Kapitel 21 • verloren •

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Das war die schlimmste Nacht, die ich seit langem hatte. Ich habe kaum ein Auge zubekommen und das hinterließ am nächsten Tag seine Spuren.
Selbst meine Augenringe hatten Augenringe und meine Gliedmaßen fühlten sich an wie Gummi.

Leider musste ich zugeben, dass ich trotz alledem eigentlich geschlafen hatte. Ich träumte nur.
Und das war das Problem.

Nox hielt mich davon ab, in eine Tiefschlafphase zu kommen. Er redete und redete, erzählte mir irgendwelch unnützes Wissen, während ich meine Träume weiterführte. Glücklicherweise waren es keine Alpträume. In einem kam sogar Ethan vor, doch als Nox sich einmischte, wurde der Traum unterbrochen.

Einmal hatte ich geträumt, dass Mason, Sage und ich ganz normale Menschen waren. Ich träumte, dass wir ein gewöhnliches Leben führten, frei von Vampiren, Huntern und weiteren Wesen, die in dieser Welt lebten. Ein Leben, was ganz normal ist. Mit ganz normalen Menschen. Ein normaler Alltag, wo man in die Schule ging, anstatt über Vampire zu lernen. Wo man in der Nacht ganz normal schlief und nicht auf Jagd ging.
Wo man ein Hobby erlernte und nicht, wie man Waffen schärfte und Blutflecken am besten abbekam.

Seufzend träumte ich wie ich in der Stadt war und die vorbeigehenden Menschen musterte.

Nox hatte gefragt: Was ist der Begriff für diesen Ort? Dieser Befall von solch winzigen Kreaturen?

"Das nennt man Schule.", antwortete ich ihm.
Lachend hatte ich mich umgedreht.

Als er mir den letzten Nerv raubte, entschied ich mich, die Kette abzunehmen. Er hatte mir erklärt, dass die Verbindung nur aufrecht hielt, wenn man die schwarze metallische Feder auf Herzhöhe trug.
Und nun hatte ich echt die Schnauze voll, von einem Geist belehrt zu werden.

•••

Der Tag verlief mehr oder weniger normal. Obwohl ich nicht Mal mehr sagen konnte, was überhaupt normal war.

Außerdem wusste ich nicht was schlimmer war.
Entweder die Tatsache, dass ich eine Geisterstimme um meinen Hals trug oder dass ich gerade zum vierten Mal von meiner kleinen Schwester in Schach geschlagen wurde.

Den ganzen Tag hatte ich mit Sage Schach gespielt und ich musste mir eine bittere Niederlage eingestehen.  Egal wie ich meine Figuren stellte, sie war mir immer einen Schritt voraus.
Sie hatte das Spielen von ihrer besten Freundin, Mila, erlernt und ich war nur allzu froh, dass sie in der Akademie Anschluss finden konnte.
Und das obwohl sie zum Glück noch keine Huntress war.
Innerlich hoffte ich sogar, dass Sage niemals in den Geschmack des Blutvergießens kommen musste.
Sage kann ganz schön stur sein. In ihren Haaren verbarg sich eine weiße Blüte, die sie aus den Gärten gepflückt hatte und ihre schwarzen Haare waren zu einem Zopf geflochten. Mason hatte ihr verboten in den Westflügel der Akademie zu gehen, da sich dort die meisten Hunters aufhielten. Er war voll mit Waffen oder möglicherweise eingesperrten Vampiren.
Es war nur für Sages Sicherheit.

Grübelnd hatte ich mich dem Schachbrett gewidmet.
Leider musste ich bei ihrer täglichen Schachzufuhr hinhalten, weil Mila für eine mysteriöse Veranstaltung üben musste.

"Mila muss für so eine dämliche Veranstaltung von den Vorsitzenden üben", hatte meine Schwester gesagt. "Sie haben ihr sogar ein schneeweißes Kleid besorgt."

"Eine Veranstaltung?" Ich hob eine Augenbraue.

"Ja, irgendwas geheimes. Nicht einmal Mila selbst weiß, was das ist.", hatte sie grimmig gemurmelt.

Vielleicht weiß Mason was darüber. Später müsste ich ihn danach fragen - und auch, wieso der Vorsitzende mein Blut wollte. In Gedanken versunken, fasste ich an meine silberne Brosche, die mich daran erinnerte, dass ich eine freie Huntress war.

Hunters of Night - Moonlight Lovers FF {ABGESCHLOSSEN}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt