Kapitel 30 • Flammen •

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Aliza POV

Alles, was ich vor meinen Augen sah, war pures Chaos.
"Nox?", flüsterte ich, während Ethan und ich durch die Menge rannten. Manche Hunter liefen panisch vor dem Feuer, welches sich rasant ausbreitete, davon, andere waren wie Puppen stehen geblieben und lauschten der Musik der Spieluhr.
"Er kann dich nicht hören.", sagte Ethan und knirschte mit den Zähnen.
Mit schnellen Schritten folgten wir der Person, die nach wie vor die Spieluhr in den Händen hielt und eine Kapuze tief in ihr Gesicht gezogen hatte. Die Gestalt flüchtete, als die Flammen sich ausbreiteten, und ich warf Ethan einen verschwörerischen Blick zu. Er sah mich ebenfalls wartend an und da wusste ich, dass wir das selbe dachten.
Das war unsere Chance.

Wir mussten die Spieluhr heute stehlen. Eine andere Möglichkeit blieb uns nicht übrig und da gerade die halbe Akademie abbrannte, hatte ich nichts mehr zu verlieren.

Die Person lief durch die engen Flure und mit einem bedachten Abstand folgten wir ihr. Um meinen Hals spürte ich die Kette von Nox und den Anhänger über meinem Herzen. Er antwortete nicht.

Ethan hatte meine Hand genommen, während wir uns durch die Menge drängten und schließlich in einem Flur ankamen, der einigermaßen ruhig war. Ich konnte noch den Schatten der Person erhaschen, als sie um die Ecke schlich.
Eilig ging ich weiter, als plötzlich ein Messer in der Wand neben mir einschlug.
"Was zum-", rief ich, doch Ethan hatte sich bereits neben mich gestellt.

Eine Gruppe von jungen Huntern stand vor uns und hielten in ihren Händen Messer und Dolche. Einige von ihnen neigten den Kopf schief, als wären sie erschöpft oder müde, andere ließen die Schultern hängen.
Erst als ich in ihre Augen blickte, war mir bewusst, dass sie von der Musik manipuliert wurden.
Einer machten einen Schritt nach vor und warf noch ein Messer, welches ich mit meinen Fächern abblockte.

"Ich kann die Musik kaum hören, wieso sind diese Hunter noch immer unter seiner Kontrolle?", fragte ich Ethan und wich der nächsten Attacke aus. Es waren glücklicherweise junge Hunter, die noch wenig Erfahrung hatten, was das Kämpfen vereinfachte. Ihre Bewegungen waren langsam und nicht präzise genug.
"Es dauert einen Augenblick, bis man wieder die volle Kontrolle über seinen Körper hat.", antwortete er und stieß einen Hunter zur Seite, der gegen die Wand prallte.

"Verletz ihn nicht!", rief ich ihm zu.
Seine Augen funkelten mich amüsiert an.
"Natürlich nicht. Ich doch nicht. Das würde ich niemals tun."
Auch für ihn war das kein anspruchsvoller Kampf. Es war viel mehr eine Zeitverschwendung, die und hinderte, weiterzukommen.

"Pass auf!", schrie Ethan und ich wirbelte um, nur um einen Hunter zu entdecken, dessen Faust beinahe mein Gesicht erreicht hätte.
Ich kniff die Augen zusammen und hob die Hände, doch seine Hand wurde abgefangen. Nicht von Ethan. Nicht von mir.

Rote Locken hingen in ihr Gesicht und sie verdrehte den Arm des Hunters in einem unangenehmen Winkel. Der Junge krümmte sich vor Schmerzen und schließlich ließ sie ihn los.

Hazel richtete sich ihre Kleidung und holte ein kleines Messer aus ihrer Tasche.
"Habt ihr vor, noch länger herumzustehen? Ich halte euch den Rücken frei.", meinte sie und stieß einen Hunter auf die Seite.

Als Hazel unsere verwirrten Gesichtsausdrücke sah, grinste sie hämisch und fuhr sich mit ihrer Zunge über die Lippen.
"In solch schweren Zeiten sollten wir doch zusammen halten, oder nicht, mein Freundchen der Nacht?"
Während sie sich den Griff des Messers zwischen die Zähne schob, blitzten scharfe Eckzähne auf.
Ich wusste nicht, was mich mehr überraschen sollte. Die Tatsache, dass sie sich meinen Kampfstil angegeignet hat oder -und das war viel schlimmer - dass Hazel ein Vampir war.

"Aber du...deswegen sagtest du, dass du dich verändert hast. Deswegen warst du blasser und -"

Hazel warf einen Wurfstern in die Wand neben den Kopf eines Hunters.
"Und deswegen hypnotisiert mich die Musik nicht. Aber hey, später erklärst du mir Mal, wieso du nicht in Trance bist und trotzdem nicht nach Vampir stinkst."
Sie sah mich grinsend an.
"Und jetzt geht, ich kümmer mich um die hier."

Ich flüsterte noch einige Male Danke, doch Hazel hatte sich bereits in das Chaos gestürzt.
Ethan brachte mich wieder in die Realität, indem er mich mit sich zog und wir den langen Flur entlang gingen, in dem ebenfalls schon das Feuer loderte.
Nicht mehr lange und die ganze Akademie steht in Flammen.

••

Wir fanden die Person mit der Spieluhr.
Und zwei weitere Hunter, die in einem der Gärten standen.
Ethan und ich versteckten sich hinter einer Säule und lugten hin und wieder in den Garten.
Ich roch Asche und verbranntes Holz, als ich mich umdrehte, um die Gesichter der Hunter zu erkennen.
Es waren meine Mutter und Mason.

Die Person, die die Spieluhr getragen hatte, stellte diese auf einen Tisch aus Stein ab und ließ die Kapuze nach hinten fallen.
Auch ihre Enthüllung jagte mir einen Schauer über den Rücken.
Es war Madame Rue, die Empfangsdame.

"Oh nein.", murmelte ich. "Was soll das alles hier?" Es war eher ein lauter Gedanke, den ich aussprach, als wirklich eine Frage an Ethan.
Die Musik von Nox war gänzlich verblasst und ich versuchte noch einige Male mit ihm zu sprechen, doch er gab mir keine Antwort.

"Hat er zu dir noch etwas gesagt, als wir den Westflügel verließen?", fragte ich Ethan, doch dieser schüttelte nur mit dem Kopf und widmete sich den einzelnen Flammen, die näher kamen.

Plötzlich traf es mich wie einen Blitz.
Panisch packte ich Ethans Hand und drückte sie fest zusammen.
"Ethan", begann ich, während sich Tränen in meinen Augen bildeten und ich das Feuer sah. "Der Westflügel."

Ich versuchte so leise wie möglich zu sprechen, sodass mich Mason, meine Mutter und Madame Rue nicht verstanden. Sie besprachen irgendetwas, doch ich wollte gerade keine Gedanken für sie verschwenden.

"Sage ist in meinem Zimmer. Im Westflügel.", flüsterte ich. "Die ganze Akademie steht vermutlich in Flammen."
Ich vergrub die Hände in meinen Haaren und sank auf den Boden, während ich mich gegen die Säule lehnte.
"Ich muss, ich muss... Nein.", sagte ich panisch.
"Ally", erwiderte Ethan sanft, während mein Puls raste. "Ich gehe und hol sie."

Ich riss meine Augen auf.
"Bist du verrückt? Das ist wie Selbstmord! Du gehst in ein brennendes Haus!"
Ethans Gesichtszüge spannten sich an, doch im nächsten Moment strich er mir eine Träne weg, die über meine Wange rollte.
Aufmunternd lächelte er mir zu und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Er verharrte in der Position und fuhr durch meine Haare.
"Ich hole Sage und bringe sie an den Waldrand, wo Beliath und die anderen warten."

"Du bist verrückt.", flüsterte ich und musste ein Schluchzen unterdrücken.
"Verrückt genug, um alles für dich zu tun."
Ethan drückte mich an sich und ich konnte seinen Herzschlag spüren. Er erhob sich langsam.
Bevor er sich jedoch komplett von mir entfernte, nahm ich seine Hand und blickte ihn hoffnungsvoll an.
"Komm zurück zu mir."

Ich dachte einen Moment nach, um die Buchstaben in meinem Kopf zu ordnen, dann hing ich an:"Sydämeni."
Mein Herz.

Seine Augen leuchteten kurz auf und behutsam strichen seine Finger über meine Hand, als wolle er mich nie wieder los lassen.

"Immer."

•••

Mal ein etwas kürzeres Kapitel. Ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen  :)

Nähdään!



Hunters of Night - Moonlight Lovers FF {ABGESCHLOSSEN}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt