Abgehetzt stürmte Elisabeth in die Mensa. Es war jeden Mittag das gleiche: Wer eine Zehn-Uhr-Vorlesung hatte, musste um zwölf die Beine in die Hand nehmen, um noch einen Tisch abzubekommen. Obwohl freitags deutlich weniger Lehrveranstaltungen als üblich stattfanden – fast so, als wären Dozenten auch nur normale Menschen, die früh ins Wochenende wollten – war der Andrang trotzdem hoch. Heute hatte sie den Kürzeren gezogen und war von Anke und Peter auserwählt worden, ihnen einen Tisch zu reservieren.
Schwungvoll stellte sie ihre Tasche auf dem ersten freien Tisch, den sie sah, drapierte ihren Mantel über einem der Stühle und setzte sich dann auf einen anderen. Selbst mit so offensichtlichen Zeichen musste man noch auf der Hut sein, dass nicht irgendein anderer Student ungefragt einen Stuhl klaute oder sich gar dazu setzte.
Während sie auf ihre beiden Freunde wartete, holte sie ihr Handy hervor. Zu viele Benachrichtigungen warteten auf sie. Seufzend öffnete sie ihren Messenger, wo ihr der Name von Mutter Gina aufgefallen war. Die Clubchefin schrieb nie, wenn es nicht wichtig war.
»Kannst du heute eine halbe Stunde früher kommen?«
Stirnrunzelnd blicke Lily auf die Nachricht. Keine Begründung, keine Erklärung, nur diese simple Bitte. Sie konnte sich nicht helfen, es fühlte sich seltsam an. Da sie jedoch keine anderweitigen Verpflichtungen hatte, zuckte sie schließlich mit den Schultern und tippte ihre Antwort ein.
»Klar, bin um halb neun da.«
Nachdem sie gleich drei Studenten hatte abwimmeln müssen, die unbedingt einen Stuhl von dem Tisch klauen wollten, kamen Anke und Peter endlich auch an. Mit einem theatralischen Seufzen ließ ihre beste Freundin sich auf den Stuhl plumpsen, auf dem Elisabeth ihren Mantel gelegt hatte, während Peter ihnen gegenüber Platz nahm.
»Ehrlich, warum besteht unser Prof darauf, am Freitag so viel Stoff in eine Vorlesung zu packen? Bei mir stehen schon alle Schalter auf Wochenende!«, beschwerte Anke sich, während sie ihre langen glatten Haare in einen Zopf flocht.
»Ich hab lieber heute viel Stoff als am Montag«, kommentierte Elisabeth mit einem Schulterzucken. »Montage gehören für mich abgeschafft. Lieber lerne ich am Freitag hart, als dass ich am Samstag und Sonntag die ganze Zeit daran denken muss, dass ich Montag acht Stunden auf dem Campus hängen muss.«
»Du musst lernen, am Wochenende abzuschalten«, mischte sich Peter ein, der immer noch damit rang, sich im Sitzen seinen Mantel auszuziehen. Als er sich endlich aus dem zweiten Ärmel gekämpft hatte, leuchteten seine Wangen verräterisch rot, doch Lily ließ es unkommentiert. Er richtete sein Haar und fuhr fort: »Wenn du auch am Wochenende nur an die Uni denkst, machst du ja nie Pause. Das ist nicht gesund.«
Lachend schlug sie nach ihm. »Danke, Mama, da wäre ich alleine nie drauf gekommen.«
»Apropos Abschalten!« Anke richtete sich plötzlich wieder energiegeladen auf. »Kommst du heute zur Party?«
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Ensnared
RomanceDie Poledancerin und der Gangster. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt im Studium mit Poledance in einem Hamburger Club. Er arbeitet für die Mafia und hat große Pläne für die Organisation, der er sein Leben zu verdanken hat. Während Alexander zu...