GUZMAN
„Er hat mir nicht gesagt, was los ist. Aber ich bin seine Frau, ich weiß, welche Geschäfte er tätigt."
***
Mit hämmerndem Kopf betrete ich die Villa meines Vaters, wappne mich auf eine heftige Auseinandersetzung, doch zu meiner eigenen Überraschung kommt mir Catalina entgegen.
Sie trägt eine modische Jogginghose und ein rosafarbenes Seidentop mit Spaghettiträger, den sie an Ort und Stelle schiebt, als sie vor mir stehen bleibt. Ich schaue an ihr vorbei, kann aber meinen Alten weder sehen, noch hören.
Wo er auch steckt, ich bin froh, dass ich ihn nicht sehen muss. Mein Blick fällt auf ihr schmales Gesicht, welches heute frei von Make-up, falschen Wimpern und anderen Dingen ist, die sie sich sonst hinklatscht.
In ihren braunen Augen kann ich sehen, dass sie sich Sorgen gemacht hat. Auf meinen Lippen will sich die Frage bilden, ob es was mit meinem Vater zu tun hat, doch als sie mich wortlos in den Arm nimmt und mich trotz ihrer zierlichen Statur fest an sich drückt, lasse ich es und erwidere die Umarmung – zum zweiten Mal an diesem Tag.
Ihr blumiges Parfüm hüllt mich ein und kitzelt mich in der Nase. Doch es riecht auch tröstlich, obwohl sie mich selten umarmt hat. Was vor allem daran lag, dass ich es nicht zugelassen hat. Woran das liegt, dass ich es heute kann, weiß sich nicht.
„Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht", flüstert sie erstickt und streichelt mir über den Rücken. Eine Flut an Emotionen überkommt mich und lässt mich zum ersten Mal zugeben, dass ich Angst hatte.
Nicht nur um mich, sondern auch um Rosa und was passiert, wenn wir geschnappt worden wären. Es ist, als würde mir durch Catalinas Worte offenbart, was ich wirklich empfunden habe, während das Adrenalin alles in mir überschattet hat.
„Wieso hast du dich nicht gemeldet?", fragt sie leise und löst sich nach einer Weile von mir, doch sie hält mich immer noch fest. Ihre schmalen Finger umschließen meinen tätowierten Unterarmmuskel, der sich sofort anspannt. Man kann sich eben nicht von jetzt auf gleich ändern.
Sie bemerkt es und zieht die gebräunte Stirn kraus, was einige tiefere Falten offenbart. Sie ist zwar ein aufgehübschtes Püppchen, aber dieses beschissene Nervengift hat sie sich nie spritzen lassen, weshalb man, wenn sie lacht oder über etwas nachdenkt auch erkennt, dass sie etwas älter ist.
„Ihr hattet Kontakt", schlussfolgert sie, als ich ihr nicht antworte. Ich mahle mit dem Kiefer und löse mich von ihr, reibe mir übers Gesicht und gehe ein paar Schritte. Sie trägt keine Schuhe, schießt es mir durch den Kopf, als ich höre, dass sie mir folgt. Sonst würde das Klackern ihrer Absätze durch die Räume hallen, was heute nicht der Fall ist.
„Wir hatten kurz telefoniert. Aber es überrascht mich nicht, dass er es dir nicht gesagt hat", sage ich und bleibe stehen. Trotz der fast zehn Stunden Schlaf fühle ich mich wie gerädert. Kein Wunder, wenn ich mich in nicht einmal einem Tag mehrfach zugedröhnt habe.
Als ich aufgewacht bin, hat mir Jesus mitgeteilt, dass Rosa weg ist. Zuerst war ich sauer, doch dann war ich sogar froh darüber. Nicht, weil ich sie nicht mehr sehen wollte, sondern, weil jedes Mal, wenn wir zusammen sind, ich mich wie ein anderer Mensch fühle, was nicht zwingend positiv gemeint ist.
Es ist schwer zu beschreiben, aber knapp ausgedrückt: In ihrer Gegenwart stelle ich mein ganzes Leben in Frage und weiß nicht, ob ich nicht etwas verpasst habe. Sicher, das Studium war nichts für mich, aber vielleicht hätte mich etwas anderes erfüllt, das ich niemals auf dem Schirm gehabt hätte. Ich will damit nicht sagen, dass die paar Tage mit ihr, mich völlig verändert haben, aber sie lässt mich an eine bessere Zukunft glauben. Ach keine Ahnung ...
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Gangs of Sinaloa - Killing Love
Chick-LitCuliacan, Mexico 2018 Die 22 jährige Rosa de la Cruz fährt zurück in ihre Heimat. Der Grund: Die Beerdigung ihres Grossvaters. Der das Oberhaupt einer der Bikergangs in Sinaloa war und dessen Tod ein grosses Loch in viele Herzen gerissen hat. So auc...