32. Kapitel

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      Damian kratzte sich am Nacken, als ich das Zimmer betrat. Cas schloss die Tür hinter mir und seine Schritte entfernten sich. Der Damian, den ich dort vor mir sah, hatte nichts mehr mit dem Damian gemeinsam, den ich von vor einer Woche noch kannte. Der Damian sah mich nicht mehr so gierig an, schenkte mir ein eher schüchternes Lächeln und wirkte müde. Das hatte alles zu seiner Masche gehört. Das alles. Um meine Aufmerksamkeit buhlen, aber gleichzeitig sich um andere Frauen kümmern.
       So kam es mir zumindest vor. Denn der Damian, der jetzt vor stand, wirkte wie ein anständiger Mann. Natürlich war ein Teil in mir vorsichtig und eher zurückhaltend, was das betraf. Er konnte schließlich auch ein Mann sein, dem man nicht trauen konnte. Alles konnte möglich sein. Jedenfalls in dieser Hinsicht. Er holte einmal tief Luft und kratzte sich dabei weiter am Nacken. Sein Arm war bandagiert und er wirkte müde. Doch er schenkte mir dennoch ein Lächeln. »Ich weiß, dass du vielleicht zwiespältige Gefühle hast, wenn du mich siehst, aber ich schwöre, dass das, was ich dir angetan habe, gespielt war. Ich durchschaute das Spiel deiner Mutter schnell und schwor mir, mitzuspielen, um sie dann zu verraten. Dazu gehörte auch, dir schöne Augen zu machen und immer um dich zu buhlen. Tut mir leid, wenn ich mich dabei wie das letzte Arschloch benommen haben.«
       Seine Worte löschten nicht jeden Zweifel in mir aus, dazu hatte es in den letzten Tagen zu viele Überraschungen und Wendungen auf einmal gegeben, doch in seinen Augen lag die Aufrichtigkeit, die auch in seinen Worten mitschwang. Ich glaubte ihm. Fürs Erste. Ob er es auch wirklich so meinte, würde sich in den nächsten Tagen zeigen. »Also es ist so, dass nie so ein Arsch zu dir sein wollte. Wirklich nicht, Covina. Es passte nur zu meiner Tarnung.« Wieder nickte ich. Es ergab Sinn. Wirklich Sinn.
      »Ist okay. Irgendwie, schätze ich. Du hast es ja wieder gut gemacht.« er nickte und wirkte erleichtert. »Ich wollte es nur loswerden, bevor ich wieder gehe. Ich wollte nur, dass du weißt, dass es mir schrecklich leidtut, wie ich zu dir war. Das war nicht sehr nett von mir. Überhaupt nicht nett.« Ich nickte, dann stutzte ich. »Du gehst?« Damian nickte. »Ja, ich gehe. Jemand muss ja nach Falana zurück. Das du es nicht kannst, ist mir klar, aber jemand muss für Ordnung sorgen. Sonst machen die dort noch Dinge, die nicht so toll sind. Wie gesagt. Ich wollte mich nur entschuldigen für mein Verhalten.« Er kratzte sich wieder am Nacken und biss sich sogar unsicher auf die Lippe.
      Das schien ihn mehr als zu beschäftigen. Aber wer konnte es ihm verübeln. Dennoch erinnerten mich seine Worte daran, dass ich eine Verpflichtung hatte. Gegenüber Falana. Dem Volk. Meinem Vater. Allen dort. »Was... was wirst du ihnen sagen? Dass ich unsere Leute getötet habe?« Ich schluckte und eisige Kälte machte sich in mir breit. Mir war so kalt wie noch nie. So unendlich kalt. »Dann müsste ich sagen, dass ich die Königin gestürzt habe. Das werde ich auch tun. Ja, wir haben beide Leute getötet, die zu uns gehörten aber du hast, so wie ich, versucht die Drachen zu retten. Daran ist nichts falsch, Covina. Wir wollten nur dafür sorgen, dass die Drachen nicht ausgerottet werden.«
       Seine Worte beruhigten mich etwas und dennoch wurde ich mir meiner Schuld wieder mehr als bewusst. Schließlich hatte ich sie getötet. Ihr Blut klebte an meinen Händen. Nachdem Damian und ich uns noch weiter unterhalten hatten, wo er mir auch versichert hatte, dass ich immer ein Platz in Falana haben würde und dass die Leute mich dennoch lieben würden, wenn sie endlich die Wahrheit sahen, verabschiedeten wir uns. Der Abschied war ein sanfter Händedruck, der sich komisch anfühlte. Damian schenkte mir noch einmal ein kurzes Lächeln, bevor er verschwand.
       Nachdem ich ihm so lange nachgesehen hatte, bis er um die Ecke gebogen war, machte ich mich auf die Suche nach Cas. Meine Füße trugen mich automatisch in die Richtung des großen Saales, doch dort hörte ich seine Stimme nicht. Also lief ich weiter und weiter. Dann hörte ich seine Stimme. Leise. Er flüsterte und doch hörte ich ihn. Er schien nicht mehr so weit weg zu sein. Instinktiv ließ ich mich von meinen verstärkten Sinnen leiten und ging in die Richtung, aus der seine Stimme kam. Seine Worte wurden mit jedem Schritt deutlicher. Als ich erkannte, was er sagte, hielt ich inne.
       »Ich möchte dir eigentlich den Kopf dafür abreißen, dass du gestorben bist. Ich bin wütend auf dich. Auf der anderen Seite... auf der anderen Seite kann ich dir nicht genug danken, dass du mein Drachenherz gerettet hast. Ich verstehe, warum du das getan hast. Du wolltest mich nicht noch mehr leiden sehen. Die Jahre in denen du mich leiden hast sehen waren sicher nicht leicht für dich. Und doch... ich leide trotzdem. Du bist fort und auch Howlan, Wren und Nila leiden. Besonders aber leidet Covina. Ich denke sie wird nicht so schnell darüber hinwegkommen. Besonders nicht, da du in ihren Armen gestorben bist. Es wird sie immer verfolgen. Also eigentlich hast du ein großes Loch zurückgelassen, du Idiot. Du warst niemals unentbärlich und auch als du gesagt hast, dass es okay sei... es ist nicht okay, Fero. Es ist nicht okay.«
       Cas' Stimme brach und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. So hatte ich ihn noch nie gehört. Seine sonst so starke Stimme war brüchig und der Schmerz in seiner Stimme war so real, so greifbar, dass ich einen Moment lang glaubte, sein Schmerz würde in mich übergehen. Ich spürte ihn in jeder Pore meines Körpers, in jeder Zelle. Er schnürte mir die Kehle zu und mein Herz krampfte sich zusammen. Tränen stiegen in meinen Augen auf. »Du wirst immer ein Teil von uns sein. Aber wenn wir uns eines Tages widersehen, mein Freund, dann werde ich dir erzählen, was du verpasst hast. Ich werde dir sagen wofür du gestorben bist. Denn jetzt macht die Welt oder dieser Kontinent einen Schritt in die richtige Richtung. In eine bessere Welt. Und wenn wir uns dann sehen, berichte ich dir davon. Aber erst möchte ich die Jahre mit meiner Gefährtin auskosten. Deswegen dauert es noch, bis wir uns sehen.«
       Seine letzten Worte brachten die Tränen zum Fließen. Langsam lief ich weiter und stand dann im Türrahmen zu Feros Zimmer, der auf seinem Bett lag. Sein Hals war bandagiert und man hatte ihn in frische Kleidung gepackt. Er sah sauber aus. Fast, als würde er nur schlafen. Schniefend lehnte ich mich an den Türrahmen, um Halt zu finden. Cas wusste, das ich da war. Er hatte mich schon lange gehört. Das wusste ich. Er blickte auf und sah mich an. Tränen glitzerten in seinen Augen, doch auf seinen Lippen lag ein kleines Lächeln. »Ich glaube sie ist auch hier, um sich zu verabschieden.« Noch mehr Tränen liefen meine Wangen hinab und der Schmerz in mir wurde stärker.
      Cas lief zu mir und strich mit dem Daumen über meine Wange. »Soll ich dich allein mit ihm lassen?« Ich schüttelte den Kopf und nahm seine Hand. Ein neuer Halt, den ich brauchte. Meine Beine waren wackelig und ich hatte das Gefühl jeden Moment zu fallen. Fero da liegen zu sehen... es war schrecklich. Er sah so friedlich aus. Das er so aussah, als würde er schlafen, machte die Sache nicht besser. Seine roten Haare glänzten im Licht der Sonne, seine Lippen schienen zu einem Lächeln verzogen zu sein, was aber eher eine Täuschung sein musste und alles in allem sah es nur so aus, als würde er schlafen. Ein törichter Teil in mir hoffte, dass er einfach aufwachte und das alles nur ein blöder Witz war.
       Doch natürlich war es kein Witz. Er war wirklich tot, egal was ich mir einzureden versuchte. Mit zittrigen Schritten lief ich auf ihn zu und hielt Cas' Hand dabei fest umklammert. »Auf der einen Seite bin ich dir so dankbar auf der anderen Seite möchte ich dich verfluchen. Alle hier vermissen dich und ich... ich wünschte du wärst noch am Leben, um das hier zu sehen. Ich wünschte du könntest sehen, in welche Richtung wir uns bewegen, Fero. Ich wünschte du...« Meine Stimme brach und noch mehr Tränen liefen meine Wangen hinab. Cas drückte meine Hand. Eine stumme Geste, die ich zu schätzen wusste. »Ich wünschte du und ich hätten mehr Zeit gehabt. Ich bin sicher, wir wären gute Freunde geworden. Es tut mir so leid, Fero.«
       Eine Weile standen Cas und ich Hand in Hand an seinem Totenbett und sahen auf ihn herab, dann führte Cas mich sanft heraus, als ich ihm versicherte, dass ich mich jetzt verabschiedet hatte. Jeder Schritt war schwer, doch es tat gut, diese Worte losgeworden zu sein. Es tat gut sie mir von der Seele gesprochen zu haben. Es war eine kleine Erleichterung. Wenn auch nur eine kleine. Cas führte mich weiter. Immer weiter. Bis zu meinem Zimmer. Mir fiel auf, dass wir nie in seins gingen, aber ich fragte nicht, warum wir das nicht taten.
        Stattdessen ließ ich es geschehen. Eine Weile saßen wir schweigend auf dem Bett und sahen zu, wie die Sonne weiter über den Himmel wanderte. Ich fühlte neue Energie durch meinen Körper wandern. Sie war so real, dass ich für einen Moment staunte. Diese frische Energie erweckte den Feuerdrachen in mir, der zuvor noch geschlummert hatte. Doch er schien zu beschließen, dass er weiter schlummern konnte.
        Neue Lebensenergie floss durch mich hindurch, konnte aber das Loch in meiner Brust nicht schließen. Vermutlich würde es nie geschlossen werden. Es würde immer da bleiben, weil Fero nicht mehr war. Auch, wenn wir uns nicht lange gekannt hatten, hatte ich viel von ihm gelernt, was das Bogenschießen betraf. Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt. Cas musste aber vermutlich etwas mehr leiden als ich. So sah es jedenfalls aus. Wir schwiegen eine ganze Weile vor uns hin. »Denkst du, dass deine Mutter zur Vernunft kommen wird?«, fragte Cas mich aus heiterem Himmel und durchbrach damit die wohltuende Stille zwischen uns.
       Seine Frage warf mich für einen Moment aus der Bahn, denn ich im ersten Moment konnte ich sie nicht beantworten. Auch in der nächsten Sekunde fiel mir noch immer keine Antwort ein. Es war... na ja... unmöglich das vorherzusehen. Meine Erzeugerin konnte sehr... schlau sein und gerissen. Im einen Moment tat sie so, als würde sie dich lieben, im nächsten Moment rammte sie dir ein Messer in den Rücken. »Ich weiß nicht, Cas. Sie ist... undurchschaubar. Ich denke schon, dass sie meinen Vater geliebt hat. Es ist unmöglich das nicht zu tun. Aber ob es ausreicht um sie zur Vernunft zu bringen weiß ich nicht.« Dabei war es auch nur eine Hoffnung, dass sie meinen Vater liebte. Das vorhin war reine Vermutung gewesen und doch schien ich ins Schwarze getroffen zu haben.
       Sie liebte ihn. »Ja, in manchen Fällen reicht Liebe manchmal nicht aus. Aber wir sollten das Beste hoffen«, meinte Cas und strich über meinen Rücken. Langsam drehte ich meinen Kopf zu ihm und sah ihn an. Sein Blick war dunkler als sonst. »Du möchtest nicht, dass ich ihr verzeihe, oder?«, hakte ich nach. Ertappt senkte er für einen Moment den Blick. »Fero und viele andere sind wegen ihr gestorben. Wegen ihrem dummen Plan. Greift sie einen an, greift sie in meinen Augen alle an. Als sie gegen mich gekämpft hat, hätte sie nicht gezögert mich zu töten, obwohl sie wusste, wer ich für dich war. Sie wusste, dass du mich liebst. Sie wusste, dass du leiden würdest, doch es war ihr egal. Tut mir leid, wenn ich da nicht ganz so freundlich gesinnt sein kann. Ich gebe mir Mühe meine Wut nach hinten zu stellen, schließlich ist sie deine Mutter, aber ich will sie nicht wirklich hier haben.«
       Automatisch nahm ich seine Hand und drückte. Unsicher sah Cas auf und musterte mich. »Das ist schon okay, Cas. Es ist verständlich, dass du wütend bist. Ich bin es auch. Aber mit Wut zu handeln hat noch niemanden geholfen. Man braucht einen klaren Kopf. Deswegen danke ich dir, dass sie noch hier ist, damit ich mir Gedanken darüber machen kann, was alles so passieren sollte. Ich hoffe einfach, dass sie zur Besinnung kommt.« Denn nur so konnte gewährleistet werden, dass mein Vater aus dem Bann erwachen würde und das keiner von beiden sterben musste. Doch im nächsten Moment wurden meine Hoffnungen zerstört, als Howlan die Tür aufriss, seine Augen geweitet, seine Atmung flach. Sein Gesicht bleich.
      Sein Blick flirrte unsicher zwischen Cas und mir hin und her. »Deine Mutter... sie...« Er versuchte die Worte zu finden. Angst kroch in mir nach oben und verteilte sich in meinem ganzen Körper. Die Angst übernahm die Steuerung meines Körpers und ich spürte, wie ich zu einer Salzsäule erstarrte. Cas neben mir spannte sich an. »Was ist mit ihr? Ist sie entkommen?« Die war Panik in seiner Stimme. Howlan schüttelte den Kopf. »Nein sie... sie hat sich... um... umgebracht.« Bei seinen Worten erstarrte erst alles in mir zu Eis. Es dauerte eine Weile, bis ich die Worte verstand, die aus seinem Mund gekommen waren. Es dauerte, bis ich begriff, was sie bedeuteten.
        Als sie mir klar wurden, schnappte ich nach Luft und spürte, wie Schmerzen wie eine Flutwelle über mich strömten. Das hatte ich nicht... gehofft. Ich hatte irgendwie gehofft... eine Familie haben zu können. Für immer. Mit beiden. Ohne dass jemand log. Ohne dass wir denken mussten, dass der andere einen verriet. »Wie hat sie das bitte geschafft?« Cas stimme war angespannt und voller Zorn. Sein linker Arm schlang sich um mich. Mit aller Kraft versuchte er mich daran zu hindern, zu zerbrechen. Ohne großen Erfolg, denn ein Teil in mir hatte sich Hoffnungen gemacht.
       Große Hoffnungen. Eine Hoffnung auf eine Familie. Ich hatte nur meine Mutter wieder gewollt. »Sie hat es irgendwie geschafft einen Wächter davon zu überzeugen zu ihr zu kommen. Dann hat sie es irgendwie geschafft ihm das Schwert zu nehmen. Wie sie das geschafft hat wissen wir nicht, da der Wächter bewusstlos ist. Sie hat sich erstochen und-« Seine Worte gingen in einem lauten Piepen in meinen Ohren unter. Obwohl ich saß fühlte es sich an als würde ich fallen. Als würde ich tief fallen. So tief. Immer tiefer und tiefer.
       In ein schwarzes Loch, dass keinen Abgrund hatte. Immer weiter und weiter. Tot. Sie war tot. Einfach so. Ich sah sicher wie eine Leiche aus, doch ich konnte nicht anders als immer wieder zu fallen und zu fallen. Immer weiter. Die Dunkelheit umfing mich und ich wollte mich einfach nur fallen lassen. Nur Cas starker Arm der um mich geschlungen war hielt mich davon ab, ganz der Realität zu entkommen. Er hielt mich davon ab ganz zu fallen. Er gab mir Halt. Er war kein Anker, der mich in dieser Welt festhielt. In der bitteren Realität. Ich bekam nicht viel mit. Als ich wieder zu Sinnen kam, war ich mit Cas allein.
      Die Tür geschlossen. Cas sah mich an. Liebe und Zuneigung in seinen Augen. Ich blinzelte. Die Welt drehte sich noch immer und ich hatte noch immer das Gefühl zu fallen. Immer weiter und weiter. Cas zog mich an seine Brust. In dem Moment brach diese Leere in mir und ich spürte wie der Schmerz mich überflutete. Hemmungslos begann ich zu schluchzen und krallte mich an ihm fest. Cas hielt mich, beschwerte sich nicht, dass sein Hemd nass wurde und beschwerte sich auch nicht, dass er durch mein lautes Schluchzen sicher Kopfweh bekam. Er hielt mich einfach nur fest, strich mir über den Rücken. Er sagte mir nicht, dass alles gut werden würde.
       Stattdessen wisperte er: »Ich bin immer für dich da. Ich werde immer da sein um dich aufzufangen wenn du fällst.« Seine Worte gaben mir die Kraft, die ich in diesem Moment brauchte. Er hielt mich fest, damit ich nicht fiel. Er war für mich da. Ich krallte mich an ihn. An meinen Fels in der Brandung, damit ich nicht in den Fluten meines Schmerzes ertrank. Damit ich nicht unterging. Cas strich mir weiter über den Rücken, hielt mich fest und sorgte dafür, dass ich nicht ganz zerbrach. Das einzig Positive war, dass Dad so aus dem Bann erwachen würde.
      Doch das war nur ein kleiner Trost. »Ich habe...« Ich schniefte und versuchte nicht nasal zu sprechen, da meine Nase sich schloss. »Ich habe auf eine Familie gehofft. Ich hatte gehofft, es könnte so werden wie früher. Schön und echt diesmal.« Ich weinte weiter, während meine Nase begann zu laufen. Ich schniefte und schniefte, um den Rotz davon abzuhalten auf sein Leinenhemd zu gelangen. Doch es gelang mir nicht wirklich. Cas schien das aber nicht zu stören, denn als ich mich lösen wollte, presste er mich nur fester an sich heran und strich weiter über meinen Rücken.
       Wie lange ich in seinen Armen weinte wusste ich nicht. Doch als der Schmerz in meinem Unterleib größer wurde, torkelte ich ins Bad, um mir neue Leinen zu holen. Nachdem ich mich gesäubert hatte und frische Leinen trug, schlurfte ich zu Cas zurück. Diesmal weinte ich nicht mehr, doch ich krallte mich weiter an ihn. Wie viel Zeit verging wusste ich nicht. Die Sonne ging unter, als ich langsam zur Besinnung kam. Dennoch fühlte ich mich noch immer leer. Es war naiv gewesen zu glauben, dass wir eine Familie haben könnten. Ich war so naiv gewesen zu denken, dass wir es schaffen könnten.
       Jetzt wurde mir klar, dass das nur dumme Gedanken eines Mädchens gewesen waren, dass sich von der Hoffnung hatte blenden lassen. Mir wurde schwummrig und dennoch fasste ich einen Entschluss. Abschied. Wenn ich überleben wollte, musste ich mich verabschieden und Lebewohl sagen, damit das ein für alle mal hinter mir lag. Das blieb mir übrig. Das konnte ich tun. »Ich möchte mich von ihr verabschieden.« Cas hielt inne und löste mich etwas von sich. Forschend sah er mich an. Als er aber verstand, dass ich es ernst meinte, nickte er.

Dragon Heart ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt