Verzweiflung in all ihren Facetten

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ROSA

„Mein Vater wird mich dafür lynchen! Einhundert Kilo bolivisches Koks sind weg! Futsch! Und das nur, weil ein Wichser aus meinen eigenen Reihen geplaudert hat."

***

Das Wasser prasselt über meinen Körper, während mich der Dampf schützend umhüllt. Mit den Händen wische ich mir das Gesicht frei und öffne die Augen. Das ich nach dieser Verfolgungsjagd noch lebe, grenzt an ein Wunder. 

Ich atme tief durch und versuche es auszublenden, doch mein Verstand ist in dieser Endlosschleife gefangen. Noch nie musste ich vor der Polizei fliehen, doch einmal ist immer das erste Mal. Oder? Obwohl ich der Grund für die Razzia der DEA bin. Ich könnte Gandia den Kopf abreißen, dass er mich in eine so brenzlige Situation gebracht hat. 

Und damit meine ich nicht einmal die halsbrecherische Raserei durch die Pampa, sondern viel mehr die, in der ich mich jetzt befinde. Wenn Guzman rauskriegt, dass ich der verfluchte Maulwurf bin, dann wird er kurzen Prozess mit mir machen. Ganz egal, was zwischen uns gelaufen ist. Er ist der Sohn eines Kartellchefs, Gnade walten würde nur bedeuten, dass mein Tod schmerzlos wäre. 

Die Aussicht auf ein frühzeitiges Ableben ist nicht gerade das, was ich mir vorgestellt habe. Ich muss irgendwie daraus kommen. Die Frage ist nur; wie? Bis ich darauf eine Antwort finde, schiebe ich den Gedanken zur Seite und versuche an nichts zu denken, was nicht möglich ist. Meine Muskeln entspannen sich durch die Wärme etwas, aber das hat nur zur Folge, dass meine Knie wie verrückt schlottern. 

Weshalb ich mich gegen die schwarzen Fliesen lehne und gegen den Kloss in meiner Kehle ankämpfe. Doch egal, wie sehr ich es versuche, er will nicht weggehen. Genau, wie die ständige Bedrohung in der ich mich seit meiner Ankunft vor einer Woche befinde. Wieso bin ich nicht gleich nach der Beerdigung meines Großvaters wieder zurückgeflogen. In den Staaten wartet nicht nur ein Job auf mich, auch so etwas wie eine Beziehung. 

Oder ist es dasselbe wie mit Guzman? 

Ficken und mehr nicht? Ich schüttle genervt den Kopf und spüre die Last auf meinen Schultern. Sie erdrückt mich fast, aber eben nicht ganz. Das ist das Problem damit, es braucht eine Menge, bis ein Mensch einknickt und sich totstellt. 

Wie viel, dass noch kommen muss, damit ich kapituliere, weiß ich nicht, aber ich habe auch keine Lust es herauszufinden. Keine Ahnung, wie lange ich hier schon unter der Dusche stehe. Aber Guzamans Freund sieht nicht gerade arm aus, was die Luxuseinrichtung schon bewiesen hat. Nur allein diese Dusche muss ein Vermögen wert sein. 

Außer die Armaturen sind bloß golden angesprüht worden, aber was geht das mich an. Wie es aussieht nutzt mein Gehirn jeden Blödsinn, um sich vor der Wahrheit zu drücken. Denn die könnte nicht nur für mich tödlich ausgehen. Mein Vater, genau wie die anderen Mitglieder der Estrellas sind in Gefahr, wenn herauskommt, dass ich ein doppeltes Spiel spiele. Vielleicht nicht von Guzman selbst, aber sicher von seinem Vater. 

Rodrigo Alvarez Davila ist kein Mann, der so etwas auf sich beruhen lässt. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Ich spüle mein Haar aus und widme mich danach meinem Körper. Der einige blaue Flecken von der Schießerei abbekommen hat und das sind nur die, die sich bereits verfärben. 

„Aua", flüstere ich, als ich die eine Stelle an meinem Unterarm berühre und verziehe das Gesicht vor Schmerz. Dort bin ich gegen die Motorhaube seines Jeeps geknallt, als ich gestolpert bin. Der Geruch von Vanille steigt mir in die Nase und trägt dazu bei, dass ich mich etwas beruhige. Aber die eiskalte Klaue der Angst, die sich um mein Herz gelegt hat, kann auch der intensivste Duft nicht lösen. 

Ich drehe das Wasser ab, schlinge mir ein graues Handtuch um den Körper und trete aus der Dusche. Kleine Tropfen perlen von meiner Haut und bilden auf dem warmen Boden eine kleine Lache. 

Gangs of Sinaloa - Killing LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt