33. Kapitel

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     Der Geruch von Blut, Staub und Moder beherrschte die Luft. Der metallische Geruch von Blut lag mir auf der Zunge und im ersten Moment wollte ich die Nase rümpfen und wieder gehen, doch ich lief weiter. Meine Beine zitterten und drohten jeden Moment unter meinem Gewicht nachzugeben. Cas war an meiner Seite. Begleitete mich. Er wusste, dass ich seine Nähe brauchte. Seine Unterstützung. Und obwohl seine Unterstützung darin bestand mich zu halten und nichts zu sagen, reichte mir das aus.
      Es kam mir vor, als hätte ich meine Mutter zuletzt vor Jahren gesehen, obwohl ich sie erst vor einer guten Stunde gesehen hatte. Mit einmal mal wurde mir wieder klar, dass eine Stunde alles ändern konnte. Selbst eine Sekunde konnte alles ändern. Meine Worte hatten nicht gerade das bewirkt, was ich gewollt hatte. Jetzt verfluchte ich mich innerlich dafür sie gesagt zu haben. Vielleicht hätte ich etwas anderes sagen sollen. Mir darüber aber jetzt noch Gedanken zu machen, brachte nichts.
      Es bringt nichts, sagte ich mir. Sie ist tot. Sie hat sich umgebracht und ich kann nichts tun, um das rückgängig zu machen. Stattdessen kamen wir bei ihrer Zelle an. Der Boden war voller Blut, ihr ganzer Körper lag in der Blutlarche, die aus ihrem Bauch gekommen war. Das Schwert steckte sehr weit in ihrem Körper. Tränen stiegen erneut in meinen Augen. Langsam schritt ich auf die Zelle zu. Niemand war hier, da Cas es ihnen gesagt hatte. Es schien noch so viele Frage zu geben, doch sie würden warten, bis ich fertig war. Es war angenehm. Sehr angenehm. Ich holte tief Luft und trat an die Zelle. Cas ließ meine Hand los und verschwand im Gang durch die schwere Holztür, die in einen anderen Gang zu führen schien.
       Langsam trat ich durch die offene Tür hinein in die Zelle. Fast erwartete ich, dass das nur einer ihrer Tricks war. Dass sie gar nicht tot war und dass sie nur so tat, damit ich zu ihr kam. Fast erhoffte ich mir das. Doch ihre Brust hob und senkte sich nicht. Ihre Augen öffneten sich nicht und ihre Haut war so weiß wie Schnee. Ihre Lippen hatten an Farbe verloren. Der Geruch von Blut machte es mir im ersten Moment schwer einen klaren Gedanken zu fassen, doch dann klarte sich mein Verstand auf. Da lag sie. Tot. Wegen meinen Worten. Vielleicht hatte sie begriffen, was sie getan hat und sich selbst dafür gehasst. Oder sie hatte Vater befreien wollen.
       Ich wusste es nicht. Je näher ich zu ihr ging, desto mehr gaben meine Beine nach und schließlich fand ich mich auf Knien in der Blutlarche wider. Das Blut durchnässte meine Hose, doch es war mir egal. Mittlerweile mussten meine Klamotten das gewöhnt sein. »Ich verstehe dich nicht. Ich glaube ich habe dich nie wirklich verstanden. Wir hätten eine Familie sein können aber du... du hast es nicht versuchen wollen. Nein, du hast es wirklich nicht versuchen wollen. Stattdessen hast du dich getötet. Ich wüsste gerne warum, aber das werde ich wohl nie erfahren, nicht wahr? Ich möchte gerne sagen, dass ich dich hasse. Aber Hass war schon immer ein starkes Wort und eine starke Emotion. Ich hasse dich nicht. Schließlich habe ich in meiner Kindheit dennoch viel von dir gelernt. Und auch wenn ich in gewissere Weise Teil deines Planes war, bin ich doch froh darüber. So habe ich Cas kennengelernt. Gut, vielleicht hätte ich das früher oder später getan, aber wenn du mir nicht die Geschichten erzählt hättest, hätte ich die Drachen vielleicht mit anderen Augen gesehen. So habe ich schon früh verstanden, dass es nicht richtig war. Ich wünschte du hättest uns als Familie eine Chance gegeben und ich wünschte ich hätte nicht so mit dir gesprochen. Vielleicht müsste ich dann jetzt nicht hier sitzen und mit Tränen kämpfen. Aber wer weiß das schon?«
       Stumm liefen mir Tränen über die Wangen und tropften in ihr Blut. »Ich hatte eine Familie gewollt. Jetzt wird mir nur Vater bleiben. Wir hätten es versuchen können. Zu dritt. Und ich werde nie erfahren warum du das hier getan hast.« Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Weitere Tränen liefen meine Wangen hinab. Im nächsten Moment funkelte etwas in der Luft und dann erschien ein Zettel in meinen Händen. Verwirrt sah ich meine Mutter an. War sie nicht tot? Doch als ich den Brief öffnete, wurde mir schwer ums Herz, als ich in diesen Sekunden den Verdacht geschöpft hatte, dass es wieder nur ein Trick gewesen war.

Dragon Heart ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt