XXXII

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Passend zum Donnerstag ein neues Kapitel von mir. Viel Spaß damit.



Aus dem Esszimmer hinaus hörte ich die Stimmen von George und Mikes Vater sehr deutlich. Sie diskutierten über mich, über meine Vorfahren und wie gefährlich das für mich gestern war. Der Jäger warf George vor, dass sie mich nicht gut genug ausbildeten. Ich hätte nicht um Hilfe rufen können und wäre ohne sie erfroren. Ein eiskalter Schauer lief mir dabei über den Rücken. „Hör nicht hin, zwei Alpha-Männchen streiten ein wenig. Das ist normal. Iss du in Ruhe deine Essen du musst am Verhungern sein." beruhigte Aiden mich. Missmutig stopfte ich das Essen weiter in mich rein. Schlecht gelaunt weil mir vor Augen geführt wurde, dass ich ein schlechter Werwolf bin ließ ich ein Stück Apfel in meinen Mund wandern. „Die sollen leiser lästern wenn sie über mich reden." antwortete ich ihm. Mein Vater saß stumm mir gegenüber. Vollkommen in seinen Gedanken verloren. „Morgan? Geht es dir nicht gut?" fragte ich vorsichtig aber er reagierte nicht. „Was hat er denn?" fragte ich Aiden der nur mit den Schultern zuckte.

Ich sollte besorgt sein weil Morgan so abwesend war aber ich machte mir mehr Sorgen, was er vorhatte als das ich mir Sorgen darum machte, was er hat. Ihn muss es stören, dass ich mich nicht selbst retten konnte. Ich war eben nicht so, wie die anderen Wölfe und das musste für ihn als Beta eine Schande sein. Mittlerweile saß ich an den Hausaufgaben in meinem Zimmer. Eigentlich konnte ich mich nicht konzentrieren wegen dem, was heute wieder einmal auf mich eingeprasselt war. Mir war das alles langsam zu viel und ich brauchte eine Auszeit. Eine Auszeit von dem allen hier. Ich wollte meinen Mum zusammen mit meiner besten Freundin und die altbekannte langweilige Schule. Tränen brannten wieder in mir. Als Werwolf war ich eine Schande und als Tochter auch. Nicht einmal als Mate taugte ich was. „Du bist eine gute Mate, Aiden liebt dich so wie du bist." sprach Mira auf mich ein. Sie meldete sich immer weniger, war das auch ein Fehler von mir. Sträubte ich mich immer noch zu viel. Frustriert schmiss ich mein Buch durch das Zimmer. Mein Leben war ein einziges Durcheinander.

Von dem Lärm angezogen kam Isabella in den Raum. Besorgt blickte sie erst zu mir und dann zu dem Mathebuch, welches am anderen Ende meines Zimmers lag. „Darf ich reinkommen?" fragte sie noch unsinniger Weise. „Du bist schon drin." erwiderte ich also. „Stimmt." Lachend ließ sie sich auf mein Bett sinken. „Alles in Ordnung, Morgan hat erzählt, was vergangene Nacht geschehen ist." fing sie nach einer kurzen Pause an. „Ja klar, alles gut." antwortete ich so freundlich wie es ging. Selbst ein kleines Lächeln brachte ich hervor. „Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht, jeder sieht es." versuchte sie es noch einmal. „Alles gut, wie gesagt." widerholte ich mich. Sie blieb still sitzen, erwartete sie, dass ich einknickte? Endlich hörte ich ein Seufzen und Schritte, die mein Zimmer verließen. Frustriert und schlecht gelaunt saß ich also auf meinem Schreibtischstuhl, ohne Interesse an irgendwas. Mir stand weder der Sinn nach Hausaufgaben noch nach anderen Aktivitäten. Es war einfach alles leer.

Wochen vergingen, in denen an mir alles vorüber ging ohne, dass ich etwas wirklich wahrnahm. Der letzte Vollmond ging an mir vorbei. Das einzige, an das ich mich erinnere ist, dass ich wieder die meiste Zeit geschlafen habe. Es war nichts mehr wie vorher. Mira war weg, ich hatte nicht einmal das Gefühl, dass sie anwesend war. Ich weiß nicht, was der Auslöser war. Vielleicht der Stress, der innerhalb eines Monats auf mich einprasselte. Meine Mutter starb, ich muss zu meinen nicht sehr geliebten Erzeuger ziehen, meine Verwandlung in einen Werwolf, Eingesperrt werden, die ganzen neuen Erkenntnisse wie Hexen und Jäger, meine Familiengeheimnisse und dann noch, dass ich ein vollkommen nutzloser Werwolf war. Aidens Freund Mikael nannte das glaube ich mal Omega. Ein Wolf der nichts konnte. Damit beleidigte er meine beste Werwolf Freundin im Rudel. Eigentlich auch meine einzige wenn ich ehrlich war. Wir sahen uns auch kaum noch. Ich war lustlos, fühlte mich schlapp und nutzlos.

Der Schnee war geschmolzen und ich sah die ersten Tiere draußen rumlaufen. Wie immer saß ich in meinem Sessel vor dem Fenster. Eingehüllt in eine kuschelige Decke. Mein Vater und Isabella hatten es aufgegeben mich zu motivieren. Kein Training mehr, keine Besucher die mich nervten und vor allem kein Aiden. Mein Herz sollte schmerzen aber da war nichts. Mir fehlte etwas und es war nicht Aiden. Es fühlte sich an, als wäre ich gerade nicht vollständig und nicht einmal mein Mate konnte die Lücke füllen. Eine unendlich große Lücke. Warum war ich nur so nutzlos? Vor meinem Fenster zwitscherten ein paar Vögel die immer wieder umherflatterten. Sie waren so glücklich. Ob das Liebe war?

Ein leises klopfen weckte mich aus meiner Beobachtung. Ich spürte, dass es weder Aiden noch sonst eine Person war, die ich kannte. Keine Person, die mir gerade in den Kopf kam. Eine Frau trat in mein Zimmer. Vielleicht um die vierzig aber nicht älter. Sie lächelte sanft als sie meinen Blick auf sich merkte. „Hallo Evelyn. Mein Name ist Moira und ich bin Matthews Tochter. Wir kennen uns noch nicht, ich lebe nämlich in New York." erklärte sie wobei ich überlegen musste, wer Matthew war. War das der Arzt der ganz am Anfang bei meiner ersten Verwandlung war? Nein der hieß William. Wer war denn dann Matthew? Sollte ich ihn kennen? Sie musste meinen verwirrten Blick bemerkt haben. „Matthew ist einer der Rudelärzte." erklärte sie ruhig. Was wollte diese Frau bei mir? Mit dem Entschluss, sie zu ignorieren, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die kleinen Vögelchen. „Aiden ist mein Patenkind. Du weißt doch was das ist oder? Er ist mir besonders wichtig." erklärte sie weiter. Sie redete und redete erwartete aber nie eine Antwort. „Naja, ich bin eigentlich hier um mit dir zu reden. Aiden hat mich Anfang Januar kontaktiert. Er macht sich Sorgen um dich aber bis jetzt hatte ich keine Zeit. Heute sagt er mir dann, dass er dich seit Wochen nicht gesehen hat. Jetzt sitze ich hier bei dir und würde gerne mit dir reden." erzählte sie. Aiden hat sie angeschrieben noch bevor ich in dieses unendliche Loch fiel.

„Vielleicht willst du ja mit mir reden." schlug sie vor. Ich ignorierte sie. „Dann gehe ich wieder." sagte sie in derselben netten Tonlage. Sie verließ mein Zimmer wieder aber die Tür blieb angelehnt. Wie konnte sie vergessen die Tür zu schließen. Genervt stand ich auf und schloss sie wieder sorgfältig. Mein nächster Halt war das gemütliche Bett. Eingekuschelt blickte ich wieder aus dem Fenster. Bald würde es dunkel werden was meine Erlaubnis zum schlafen war. Morgen war Samstag also hatte ich keine Schule. Keine Menschen, keine Pflichten und keine Gedanken. Stille umfing mich, jedoch nicht für lange. „Wir gehen jetzt zu George essen und du gehst mit. Wird Zeit, dass du aus deinem Schneckenhaus raus kommst." wütete Isabella in meinem Zimmer. Sie war Kleidungsstücke auf das Bett und öffnete die Fenster. Ein Schwung kälte durchflog mein Zimmer. „Ich will nicht." antwortete ich in der Hoffnung, dass es so enden wird wie die letzten Male. Sie sollte gehen, ich wollte mich weiter selbst bemitleiden. Mein Leben war ein einziger Scherbenhaufen also hatte ich ein Recht darauf. „Das ist mir sowas von egal. Wenn du nicht stinkend vor den Alpha und das Rudel treten möchtest, wirst du dich jetzt waschen und umziehen." sprach sie ihr Machtwort. Mit stampfenden Schritten verließ sie mein Zimmer. Niemals würde sie mich stinkend vor den Alpha lassen also wofür umziehen und waschen. Ich blieb einfach liegen.

Ich hatte mich eindeutig geirrt, sie zerrte mich in meiner Jogginghose und dem viel zu großen Pullover stinkend in Richtung des Hauses vom Alpha. Hatte sie nicht vorhin gesagt, sie würde mich stinkend vor das Rudel ziehen? Würden etwa mehr Leute als nur die Familie des Alphas dabei sein? Wollte sie mich nur weiter Demütigen? Meine Laune sank jede Sekunde weiter. „Nun steh gefälligst gerade oder sollen wir uns für dich schämen?" fragte sie mich wieder böse schauend. „Ihr hättet mich daheim lassen können wie es die letzten Male auch war." entgegnete ich kalt. „Bisher hatten wir ja noch Mitgefühl aber nachdem Moira uns erzählt hat, dass das ganz normal ist und wir dich aus deinem Schneckenhaus holen müssen damit das aufhört sind wir nicht mehr so nachsichtig." argumentierte sie. Irritiert blickte ich sie an, meine Gedanken und Gefühle waren also normal. Will sie mich veräppeln. Für mich war das ganz und gar nicht normal. Die hatte sie doch nicht alle. „Du wirst ab jetzt viel Zeit mit Aiden und deiner Familie verbringen und vor allem deinen Wolf näher kennen lernen. Du verwandelst dich ja auch kaum noch. Einmal am Tag sollte es sein. Gut das Moira jetzt hier ist." sprach sie einfach weiter. Wer war Moira, dass sie Isabella solche Flausen in den Kopf setzte. Die war mir unsympathisch. „Einmal am Tag wirst du auch mit ihr reden. Gut das sie Psychologie studiert hat, ohne sie würden wir dich immer noch verhätscheln." sie hörte gar nicht mehr auf zu reden aber es verwirrte mich immer mehr. Moira war Psychologin? Das hatte sie nicht erwähnt. Passen würde es aber. Die wird mich kennen lernen, wie kann sie mir sowas antun. Jetzt wollen die mich noch verändern. Ich wollte da nicht rein aber es musste wohl sein. Unbarmherzig zog sie mich durch die Tür, die Tara uns aufhielt. Kurz bemerkte ich wie sie in der Luft schnupperte und leicht sowie unauffällig die Nase rümpfte. Stank ich so sehr? Wann war ich denn das letzte Mal duschen? Gott war das lange her.

Heal my Heart AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt