Kapitel 2 - Ein neues Leben

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Das Ziel vor Augen pirschte sich die Gestalt durch das hohe Gras immer näher heran.
Nicht mehr lange und es würde in ihrer Reichweite sein.
Das Rhono-Weibchen sah auf und schaute angespannt über die grünen Halme.
Sie roch zwar, dass sich hier Gefahr anbahnte, doch war es dem Tier nicht möglich, trotz der feinen Nase eine genaue Witterung aufzunehmen.
So stand es nur da und wandte den Kopf umher, um eine Richtung ausmachen zu können.

Die Gestalt legte sich langsam auf den Boden, spannte den Bogen und zielte. Es waren nunmehr kaum noch zwanzig Meter zwischen ihr und dem Rhono, welches nur hier auf diesem Planeten mit dem Namen Saamazaaru heimisch und als Köstlichkeit bekannt war.
Bald würde auch sie ihr Ziel treffen, um das Fleisch dann sowohl selber zu behalten als auch einen kleinen Teil weiter zu verkaufen.

Nur noch ein tiefer Atemzug trennte sie von der Beute.
Sie war bereit, die Sehne los und den Pfeil fliegen zu lassen.
„Was wird das, wenn es fertig ist?", fragte eine laute Stimme urplötzlich und ohne Vorwarnung hinter der Person.
Sofort drehte sich das Rhono um und setzte zur Flucht an.
Alles zunichtegemacht, die ganze Vorbereitung war fast umsonst. Dennoch traf der Pfeil sein Ziel und das Rhono stürzte zu Boden.

„Bei aller Liebe, aber musste das sein?", fragte der Schütze genervt, als dieser sich zu dem Ursprung der Stimme umdrehte.
„Wie hast du denn geplant, das Tier zum Haus zu bringen?", konterte diese.
„Du solltest so langsam wissen, dass ich stärker bin, als ich aussehe", sagte die am Boden liegende Gestalt.
„Aber ein Rhono-Weibchen mit über zweihundert Kilogramm Gewicht kannst auch du nicht heben."
Mit einem Handwink verlor die stehende Person den Halt unter den Füßen und landete schnaubend neben dem anderen Wesen im Gras.

„Danke für den Hinweis, Meister Skywalker", neckte Ahsoka ihn.
„Das war nicht fair, Ahsoka!", antwortete Anakin. „Ich war nicht vorbereitet."
Er zog sie zu sich heran und kitzelte sie an der Seite, was Ahsoka laut auflachen und sich krümmen ließ.
Erst als sie vor Lachen fast keine Luft mehr bekommen konnte, beendete er die wohlige Tortur und sah ihr ins Gesicht.
Vor ihm lag sein Anker, sein Licht. Die junge Togruta war nun fast vierundzwanzig Jahre alt und seit über fünf Jahren waren sie offiziell ein Paar.

Sie wussten zwar schon vorher, dass sie mehr füreinander empfanden, als es den Jedi erlaubt war, doch ausgerechnet der Kampf gegen die Sith bewies ihnen, dass ihre Gefühle echt waren.
Anakin senkte seinen Kopf langsam und legte seine Lippen auf ihre. Sanft sah sie ihn an und gab sich den Emotionen hin. Sie liebte ihn und er sie. Niemand würde dies je ändern können.

Ihre Zungen rangen gerade miteinander, als Anakin plötzlich leicht aufschrie und sich die Unterlippe hielt.
„Hey!"
Doch Ahsoka guckte ihn nur grinsend an. „Habe ich dir etwa wehgetan?", sagte sie mit einer gespielten Empörung.
„Was hatten wir darüber vereinbart?" Schmollend verschränkte Anakin die Arme vor seiner Brust. „Kein Einsatz deiner Montrals. Und. Keine. Reißzähne!"
„Das tut mir wirklich leid, Anakin", entgegnete Ahsoka noch immer belustigt. „Aber ab und an muss ich diesen evolutionären Vorteil doch mal ausnutzen."
Sie streckte ihm die Zunge heraus.

Gerade wollte Anakin sie wieder zu sich ziehen, als sie ein weiteres Rascheln im Gebüsch hörten, welches zu dem ehemaligen Captain Rex gehörte, der sich ihnen angeschlossen hatte.
„Ich störe eure kleine Einlage zwar nur ungern, aber ich dachte, es würde euch beide vielleicht interessieren ...", begann Rex und kratzte sich am Kopf. Inzwischen hatte er sich einen leicht grauen Bart zugelegt.
Sofort sprangen Ahsoka und Anakin auf ihre Beine. Sie würden später dort weitermachen, wo sie gerade unterbrochen wurden.
„Was ist so wichtig, dass du uns das nun unbedingt jetzt sagen musst?", zwinkerte Anakin theatralisch genervt dem Klon zu.
„Naja, ich dachte vielleicht, dass es euch interessieren würde ..." Er zeigte auf die Stelle, wo einst das geschossene Rhono lag. „... dass unser Abendessen gerade wieder davongelaufen ist."

Ahsoka schaute dem fliehenden Tier nur frustriert hinterher.
Dann sah sie zu Anakin. „Das ist alles nur deine Schuld!"
Der hob jedoch nur schulterzuckend seine Arme. „Du hättest mich ja spüren können. Dann hätte ich dich auch nicht erschreckt."
Er hatte recht, sie hätte die Macht nutzen können. Doch seit sie vor fünf Jahren Coruscant verließen, haben sie sich geschworen, für eine Weile nur noch selten die Macht einzusetzen.

Hier auf diesem Planeten fiel ihnen das auch nicht schwer. Lichtjahre entfernt von einer technologisierten Zivilisation beschränkte man sich auf diesem Planeten nur auf die Dinge, welche einem die Natur gab. Holz, Felle und Stein waren hier die Materialien, aus denen die Häuser gebaut wurden. Das war es.
Man handelte mit eigenen angebauten Früchten und Gemüsearten, Fleisch und anderen Dingen, die einem zuvor auf der Jagd in die Finger kamen.

Diese Welt war grundweg friedlich. Man sagte, dass die Ureinwohner dieses Planeten, die Toru, ferne Verwandte der endorianischen Ewoks seien. Sie sahen den kleinen pelzigen Gesellen auch ähnlich, waren jedoch wesentlich größer und an die Eigenschaften der Flora des Planeten angepasst. Sie beherrschten nur rudimentäre Wortfetzen von Basic, da schlicht zu selten ein Reisender bei ihnen vorbeikam, aber Anakin, Ahsoka und Rex konnten sich bislang immer halbwegs gut mit den Toru verständigen.

„Also gibt es heute Abend wieder nur die Beeren und diese wundervoll schmeckende Grasmilch ...", sagte Rex sichtlich angewidert, was Anakin fast lachen ließ. Er stellte sich nur zwischen die beiden und schaute dem Treiben amüsiert zu.
„Ach Rex, sage mir nicht, dass dir etwas weniger Fleisch nicht gut tun würde ...", zwinkerte sie dem Klon zu.
Sie hatte recht, dachte sich Anakin. Rex hatte wirklich etwas zugelegt, seit er hier lebte. Etwas weniger Fett würde ihm sicher nicht schaden.
„Ja schon ...", stammelte Rex betroffen. „Aber ich bin nun mal nicht so genügsam wie du, Ahsoka."

Jetzt musste Anakin wahrlich lachen.
„Ahsoka und genügsam? Rex, als du letztens die Gegend unsicher gemacht hast und wir alleine essen mussten, hat sie mir fast die Haare vom Kopf gefressen!"
Er ging zu ihr und zeigte auf ihren Bauch. „Dieses Mädchen hier hat einen größeren Magen als ein Sarlacc!"
Ehe Anakin sich versah, landete er durch Ahsoka wieder unsanft auf dem Boden.
Sie sahen sich kurz an und mussten alle lachen.
Das hier war endlich der Frieden, den sie sich alle verdient hatten.

Der Abend brach schneller herein als erwartet. Auch wenn sie schon seit fünf Jahren hier lebten, so war es immer noch schwierig für sie, sich an die schnellere Rotation des Planeten anzupassen. Ein Tag hier war nur etwas mehr als halb so lang wie ein Standardtag auf Coruscant.
Das machte den ehemaligen Jedi zwar nichts aus, viel Schlaf brauchten sie nicht. Doch die nächtlichen Gefahren der weiten Wiesen und Graslande waren nicht zu unterschätzen. Daher zogen sie sich bei Anbruch des Sonnenuntergangs zurück in die geschützte Siedlung, wo Anakins und Ahsokas Haus direkt am Rand stand.

Rex hatte sich auf der anderen Seite des Dorfes eine kleine Hütte gebaut. Natürlich mithilfe der Toru, denen er kurz vorher ein paar grundlegende Selbstverteidigungstaktiken gezeigt hatte.
Er war einfach noch immer ein Soldat und konnte nicht ohne weiteres aufhören, seinem Lebenszweck nachzugehen.
Doch wie fast jeden Abend saß er bei Ahsoka und Anakin.
Oft redeten sie über die Geschichten, die sie gemeinsam erlebt hatten und manchmal starrten sie auch nur nach oben in den Himmel, wo je nach Wetterlage sogar die Polarlichter tanzten.
Auch dieser Abend verlief so, doch durch das fehlende Essen zogen sie sich recht schnell in ihre Hütten zurück.
Sie planten, das Rhono-Weibchen gemeinsam am nächsten Tag zu suchen, damit ihre Mägen endlich wieder Ruhe gaben.

Wrath of the Empire - Skywalker Academy Part 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt