Kapitel 6 - Meister und Schüler

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Er verfolgte seit zwei Tagen die Spur des Schiffes, welche Orb nach einigem Hin und Her und gemeinsam mit vielen Flüchen über die republikanische Technik gefunden hatte.
Der Planet war ihm gänzlich unbekannt, aber das wunderte Obi-Wan nicht. Anakin und Ahsoka hatten sich seit dem Ende der Klonkriege definitiv geändert.
Während der Kriege waren sie nur selten nicht auf dem Schlachtfeld oder in der Trainingsarena zu finden, doch nach den Erfahrungen und Erlebnissen war es vermutlich ihre einzige sinnvolle Option, sich erst einmal zurückzuziehen.

Als Obi-Wan aus dem Hyperraum zurück in die Unterlichtgeschwindigkeit sprang, sah er einen fast komplett in Grün getauchten Planeten.
Nur vereinzelt unterbrachen blaue Seen die fruchtbare Landschaft.
Da haben sie sich wirklich einen abgeschiedenen Ort ausgesucht, dachte sich Obi-Wan kurz, ehe er dem Signal zu seinem endgültigen Punkt folgte.
Er schloss die Augen und versuchte, Anakin oder Ahsoka durch die Macht zu erreichen.
Jede Minute würde jetzt zählen.

„Ahsoka", sagte Anakin leise, als er sah, dass die Togruta wieder zu Bewusstsein kam.
Nachdem sie ihm auf dem Feld mitgeteilt hatte, dass sie etwas Schreckliches durch die Macht spürte, konnte sie keinen Schritt weiter gehen. Es war, als hätten ihre Beine verlernt, sich zu bewegen.
Wenige Momente später brach sie dann in seinen Armen zusammen.
„Wie lange ...", begann sie zu fragen.
„Einen halben Tag", antwortete Anakin, noch immer sichtlich erleichtert, auf die nicht gestellte Frage. „Was hast du gesehen?"

Ahsoka versuchte krampfhaft, sich zu erinnern.
„Nichts. Ich spürte nur Verwüstung und Zerstörung. Doch in einem Ausmaß, das sogar noch den Moment damals übertraf, als du ..."
Sie wollte den Satz nicht beenden. Einige Male hatten sie gemeinsam über seine Entscheidung, sich dem Sith-Lord Sidious anzuschließen, gesprochen.
Als sie sah, wie er nachdenklich den Kopf von ihr abwandte, mit einem beschämten Gesichtsausdruck, wusste sie auch bereits, dass sie den Gedanken nicht weiter ausführen musste.

Es war ihm noch immer im höchsten Maße peinlich, über diese Epoche zu sprechen. Er, der Auserwählte, ließ sich aus Trauer um seine vermeintlich tote Liebe von Sidious und der dunklen Seite verführen.
Es blieb zwar anzumerken, dass niemand wusste, dass Ahsoka von den Toten zurückkehren sollte. Selbst Sidious hatte nicht damit gerechnet.
Dennoch ... selbst als sie wieder am Leben war, hatte er sie nicht gespürt. Hätte er ihr Band wieder rechtzeitig gefühlt, wären seine Gräueltaten im Tempel nie passiert.

Er schaute wieder zu Ahsoka, die mittlerweile besorgter aussah als er noch vor ein paar Minuten.
Um sie zu beruhigen, nahm er ihre Hand und legte seine Lippen auf diese. Er versuchte, optimistisch zu lächeln, mehr als gequält hochgezogene Mundwinkel brachte er allerdings nicht zustande.
Doch sie verstand, wie immer, wenn es um seine Gefühle ging.
Sie überwand die letzten Zentimeter und presste ihre Stirn an die seine. Sie fühlte seinen Puls und seine Sorge um sie war nahezu greifbar.
Genau jetzt brauchte er sie, also versuchte Ahsoka, sein Licht zu sein, welches ihn führen würde, um den Schatten in seinen Gedanken zu vertreiben.

„Danke, Snips", sagte er kurz darauf befreit.
Auch wenn sie seine Augen nicht sehen konnte, merkte sie, dass ihre Versuche, ihn nicht nur in der Gegenwart zu berühren, sondern auch in der Macht, wirksam waren.
„Gerne ... Skyguy."
Es gab eine Zeit, wo er den Spitznamen hasste, besonders wie sie ihn aussprach.
Doch so, wie sie diesen gerade betonte, fühlte es sich an, als ob sie seinen Geist mit ihrer Stimme streicheln wollte.
Als sich ihre Hände gerade ineinander falteten, wurden sie von einem Knall und einem herunterfahrenden Ionenantrieb unsanft aus ihren gemeinsamen Gedanken gerissen.

Vorsichtig begab Anakin sich zu einem der Fenster. Direkt vor dem Grundstück landete ein kleiner Jäger. Das untergehende Sonnenlicht wurde so stark von der Oberfläche reflektiert, sodass Anakin nicht erkennen konnte, zu wem das Schiff gehörte.
„Rex, wir haben Besuch", sagte er kurz und ernst in seinen Comlink.
„Ich verstehe. Ich mache mich sofort auf den Weg!"
Anakin deaktivierte den Kommunikator, ließ aber die Ortungsfunktion weiterhin aktiv. Nur eine kleine Vorsichtsmaßnahme, ehe er wusste, wer in dem Jäger saß.
Die Kanzel öffnete sich und heraus aus dem Jäger stieg eine Person, von der Anakin lange nicht mehr gehört hatte.

Obi-Wan sah sich um. Er hatte zwar das Schiff gefunden, doch bei dem gepflegten Zustand des Gartens bezweifelte er, dass Anakin hier tatsächlich wohnte.
Zu sehr hatte er noch immer das Chaos im Kopf, welches er fast jedes Mal in Anakins Quartier im Tempel vorgefunden hatte.
Aber Wesen änderten sich, und scheinbar war sogar Anakin davor nicht sicher.
Er ging durch den Vorgarten mit all seinen bunten Pflanzen und Kräutern und wollte gerade an der Holztür klopfen, als jemand diese von innen öffnete.

„Obi-Wan?"
Anakin war geschockt bei dem Anblick seines alten Meisters. Er wusste zwar, dass Ahsoka vor einiger Zeit noch häufiger mit Yoda gesprochen hatte, aber von Obi-Wan haben sie beide nicht mehr gehört, seit sie aus Coruscant abgereist waren.
„Obi-Wan", wiederholte Anakin, nachdem er seine Gedanken halbwegs sortiert hatte, „Ihr seht ..."
„Älter aus?", beendete dieser lächelnd Anakins Frage.
Anakin nickte nur und noch immer stand ihm der Mund vor Staunen offen.

Obi-Wan sah wahrlich älter aus. Auch wenn es nur fünf Standardjahre waren, seit sie sich trennten, hatte sein Meister nun nicht mehr nur an den Seiten erste silbrige Stellen, sondern sein gesamtes Haar hatte die Farbe verloren.
Verschmitzt breitete dieser die Arme aus.
„Ich vermute, dass du nicht für die Pflege des Gartens zuständig bist?"
Die Tür öffnete sich etwas weiter und das vor Freude strahlende Gesicht von Ahsoka schaute heraus. Sie riss die Tür nahezu aus den Angeln, als sie heraus sprang und Obi-Wan umarmte.
„Ahsoka, es ist mir eine Freude und ein Rätsel, dich zu sehen."

Überrascht schaute Ahsoka zu Obi-Wan.
„Wie meint Ihr das?", fragte sie diesen, welcher sofort lachend schnaubte.
„Ich freue mich, dich zu sehen, aber ich wundere mich tatsächlich, dass du es noch immer mit Anakin aushältst."
Sofort verschränkte Anakin die Arme vor seiner Brust und verdrehte die Augen.
„Sehr lustig", entgegnete er genervt.
Obi-Wan schaute von Ahsoka auf zu Anakin und wurde sofort ernst.
„Anakin, Ahsoka ... wir müssen reden. Dringend."

„Ich hoffe, die Anwesenheit eines Klons ist auch gestattet?", fragte Rex, der inzwischen grinsend hinter ihnen stand.
Obi-Wan drehte sich um und sah dem Klon erleichtert ins Gesicht.
„Natürlich. Dir steht der Ruhestand", sagte er, als er Rex' grauen Bart und die leichte Wölbung unter der Rüstung auf Bauchhöhe sah.
„Euch scheinbar nicht", prustete dieser und nickte.
„Also ... was ist geschehen?", fragte Anakin, als er sie alle hereinbat.

Wrath of the Empire - Skywalker Academy Part 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt