewühlt, seine Worte, seine Nähe.

Ich sah ihn an, sah die blauen Augen, die förmlich bettelten, doch ich zuckte nur mit den Schultern. Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Mein Herz schrie nichts mehr, als das ich ewig in seinen Armen bleiben wollte, aber mein Verstand schrie dagegen. „Ich weiß es nicht, Lou. Ich brauche Zeit um darüber nachzudenken."

Sofort blitzte Enttäuschung in seinen Augen auf, doch als er und ich begriffen, dass ich seinen alten Spitznamen gebraucht hatte, schlich sich der Hauch eines Lächelns auf sein Gesicht.

„Die bekommst du. Alle Zeit der Welt, wenn du mich nur wieder zu dir ins Leben lässt."

XXX

Was würdet ihr an Harrys Stelle tun? Louis verzeihen? Meint er es tatsächlich ernst?

Escape Room (L.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt