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Es war ein weiterer Urlaubstag, leider schon der vorletzte. Allerdings waren wir inzwischen wirklich entspannt. Nichtsdestotrotz genossen wir jede Minute, die wir gemeinsam mit Kiwi und Louis hier im wunderschönen Florenz verbringen konnten. Diese Tage hatten uns unwahrscheinlich zusammen geschweißt und unser Familienband nochmals deutlich verstärkt. Ich konnte mich wieder vollkommen auf meine Gefühle verlassen, wenn es um Louis‘ Bedürfnisse ging und hatte auch endlich wieder Zeit dafür. Zeit, um meine Mutterrolle vollkommen zu genießen. Zeit, um im Augenblick zu leben. Zeit, um Louis die Aufmerksamkeit zu schenken, die er verdient hatte. Zeit, intensive Gespräche mit meinem Mann zu führen. Zeit, um einfach ich sein zu können.

Und so schlenderten wir ein weiteres Mal durch die kleinen Gassen, bis zu der Eisdiele, in der ich das bisher beste Vanilleeis meines Lebens gegessen hatte. Mit je einer Eiswaffel in der Hand liefen wir zu dem Bach, der sich durch den Vorort schlängelte und setzten uns dort auf einen großen Stein, der dank der zahlreichen Bäume etwas im Schatten lag. Nachdem wir einige Minuten schweigend nebeneinander saßen und die Ruhe des Nachmittags genossen, griff Mark nach meiner Hand und verschränkte seine Finger sanft mit meinen. Lächelnd hob ich meinen Blick, schaute in seine blauen Augen. „Es ist so schön hier.“, murmelte ich leise, woraufhin Mark nur langsam nickte und zustimmend lächelte. „Aber mit euch ist es eigentlich überall schön dort, wo wir einfach Zeit und Ruhe haben.“, fügte er an.

Ein Seufzen verließ meine Lippen. Ich liebte unser Leben in Berlin. Ich liebte die Menschen dort und das Flair der Stadt. Aber wirklich frei können wir dort trotzdem nicht sein. Eine dieser Schattenseiten, die unser Leben mitbrachte. Daher genossen wir diese Tage hier in Italien umso mehr. „Deshalb sollten wir unbedingt bald wieder herkommen.“, sagte Mark, der wohl die gleichen Gedanken hatte wie ich. „Das wäre wirklich schön. Aber es steht noch so viel an dieses Jahr.“, gab ich zu bedenken. Mark grübelte kurz. „Vielleicht lässt sich ja irgendwas verbinden oder so. Wir finden schon einen Weg.“ Wie immer klang er dabei so überzeugt, dass ich gar nicht anders konnte, als ebenso überzeugt zu nicken. Irgendwas ließe sich bestimmt einrichten. Und mit dem Gedanken daran aß ich genüsslich mein Eis auf.

„Lass uns noch ein Stück laufen.“, schlug Mark einige Minuten später vor und genau dies taten wir auch. Statt direkt zu unserer Unterkunft zurückzugehen, gingen wir eine Seitenstraße entlang, die in eine Art Feldweg mündete. Links und rechts wuchsen Bäume und so liefen wir im Schatten weiter, bis wir an einem Tor ankamen, hinter dem sich offenbar eine Art Bauernhof befand. Am Zaun befanden sich Verkaufsschilder und ein Flügel des Tores stand offen, so dass wir beschlossen, hinein zu gehen. Linkerhand befanden sich zahlreiche Weinreben, angrenzend standen viele Olivenbäume. Zu unserer rechten grasten einige Schafe, Ziegen sowie drei Kühe. Direkt daneben befand sich ein großes Gemüsebeet mit Tomaten-, Zucchini- und Auberginenpflanzen.

Grinsend drehte ich mich zu Mark, der mich nur lächelnd anschaute. Wir mussten nichts sagen, wir wussten was der andere dachte. Das hier war unser kleiner Traum. Ein Traum, von dem wir nicht wussten, ob er je Realität werden würde, aber eine wunderschöne Vorstellung war es immer wieder. Und hier waren wir an einem Ort gelandet, der unserer Vorstellung sehr nah kam.

Wir gingen den Weg weiter, an dessen Ende sich eine Scheune mit einem Hofladen befand. Kurz vor dem Eingang war noch ein Hühnerstall mit angrenzendem Freigehege. Louis, der bisher ganz ruhig und entspannt in der Trage war, die Mark um hatte, gluckste plötzlich freudig vor sich hin, als er diese erblickte. Auch Kiwi hatte großes Interesse an den gefiederten Tieren und blieben wir eine ganze Weile vor dem Gehege stehen, bis wir schließlich den Laden betraten. Ohne zu zögern, griff ich nach einem Einkaufskorb, denn mir war klar, dass wir hier nicht ohne etwas zu kaufen raus gehen würden.

Und tatsächlich verließen wir den Hof erst zwei Stunden später. Im hinteren Teil des Gebäudes hatte es noch ein kleines Kaffee gegeben, in dem wir es uns gemütlich gemacht hatten, nachdem wir im Hofladen ordentlich zugeschlagen hatten. Anschließend hatte Louis sich erneut vollkommen fasziniert die Hühner angeschaut, bevor wir, natürlich nachdem wir um Erlaubnis gefragt hatten, uns noch einige Tomaten und Oliven frisch von den Bäumen und Sträuchern pflückten. „Och Manno, ich will das auch.“, sagte ich mit leicht trotzigem Unterton, als wir den Hof dann tatsächlich wieder verließen. Leise lachte Mark auf, bevor er einen Arm und mich legte und mich sanft an sich zog. „Lass uns einfach schauen, was die Zukunft bringt, hm?“, fragte er und küsste dann sanft meine Stirn. Langsam nickte ich. „Was anderes bleibt uns eh nicht übrig.“

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