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It seems to me further, that it is very odd that fate should leave so careful a trail, and spend so little time preparing the one that must follow it.

-Robin McKinley

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Sauber und satt zu sein, ausreichend Wasser trinken zu können, es warm zu haben, den Himmel zu sehen, eine Toilette benutzen zu können - Feyre empfand einen Moment lang große Dankbarkeit für Dinge, die sie bisher als selbstverständlich hingenommen hatte, während sie die Augen schloss und ihr Gesicht entspannt in die Sonne hielt.

Lorcan betrachtete die junge Frau, die auf der schmiedeeisernen Bank auf seiner Terrasse saß. Eine dicke Decke lag über ihren Beinen, ihre schmalen Hände lagen entspannt in ihrem Schoß. Ein dicker, dunkelblauer Pullover verdeckte die cremeweise Haut ihrer Arme.
Sie hatte geduscht und war genährt, ihre Selbstheilungskräfte waren nun ausgeprägter. Ihr Gesicht war beinah verheilt. Lediglich ein blasser, grüngelber Schimmer auf ihrer Wange zeugte noch von der Behandlung der Omegas. Maleas Behandlung hatte ihr sicherlich besser gefallen.
Er hatte sie aus der Küche beobachtet. Hatte zugesehen, wie sie ihr Gesicht in die Sonne hielt, das lange weißblonde Haar hatte sanft im Wind geweht. Malerisch. Sie hatte verdammt schön ausgesehen, er konnte sich nun vorstellen warum sein Großvater ohne Catriona nicht mehr hatte sein können, warum
keine Wölfin jemals hatte die Lücke füllen können, die sie hinterlassen hatte. Sirene. Verderben.
Leise trat er hinter sie.

„Feyre Genevieve MacRuairidh, geborene Kinnear." Seine tiefe Stimme direkt an ihrem Ohr, sein warmer Atem auf ihrem Hals streichelten überraschenderweise den Teil von ihr, der nur Alexander vorbehalten war. Sie hielt die Augen entspannt geschlossen, kämpfte gegen die Gänsehaut, die ihre Arme überzog. Er hatte sie in einem Moment der Entspannung erwischt. Unvorbereitet. Das würde nicht wieder geschehen.
Betont langsam öffnete sie ihre Augen und drehte ihren Kopf so, dass ihre Lippen nur wenige Zentimeter vor dem Mund des Alphas stoppten. Sie sah, dass sein Blick sofort zu ihren Lippen glitt. Das würde einfacher werden, als gedacht. Ihre rote Zunge schlüpfte zwischen ihren Lippen hervor, befeuchtete sie. Eine Einladung.

„Lorcan Timothy James Fraser." Ihre Worte rissen ihn aus der Betrachtung der kirschroten Versuchung vor ihm. „Vielen Dank für die Gastfreundschaft." Sie musterte ihn und musste zu ihrem Bedauern feststellen, dass er noch viel besser aussah als die immerfort brodelnde Gerüchteküche vermuten ließ.

Er lachte auf und lief um sie herum, um sich an das andere Ende der Bank zu setzen. „Gern geschehen. Wir warten schon lange auf so hohen Besuch wie den deinen, Catrionas Enkelin." Spöttisch nutzte er ihre Abstammung wie einen Titel.

Feyre streckte den Rücken durch. Seine Worte hatten sie zurückgeholt. Sie hatte sich selbst dabei erwischt, wie sie seinen Körper abcheckte, als er an ihr vorbei gelaufen war. Er war groß, viel größer als Alexander. Der dünne schwarze Pullover verbarg das Muskelspiel seines Rückens kaum. Unter anderen Umständen hätte sie ihn wirklich höllisch attraktiv gefunden. „Nun Timothys Enkel, wenn deine Einladung jedes Mal so unkonventionell erfolgt", sie zog die Brauen hoch, verbannte das Lächeln von ihren Lippen und aus ihren Augen, „dann verzichte ich auf weitere Besuche."

Er nickte. Keinesfalls würde sie ihn dazu bekommen sich für das Vorgehen der Omegas zu entschuldigen. „Jetzt bist du ja erstmal da, Feyre, vielleicht willst du ja bleiben?"

Sie schluckte den bösen Kommentar, der ihr auf der Zunge lag, herunter, konnte sich eine giftige Entgegnung aber nicht verkneifen. „Welchen Grund sollte es geben, dass ich an einem Ort bleibe, von dem schon meine Großmutter floh?"

Wut kochte schlagartig in ihm hoch. Mühsam zwang er sich sie nicht auf ihren Platz zu verweisen. Mit Honig fängt man fliegen. Maleas Worte. Ihr Plan.
„Ich könnte dich verführen. Dich umgarnen. Dir zeigen wie schön das Leben an meiner Seite ist." Während er sprach, war er näher gekommen. Sanft strich er Feyre das weißblonde Haar über die Schulter.

Sie wollte seine Hand fortschlagen, hielt sich aber zurück. Nah flüsterte er an ihrem Ohr, dass er sie liebkosen und jeden Zentimeter ihrer Haut küssen wolle. Das seine Fingerspitzen über ihre Haut kitzeln würden, ihre Brüste umkreisen würden. Er würde sie anbeten, ihre Schönheit preisen. Sanft hauchte er einen Kuss auf ihren Hals, knapp unter ihrem Ohr. Feyre lief ein Schauer über den Körper.
Schon wieder.
Verdammter Mann.
Konnte es sein, dass sie denselben Plan hatten? Das Vertrauen des anderen erlangen? Ihn umgarnen? Informationen sammeln und nutzen?

„Ich würde es dir so gut besorgen, kleine Feyre, dass du um den Wolf in deinem
Bett betteln würdest." Mit einem überheblichen Grinsen lehnte er sich zurück. Ihm waren die kleinen Reaktionen ihres Körpers nicht verborgen geblieben. Die Gänsehaut. Die verkleinerten Pupillen. Die raschere Atmung.

„Sag das nochmal und du findest meinen Fuß an einem Ort wieder, der für dich sehr viel unbequemer sein wird, als für mich." Schmunzelnd suchte er in ihrem Gesicht nach einem Lächeln, das die Schärfe aus ihren Worten nehmen würde. Je länger er jedoch in ihre vor Verachtung funkelnden, wunderschönen blauen Augen sah, desto mehr verblasste sein Lächeln, bis es vollständig erstarb.

Abrupt stand er auf und verließ die Terrasse in Richtung des Sees.

„Tu mir einen Gefallen", wisperte sie und bewegte ihn tatsächlich dazu sich noch einmal umzudrehen. Erwartungsvoll sah er sie an. „Wenn du jetzt wohin auch immer gehst, fahr anschließend zur Hölle."

Als er daraufhin einen Schritt auf sie zutrat, zuckte sie unwillkürlich zusammen, was ihn Schmunzeln ließ. So taff wie sie tat, war sie nicht. Er ging zu ihr zurück und vor ihr in die Hocke. Dann sah ihr in die Augen. „Das hier ist die Hölle, Feyre. Deine ganz persönliche Hölle." Bevor er aufstand, zwinkerte er ihr zu. „Und wie es sich für eine Hölle gehört, werden wir hier wieder andere Saiten aufziehen, wenn du mir nicht sagst, was ich wissen will." Der Kontrast zwischen seinem freundlichen Gesicht und der eisigen Kälte, die seine vor Verachtung triefende Stimme ihr über den Rücken laufen ließ, durchbrach - für sie völlig unverständlich - ihre Mauern und es gelang ihr nur mit großer Mühe die heißen Tränen zurückzuhalten, die überzuquellen drohten. „Sag mir wo die freien Wölfinnen sind, sag mir wie ihr euch organisiert. Sag mir alles." Seine Stimme war zu einem bedrohlich lautem Knurren angeschwollen. Soviel zu der Idee sie zu umgarnen.

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Sie sind sich endlich zum ersten Mal begegnet. ♥️

(Ja, ok zum zweiten Mal. Aber beim ersten Mal war Feyre bewusstlos, also zählt das nicht wirklich.)

Was meint ihr? Eindrücke? Wünsche?

Fighting Fate (Adventskalender 2020)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt