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Die aufgehende Sonne, die sanft durch einen Spalt zwischen den Vorhang schien, weckte mich und zauberte sogleich ein zartes Lächeln auf meine Lippen. Ich drehte mich um und sah Mark neben mir mit geschlossenen Augen liegen. Ich spürte jedoch, dass er nicht mehr wirklich tief schlief und so kuschelte ich mich an ihn. Sein Brustkorb vibrierte leicht, als er sanft lachte. Vorsichtig ließ ich meine Finger über seine Brust fahren und beobachtete die sich bildende Gänsehaut. Grinsend hob ich den Kopf und blickte in seine blauen Augen. Kaum zu glauben, dass er gerade erst aufgewacht war, so sehr, wie sie strahlten. Ohne Brillen kamen sie noch so viel mehr zum Vorschein und ich verlor mich förmlich in ihnen.

„Warum trägst du eigentlich nie Kontaktlinsen?“, fragte ich also leise, während meine Hände weiterhin seinen Oberkörper streichelten. Verwirrt hob er eine Augenbraue. „Was ist denn das für eine Frage am frühen Morgen?“, stellte er lachend die Gegenfrage. Ich musste leise kichern, wandte mich jedoch kein Stückchen von ihm ab. „Deine Augen sind ohne Brille noch so viel schöner.“, gab ich schließlich zurück und spürte selbst, wie sich etwas Röte in meinen Wangen sammelte. Erneut lachte Mark leise auf und küsste kurz liebevoll meine Stirn, was mich leise seufzen ließ. „Ich habe das mal probiert, aber offensichtlich sind meine Augen dafür nicht gemacht. Ich sah dann immer aus, wie ein Vampir.“ Er entlockte mir erneut ein kleines Kichern.

„Ein sehr attraktiver Vampir.“, murmelte ich, während ich mir auf die Lippe biss und meine Finger über seinen Oberkörper wandern ließ. Er erwiderte nichts, atmete nur gut hörbar aus. „Es ist sehr schade, dass das mit den Kontaktlinsen nicht geklappt hat, denn dann könntest du jetzt sehen, was wir als nächstes tun.“ Ich sprach leise, glitt währenddessen mit meiner Hand zum Saum seiner Boxershorts. „Hmm, das ist okay. Ich schließe es einfach aus dem Kontext.“, murmelte er nur, legte seine Hand auf meine Taille und küsste mich liebevoll.

Am späten Nachmittag kehrte ich etwas frustriert aus dem Studio zurück. Ich erwartete, dass Mark bereits zuhause war, doch in unserer Wohnung wurde ich nur von Kiwi begrüßt. Ich freute mich zwar, sie zu sehen, aber dass Mark noch nicht da war, bedeutete auch, dass ich nun noch mal mit Kiwi raus müsste. Kurz seufzte ich genervt, hatte jedoch sofort ein schlechtes Gewissen, so dass ich augenblicklich nach ihrer Leine griff, was sie direkt verstand. Schwanzwedelnd lief sie die Treppe hinunter und gemeinsam gingen wir eine kleine Runde.

Sie hätte sich sicher über etwas mehr Auslauf gefreut, aber so richtig war ich immer noch nicht in Stimmung und so betraten wir nach circa 20 Minuten die Wohnung erneut. Nachdem ich die Schuhe in die Ecke gestellt hatte, ging ich zum Sofa, wo ich mich seufzend nieder ließ. Ich zückte mein Handy und schrieb eine WhatsApp an Mark. Wann kommst du? Vermisse dich. Eigentlich war das ziemlich untypisch für mich und ich mochte solche Nachrichten nicht. Sie setzten einen immer irgendwie unter Druck, weshalb ich es sowas so selten wie möglich schrieb. Aber ich brauchte ihn gerade wirklich.

Um mich etwas abzulenken, beschloss ich, eine Waschmaschine anzumachen und die bereits getrocknete Wäsche abzunehmen. Währenddessen bekam ich auch die Antwort von Mark. Bin gleich bei dir. Zufrieden lächelte ich und setzte meine Aufräumaktion direkt in der Küche fort. Während ich gerade die Spülmaschine ausräumte, hörte ich den Schlüssel im Schloss und wenige Minuten später, stand Mark bereits hinter mir.

Sofort drehte ich mich zu ihm und ließ ich mich gegen seine Brust fallen. Er schlang seine Arme um mich, strich sanft über meinen Rücken und küsste meinen Scheitel. Leise seufzte ich, drückte mich noch näher an ihn. Einige Momente standen wir so, bevor Mark sich sanft löste. Ich sah in sein grinsendes Gesicht. Sofort drehte er sich um, griff nach meiner Hand und zog mich mit sich in Richtung Arbeitszimmer. Ich warf ihm nur einen zweifelnden Blick zu.

„Was hast du vor?“, fragte ich vorsichtig. Wir waren gerade im Arbeitszimmer angekommen und er startete schon sein MacBook. „'Bist du okay' ist fertig. Zumindest was den Text angeht. An dem Rest müssen wir noch etwas pfeilen.“, antwortete er euphorisch und ich spürte augenblicklich, wie sich mein Magen zusammen zog. Keine fünf Sekunden später startete der Song, den ich mir mit gemischten Gefühlen anhörte.

„Was sagst du?“, fragte Mark begeistert, nachdem die letzten Töne verklungen waren. Das war in dem Moment zu viel für mich, ich wusste einfach nicht, wie ich mit den Gefühlen umgehen sollte. Also verließ ich ohne ein Wort das Arbeitszimmer und ließ mich im Wohnzimmer frustriert auf die Couch fallen. Nur wenige Sekunden später saß Mark neben mir und zog mich nur in seine Arme.

Gott, er war wirklich zu gut für diese Welt. Ich hatte ihn einfach so stehen gelassen und statt Fragen zu stellen oder sauer zu werden, war er für mich da. Seine Nähe tat mir so gut, aber vom schlechten Gewissen geplagt, bildeten sich eine Tränen in meinen Augen. „Es tut mir so leid.“, flüsterte ich leise an seine Brust. Vorsichtig löste Mark sich von mir, nahm mein Gesicht in seine Hände und zwang mich sanft, ihn anzusehen. Sofort fuhr sein Daumen über meine Wange und wischte zärtlich eine Träne weg, die sich gelöst hatte.

„Was ist los, Leni?“, fragte er und küsste meine Stirn liebevoll. Ich atmete tief durch. „Ich… habe die letzten Tage, und besonders heute, gar nichts im Studio zusammen bekommen und.. Ach Mann, ich konnte mich einfach nicht freuen für dich… und das ist nicht fair, das tut mir so leid, ich…“ Ich hatte den Blick schon wieder gesenkt, konnte ihm einfach nicht in die Augen schauen. „Hey.“, unterbrach er mich sanft und legte sofort seine Lippen auf meine. Damit brachte er mich überrascht zum Schweigen.

Direkt zog er mich wieder in eine Umarmung, vergrub sein Gesicht in meinen Haaren und strich sanft über meinen Rücken. „Mir tut es leid.“, flüsterte er leise in mein Ohr, woraufhin ich mich von ihm löste und ihn fragend musterte. „Ich war so auf mich fokussiert, dass ich nicht gemerkt habe, dass es dir nicht gut geht.“, murmelte er leise. Mit großen Augen schüttelte ich den Kopf. „Ach Marek.“, konnte ich aber nur von mir geben, bevor ich mich wieder seufzend in seine Arme fallen ließ. So verweilten wir einige Zeit, bis Mark mich wieder eindringlich ansah.

„Woran scheitert es denn?“, fragte er nun vorsichtig. Ich dachte kurz nach und zuckte etwas unbeholfen die Schultern. „Irgendwie mache ich hier und da was, bisschen Text, bisschen Musik aber mit nichts bin ich richtig zufrieden und wirklich voran komme ich auch mit nichts.“ Mark nickte nur verständnisvoll. „Das kenne ich.“, sagte er seufzend, aber mit einem aufmunternden Lächeln. „Aber das gute ist, dass das auch wieder vorbei geht und dann geht es richtig voran.“, schob er hinter.

„Hmm. Und wann?“, fragte ich leise, aber mit einem vorsichtigen Grinsen. „Vielleicht musst du mal ein paar Tage raus?“ Ich dachte kurz über Marks Vorschlag nach, verkehrt war er auf jeden Fall nicht. „Alleine?“, überlegte ich zweifelnd. Mark schaute mich entschuldigend an, strich sanft über meine Hand. „Tut mir leid, ich kann aktuell nicht. The Voice ist mitten…“ „Das weiß ich doch.“, unterbrach ich ihn. „Vielleicht eine deiner Mädels? Charlotte, Bella…“, schlug er fragend vor. Langsam nickte ich zustimmend. „Das ist gar keine schlechte Idee. Ich werde mal darüber nachdenken.“, gab ich zurück und konnte sogar sanft lächeln. Sofort kuschelte ich mich wieder in seine Arme und fühlte mich etwas besser. Ein paar Tage noch mal woanders zu verbringen, würde mir wahrscheinlich wirklich gut tun. „Übrigens…“, ich schaute ihn wieder an und verschränkte unsere Finger miteinander. „Der Text ist super. Und das wird der Song auch, da bin ich mir sicher.“

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