ROSA
„Die Welt ist voller Gefahren und während du hier drinnen sitzt und mit mir sprichts, hat sein Vater dein Haus und das deiner Freunde niederbrennen lassen. Du siehst also, wer dich beschützt und wer dich hintergeht."
***
Das Tropfen von Wasser lässt mich die Augen aufschlagen. Benommen liege ich auf einer Pritsche und fasse mir an den Kopf, doch der Schmerz kommt nicht davon, sondern von weiter unten. Meine Hand wandert über meinen Bauch bis zu meinem Oberschenkel, der schrecklich pocht. Mit den Fingern ertaste ich etwas, dass sich wie ein Verband anfühlt. Ich versuche zu schlucken, doch mein Mund fühlt sich so ausgetrocknet an, als wäre ich vierzig Jahre in der Wüste umhergeirrt.
Doch das bin ich nicht, oder?
Ich kneife mich in die Nasenwurzel und werde von einer Welle der Erinnerungen fortgespült. Sie dringen in mein Bewusstsein ein und werden zuerst in kleine Teile aufgespalten, die ich vorsichtig zu seinem ganzen Bild zusammensetze. Und dieses könnte nicht dunkler und gefährlicher sein.
Denn die Wunde an meinem Bein stammt von einer neun Millimeter Patrone, die aus Agents Gandias Waffe abgefeuert wurde. Ich sehe noch immer den verletzten Ausdruck in Guzmans Blick, als ich ihm gesagt habe, dass ich der Maulwurf bin und das ich diejenige war, die ihn und die Estrellas an die DEA verraten habe. Eine Bitterkeit breitet sich auf meiner Zunge aus; der Geschmack des Verrats.
„Sieh an, sieh an. Dornröschen ist aus ihrem Schönheitsschlaf aufgewacht", höre ich plötzlich eine Stimme. Ich drehe hektisch den Kopf nach links, was ich nicht hätte tun sollen, denn ein heftiger Schwindel erfasst mich, sodass ich die Augen schließen muss. Bewusst atme ich dagegen an und versuche mich zu beruhigen, was nicht funktioniert.
„Ist dir schwindelig? Möchtest du vielleicht etwas Wasser?"
Seine Stimme trieft vor Sarkasmus und ich weiß auch so, dass er mir keinen Schluck geben würde. Nicht, bevor ich auf den Knien darum bettle und soweit wird es nicht kommen. Ich werde mich ihm nicht beugen. Niemals!
Ich öffne die Augen und blicke in seine kaffeebraunen Augen, die mich verspotten. Gandia ist der Feind und ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Wieder denke ich an Guzman und daran, wie verletzt er war, als alles rauskam. Aber in gewisser Weise bin ich auch froh, dass es nicht mehr zwischen uns steht. Wenn es das überhaupt noch gibt, oder jemals gegeben hat.
„Jura hm? Wieso gerade dieses Studium?", reißt er mich aus meinen Gedanken. Er sitzt auf einem umgedrehten Metallstuhl, dessen rote Farbe an einigen Stellen bereits abblättert. Ich versuche mich aufzusetzen, doch die pulsierenden Schmerzen in meinem Bein hindern mich daran. So stütze ich meine Ellenbogen auf der dreckigen und versifften Matratze ab – die so dünn ist, dass ich darunter den Beton spüre – und versuche seiner Frage zu folgen, doch mein Schädel dröhnt schlimmer als nach einem Kater.
Ich habe Mühe mich zu konzentrieren und als ich mich bewege, ziehe ich scharf die Luft ein. Als könnte ich so den Schmerzen entgehen, doch das würde sich nur durch ein starkes Mittel ändern. Dass er mir aber nicht geben wird, genau wie etwas zu Essen oder zu Trinken. Denn er ist ein Sadist, ein Wahnsinniger, der es genießt anderen Angst zu bereiten und der sich daran ergötzt. Jedes Mal aufs Neue.
„So ein Schuss in den Oberschenkel tut verdammt weh. Nicht wahr?", spricht er weiter. Seine Stimme klingt wie das Zischen einer giftigen Schlange. Die jeder Zeit ihre Giftzähne in mein Fleisch schlagen würde, nur um mich spüren zu lassen, dass ich ihm ausgeliefert bin. Ich beiße die Zähne zusammen und schaue ihm weiterhin in sein Gesicht, das trotz seines eisigen Charakters verdammt sexy aussieht.
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Gangs of Sinaloa - Killing Love
ChickLitCuliacan, Mexico 2018 Die 22 jährige Rosa de la Cruz fährt zurück in ihre Heimat. Der Grund: Die Beerdigung ihres Grossvaters. Der das Oberhaupt einer der Bikergangs in Sinaloa war und dessen Tod ein grosses Loch in viele Herzen gerissen hat. So auc...