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Some things are destined to be,
it just takes us a couple of tries to get there.

-J.R. Ward

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Feyre saß einmal mehr auf der Terrasse vor Lorcans Haus und starrte hinaus auf das Wasser. Oberflächlich betrachtet war sie allein, aber sie wusste um die vielen Augen, die jede ihrer Bewegungen verfolgten. Sie sah aus dem Augenwinkel häufig Bewegungen, bildete sich ein den Hass physisch zu spüren, der ihr entgegenschlug immer wenn sie spazieren ging und tatsächlich auf ein Mitglied aus Lorcans Rudel traf.

Lorcan. Sie hatte ihn seit dem Moment in seinem Zimmer vor drei Tagen, als sie beinah eine Grenze überschritten hatten, nicht mehr gesehen. Natürlich hatte sie sich sein Vertrauen erarbeiten wollen, notfalls mit jedem Mittel. Aber in dem Zimmer, als er fast nackt vor ihr gestanden hatte, da hatte sie nicht rational gehandelt, da war nicht ihr Plan Motor ihrer Handlungen gewesen. Sie hatte ihn küssen wollen. Jeder Zentimeter ihrer Haut hatte nach seiner Zuwendung gelechzt.

Müde schüttelte sie über sich selbst den Kopf. Vermutlich hatten die Omega einmal zu viel, zu fest gegen ihren Kopf getreten oder aber ihr Körper sehnte sich so sehr nach Zärtlichkeit, weil er sie von Alexander gewohnt war und in den letzten Tagen nichts als Gewalt erfahren hatte. Konnte man süchtig nach Berührungen sein? Und gab es so was wie einen Entzug? Und wäre es einem egal, von wem die Berührungen kämen? Lorcan war ihr Feind. Feind jedes freien Wolfes auf der Welt. Wie hatte sie seinen Kuss sehnsüchtig erwarten können?

Die letzten Tage hatten sie abwechselnd Jorma oder Malea bewacht; sie hatten mit ihr gegessen, bei ihr gesessen, wenn sie las oder auf das Wasser starrte. Sie hatten gemeinsam gekocht, geplaudert, gelacht. Ein paar Mal hatte sie sich dabei erwischt, dass sich das Zusammenleben normal angefühlt hatte. Wie in einer WG. Sie hasste es sich das einzugestehen, aber sie mochte die beiden viel zu gut leiden. Jorma noch mehr, als die kleine Schwester, die unbedingt beweisen wollte wie brauchbar sie für ihre Brüder war. Sie fragte so viele Dinge, ließ nicht locker. Auf ihre Art war sie ebenso anstrengend wie ihr Bruder, der Alpha.

Warum guckst du so hasserfüllt auf das Wasser?", fragte Lorcan die junge Frau und schlenderte an ihr vorbei. „Was hat das Loch dir getan?"

Sie hatte ihn aus dem Haus kommen hören, wunderte sich aber, dass er tatsächlich mit ihr sprach und nicht wie so oft wortlos an ihr vorbei lief. Nachdem er sie nun tagelang ignoriert hatte, war sie aber neugierig, was er wollen könnte. Verflixter Kerl.
„Ich hasse nicht Loch Tanna, ich hasse dich."  Sie wollte wirklich nicht schmollen wie ein kleines Mädchen, aber ihr Ego war angekratzt und sie war des Wartens müde. Falls es das Ziel war sie zu Zermürben, dann war es ihm hervorragend gelungen.

„Wieso bloß? Ich bin wahnsinnig liebenswert, Kleines." Lächelnd setzte er sich zu ihr auf die Bank.

Statt einer Antwort zog sie die Brauen in die Höhe. Er überraschte sie, als er sich zu ihr beugte und mit seinem Daumen über ihre Stirn fuhr. „Runzel die Stirn nicht. Lächelnd gefällst du mir besser." Ihr geschundener Körper glühte unter der sanften Berührung. Es fehlte nicht viel und sie hätte ihr Gesicht in seine Handfläche geschmiegt. Wurde sie unter Drogen gesetzt? Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu. „Wer sagt denn, dass ich dir gefallen möchte?"

Er grinste sie an und legte dabei den Kopf schief. Dabei erinnerte er sie an den kleinen Jungen aus den Geschichten Jormas. Unwillkürlich erwiderte sie sein Lächeln.

„Wäre es nicht viel besser, wenn wir nicht mehr streiten? Ich weiß unser Start war beschissen und dass das meine Schuld war...", er schluckte, erstaunlicherweise erstickte er nicht an den Worten, „aber gib mir eine Chance dir zu zeigen, wie das Leben in einem
Rudel ist. Und gleich, beim Essen erzählst du mir, warum du dich an einen Menschen gebunden hast." Sie nickte überrascht. Eine große Wahl hatte sie vermutlich sowieso nicht. Die Alternative sah vermutlich die Beteiligung der Omegas vor. Wortlos starrte sie ihn an. Versuchte - natürlich erfolglos - seine Gedanken zu lesen. Sie starrte ihm in die blauen Augen, hoffend, dass seine Ziele sich irgendwie offenbaren würden.

Wo war der Haken? Er ließ sie verprügeln, gefangen nehmen, sperrte sie tagelang ein, ließ sie hinaus, umgarnte sie, machte sie heiß, ließ sie fallen, ignorierte sie und jetzt wollte er reden? Wer war er und mit wievielen Persönlichkeiten musste sie noch rechnen?

„Komm mit mir. Lauf ein paar Meilen in meinen Schuhen", er musste selbst über den Pathos schmunzeln. Dann stand er auf und streckte ihr die Hand entgegen.

Sie zögerte. Nichts und niemand würde sie davon überzeugen, dass es irgendetwas - wirklich irgendetwas - Gutes daran geben könnte, den freien Willen aufzugeben.
Aber er lächelte sie unschuldig an, streckte ihr seine warme, große Hand so auffordernd entgegen, dass sie ohne die Situation weiter zu zerdenken, ihre Hand hob.

Bevor sie es sich anders überlegen konnte, legte sie ihre schmale, helle Hand in seine.

Als ihre bloße Haut die Wärme Lorcans aufnahm, lief ihr ein wohliger Schauer über den Körper. Verunsichert ließ sie sich von ihm auf die Beine ziehen.

Sanft zog er sie an sich heran. Einen kurzen Augenblick stand ihr Körper an den seinen geschmiegt da. Lange genug, dass ihr verfluchter Geruch erneut seine Sinne durcheinander brachte und seine in den letzten drei Tagen mühsam und sorgfältig errichteten Mauern zerfielen augenblicklich zu Staub.

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Was hat Lorcan wohl vor? 🙃
Was bezweckt er?
Unternimmt er wirklich einen ernsthaften Versuch ihr zu zeigen, was das Rudelleben für einen Wolf birgt? Kann er je verzeihen können, dass ihre Großmutter seinen Großvater abgelehnt hat und er sich in der Folge das Leben nahm? Wieviel Buße muss sie für etwas tun, was außerhalb ihres Einflussbereichs lag?

Fighting Fate (Adventskalender 2020)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt