Hunters of Night - Moonlight Lovers FF {ABGESCHLOSSEN}

Kapitel 31 • Wahrheit •

Noch immer zitterten meine Knie, als ich mich gedankenverloren gegen die Säule presste. Etliche Fragen schossen mir durch den Kopf. Warum waren Mason und meine Mutter hier? Und warum hatte Madame Rue die Spieluhr gestohlen? Die wichtigste und vermutlich schlimmste Frage war aber, ob Ethan es rechtzeitig schaffen würde, Sage zu retten.

Ally, hörte ich eine leise Stimme in meinem Kopf. Es war Nox. Nicht weinen.

"Nox? Du kannst wieder reden?", flüsterte ich leise.

Hörst du noch meine Musik? Ich gehöre voll und ganz dir. Aber nun solltest  du dir das anhören.
Seine Stimme wurde unterbrochen, als ich Masons unverkennbares Räuspern hörte. Langsam lugte ich aus meinem Versteck und sah, dass es an Madame Rue gerichtet war. Diese ließ angestrengt ihren Blick gleiten. 

"Ich habe die Spieluhr.", sagte sie. "Alles lief nach Plan."

Mason hob verächtlich eine Augenbraue und meine Mutter verzog kaum eine Miene. Wie immer hielt sie in ihrer rechten Hand den Gehstock, den sie angespannt umschloss. 
"Das nennst du 'nach Plan laufen'?", fragte mein Bruder und lachte auf.
Erschrocken weiteten sich Madame Rues Augen.
"Das Feuer war nicht meine Schuld.", nuschelte sie leise in sich hinein. 

Mason ging einen Schritt nach vor, während er mit einer Hand in seine Manteltasche griff. 
"Natürlich nicht. Das habe ich nicht behauptet. Dennoch ist es uns ein Dorn im Auge und das weißt du." 
Madame Rue zog beschämt den Kopf ein und murmelte leise Entschuldigungen. 

"Aber nicht doch", mischte sich meine Mutter ein. "Es wird alles gut. Nun haben wir Jänemi."

 "Aber keine Hunter.", zischte Mason 

"Ich...Ich...", begann Madame Rue und tippte nervös auf der Spieluhr umher, die sie noch immer in den Händen hielt. 
Mason machte eine einladende Geste und richtete sich den Kragen seines dunklen Mantels. Erneut glitt seine Hand in die Manteltasche und er trat einen Schritt auf Madame Rue zu, um ihr die Spieluhr abzunehmen.

"Vielen Dank für deine Hilfe.", sagte Mason und lächelte sie an. Als sie ihm die Spieluhr übergab, beugte er sich nach vor und es wirkte, als wolle er ihr einen Kuss auf die Wange geben. Doch stattdessen flüsterte er ihr etwas ins Ohr, was ich gerade noch so hören konnte, da er viel zu leise sprach.
"Sie wird nun nicht länger benötigt."

Ich hörte einen erstickenden Ton, welcher wie ein gescheiterter Versuch klang, zu schreien. 
Madame Rue fiel auf die Knie. Mason hielt einen Dolch in seinen Händen, dessen Klinge rot schimmerte. Achtlos warf er ihn auf die kauernde Frau vor seinen Füßen. Gleichgültig zuckte er mit den Schultern, während ich weiterhin das Wimmern von Madame Rue hören konnte. Mein Bruder drehte die Spieluhr auf und in meinem Kopf ertönte eine leises Seufzen, als die Musik durch den Garten hallte.
Mason hielt Jänemi auf Augenhöhe und hob skeptisch eine Augenbraue. "Jänemi. Mach, dass sie keine Schmerzen hat.", befahl er.
Wie durch Magie hielt Madame Rue in ihrer Bewegung inne, als Mason seinen Satz beendete. 

Meine Mutter räusperte sich, ihr Griff um den Gehstock war nun noch verkrampfter als sonst. "Das hättest du nicht tun müssen."

"Der Spieluhr zu befehlen, damit sie keine Schmerzen mehr hat?", fragte Mason.
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
"Nein. Dass du ihr überhaupt solche Schmerzen antun musstest."

"Es war notwendig.", sagte Mason und mied ihren Blick. "Je weniger Zeugen, desto besser."
Ich zwängte mich mehr in mein Versteck, sodass sie mich nicht sahen.
Um Madame Rue bildete sich bereits eine Blutlache. 

"Wenn du nach diesem Vorsatz lebst, dann hast du bereits viele Zeugen verschont.", sagte meine Mutter und ließ ihren Blick schweifen.
"Auf was willst du hinaus?", fragte er und streichelte die Spieluhr, als wäre es ein Haustier. Die Musik erklang weiter durch meine Ohren und als ich erneut versuchte zu Nox zu sprechen, bekam ich keine Antwort.
Meine Mutter tippte angespannt mit ihrem Stock auf den Boden. "Theoretisch hättest du doch deine ganze Familie als Zeugen sehen müssen oder nicht?"