Kapitel 45

1.1K 60 2
                                    

Der Zuspieler drückte seinen Freund etwas von sich weg und küsste ihn. "Alles wird gut." , sprach er nochmal beruhigend und stand dann auf. "Wir sehen uns morgen in der Schule." , nuschelte Kageyama, packte seine Sachen zusammen und ging zur Tür. Shoyo winkte ihm nur flott und starrte wieder auf den Boden. Mit dem Mal wo sich die Tür des Zimmers schloss und Kageyama nun draußen war, kam wieder dieses Gefühl vom Allein sein zurück. Der Zuspieler ging die Treppe runter, blickte in die Küche und sah Shoyos Mutter und Vater. Beide unterhielten sich und aus den letzten Wörtern die er noch einigermaßen hörte, konnte er schließen... Natürlich ging es um ihn und Shoyo. Tobio wollte aber nicht aufdringlich sein und stellte sich nur in den Türrahmen und beugte sich vor. "Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft. Danke, dass ich hier sein durfte." , sprach er und ging aus dem Haus. Hinatas Eltern schauten ihm nur hinter her. Shoyos Vater musterte ihn und schaute zu seiner Frau. Die Frau schüttelte nur den Kopf und widmete sich dem Abendessen. Kageyama ging aus dem Haus und schaute es nochmal an, bevor er die Straßen entlang rannte. Irgendwie klopfte sein Herz ziemlich schnell. Es machte ihn nervös, dass Hinata jetzt wohl mit seinen Eltern reden wird und das für Shoyos Volleyballkarriere und für ihre Beziehung entscheidend sein könnte. Tobio rannte die letzten Meter bis zu seinem Haus, wurde langsamer und senkte den Kopf, während er die Hände in seiner Jackentaschen vergrub. Er seufzte und atmete einmal tief durch. Dann zückte er seinen Schlüssel und ging in die Wohnung. Das Licht war aus. Es war kalt, obwohl es Sommer war. Die Luft war dünn und eklig. Es stank nach Alkohol und Rauch. "Bin zuhause." , sprach Kageyama unterkühlt wie immer und ging durch den riesigen Eingang von dem großen Haus. Aus dem Wohnzimmer qualmte der Zigaretten rauch, was Kageyama sofort sagte, dass er seinen Vater dort finden würde. Der Zuspieler biss die Zähne zusammen und stellte sich in den Türrahmen. "Ah Tobio." , sprach sein Vater und schaute auf. Er saß an einem langen Esstisch, mit den Armen auf dem Tisch verschränkt, wo er vor ein paar Sekunden noch drauf ruhte. Anhand des Geruches konnte Kageyama sofort feststellen, dass sein Vater betrunken war - Wie immer. "Wo warst du die letzten Tage?" , fragte sein Vater nach und Tobio schaute direkt zur Seite weg. "Als ob dich das interessieren würde." , zischte er deutlich und griff seine Tasche fester. Kageyamas Vater senkte den Kopf und schaute zu seinem Glas. "Tobio~chan-" , Kageyama unterbrach ihn sofort. "Nenn mich gefälligst nicht so! Nur Mama durfte mich so nennen, das weißt du ganz genau!" , zischte er und seine Aggressionen schaukelten sich hoch... Und wir alle wissen wie das endet. Mittlerweile wusste auch Kageyama, dass er ruhiger bleiben sollte. "...Du bist Minderjährig und solltest Abends nicht mehr alleine rumlaufen." ,  fing Kageyamas Vater nochmal an. "Ich bin 16. Ich war vorher auf Malta, auf einer fremden Insel, für 6 Wochen. Die haben noch nicht mal meine Sprache dort gesprochen. Denkst du nicht, ich komme klar?!" , zischte Tobio etwas ruhiger und sein Vater seufzte. "Und falls du wissen willst, wo ich war: Ich war bei meinem Freund." , beendete der Zuspieler und drehte sich um. Irgendwie hatte er das Gefühl, nachlegen zu müssen. In ihm brodelte so eine Wut, er musste einfach alles auslassen. Sein Vater war eh hackedicht, den interessierte das sowieso nicht - dachte Kageyama. "Und ja, ich meine meinen festen Freund." , Tobio stand mit dem Rücken zu seinem Vater und starrte aus dem Fenster, wo draußen Regentropfen rieselten. Ein Sommerregen. Kageyamas Vater schaute auf und man konnte ihm ein geschocktes Gesicht ablesen. Durch die Spiegelung im Fenster konnte er es sehen. Doch anstatt sich darüber aufzuregen, grinste er frech und machte direkt weiter. "Ja genau. Ein netter Junge, kein süßes Mädchen. Aber macht eh keinen Unterschied ob es eine sie oder ein er ist, du würdest meinen Partner eh niemals zu Gesicht bekommen. Und ob ich ein Kind später adoptieren werde oder zeugen würde, ganz egal. Sobald ich 18 bin, öffne ich den Safe und kaufe meinem Freund und mir ein Haus auf Malta. Ganz weit weg von dir." , Tobio redete sehr kalt und verschränkte die Arme. "Deine Meinung zu dem Ganzen, ob ich schwul bin oder nicht, ist mir ziemlich egal. Weil selbst wenn ich es verboten bekommen würde, würde ich immer irgendwelche Wege finden, mich mit ihm zu treffen." , das waren seine letzten Worte zu seinem Dad, bevor er hoch ging. Er sprach das aus, was ihm schon lange auf dem Herzen lag. So war es ja auch. Selbst wenn er Hausarrest deswegen bekommen würde, würde Hinata einfach durch sein Zimmer klettern. Ihm würden genug Sachen einfallen um die Regeln zu hintergehen. Also machte er es einfach ganz kurz und knackig. Außerdem konnte ihn eh keiner mehr abhalten. So viele Sachen sind ihm klar geworden. Wenn Kageyama sich was vornimmt, dann zieht er es auch durch. Er ging die Treppen hoch in sein Zimmer und zog sich um. Nachdem er sich Sportsachen angezogen hatte, checkte er jede Sekunde sein Handy und wartete auf eine Nachricht vom Mittelblocker. Das Outing war ihm viel wichtiger. Eben weil er ja auch bemerkte, wie wichtig es Shoyo war. Das Ganze hat Hinata unglaubliche Sorgen gemacht und somit auch Kageyama besorgt.
Entschlossen ging er raus und joggte seine übliche Runde. Nur etwas schneller als sonst. Tobio hatte viel mehr Energie und war viel aufgebrachter. Er machte größere Schritte, schnaufte und biss die Zähne zusammen. Bis er irgendwann stehen blieb und nach oben schaute. Ihm liefen mit dem leichten Sommerregen zusammen die Tränen an der Schläfe runter. Scheinbar ging es ihm doch nicht so leicht ab, wie er es vorgab. Seine zerbrochenen Familienverhältnisse waren doch eine Last auf dem Rücken des Zuspielers.
Zögerlich rannte er weiter bis zum nahgelegenen Friedhof, wo seine Mutter begraben lag. Mittlerweile zog sich der Himmel schon in einem nächtlichen dunkelblau zu. Ein kleiner Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es 23 Uhr war. Keine normale Zeit auf den Friedhof zu gehen, doch Angst hatte er nicht. Er ging die Reihen durch, bis er am Grab seiner Mutter stand und drauf hinab schaute. Er packte sich durchs Gesicht und wischte die Tränen weg, als er sich an ihre meist gesagten Worte an ihn erinnerte. "Tobio~chan! Wein nicht, du bist doch schon ein großer Junge." , Ja genau das waren ihre meist gesagten Wörter. Was bis heute keiner, bis auf seine Familie weiß ist das Kageyama früher ein sehr emotionales und quengeliges Kind war. Er hatte schon immer diese Nähebedürftige Seite an sich. Nur mit der Zeit und nach dem Tod seiner Mutter, wurde er immer abgehärteter und setzte eine grimmiges und taffes Gesicht auf. Er unterdrückte alle Gefühle der Nähe und der Liebe. Alles was er liebte war sein Sport. Bis Shoyo in sein Leben trat.

Ein paar Minuten blieb er an ihrem Grab stehen, bis er den Friedhof verließ und weiter joggen ging. Nun gingen ihm nicht mehr seine eigenen Probleme durch den Kopf, sondern auch die seines Freundes. Ob Shoyo wohl schon mit seinen Eltern geredet hat?

Liebesgeschichte auf Malta - (Kagehina)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt