Kapitel 28 • Vergessen •

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Als wir das Zimmer betraten, zog ich schnell die Vorhänge zu, um das Sonnenlicht abzuschirmen.
Der Raum war nicht sehr groß, allerdings war es nicht weiter schlimm. Er musste nur einen Tag darin verbringen.
Ethan verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich erschöpft gegen die Wand. 
Ich tat es ihm gleich und die Anspannung fiel von meinen Schultern. Wartend sah ich ihn an und musterte sein verschmitztes Grinsen.
"Das haben wir gerade noch geschafft.", meinte er.
"Zum Glück ist uns meine Mutter nicht über den Weg gelaufen. Das wäre gar nicht gut ausgegangen."
Ich setzte mich auf das Bett und gähnte. Es war eine lange Nacht gewesen.
Doch Ethan unterbrach die Stille.
"Wer ist Hazel?", fragte er leise.

Ich zuckte kaum merklich zusammen und legte mich seufzend auf die Matratze.
"Sie ist so wie du. Regel 17. Als Kind wurde sie gefunden. Vampire haben ihre gesamte Familie getötet. Wir haben gemeinsam die Ausbildung begonnen.", erwiderte ich und hoffte, seine Neugier damit befriedigen zu können.
Doch er biss sich nervös auf die Lippe und ließ nicht locker.
"Da ist noch etwas. Wieso sollte es dich so wahnsinnig machen, wenn sie dich besucht?"

Ich krallte meine Finger in die Bettwäsche, wobei ich stur meine Augen zusammenkniff.
"Sie ist meine Exfreundin."
Ich hielt meine Augen geschlossen und spürte, wie die linke Seite der Matratze nachgab, als Ethan sich zu mir legte.
"Oh. Das wusste ich nicht. Also, dass du-"

"Hättest du auch nicht wissen können. Du hast nie gefragt und ich hab es dir nie erzählt.", erwiderte ich. 

Eine bedrückende Stille legte sich um uns. Er Strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Hängst du noch an ihr?"

Sofort schlug ich die Augen auf und sah ihn verwundert an.
"Nein, natürlich nicht! Wir haben uns getrennt, weil unsere Ansichten zu verschieden waren. Hazel wollte weg von der Akademie und mein Ziel war es, hier zu bleiben."

"Aber das hat sich nun geändert.", mutmaßte er.
Ich seufzte. "Hazel ist gegangen, um glücklich zu werden. Ich bin nun glücklich. Mit dir." 
Ich erhob mich und entdeckte auf einen der Regale die schwarze Ledermontur der Hunter.
"Aber ich will jetzt nicht darüber reden. Wir haben es geschafft!"

Ethan neigte den Kopf schief und zog die Decke über den Kopf. 
"Jup.", flüsterte er nur müde.

Langsam ging ich zu ihm und strich die Deck hinunter, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu hauchen.
Ich begutachtete seine Hände. Das Gift auf dem Stift hat ihn nicht verletzt. Ich erklärte ihm, dass er Glück hatte, die Handschuhe getragen zu haben, sonst wären wir im Empfang sofort aufgefallen. 
"Ruh dich aus. Mein Zimmer ist gleich schräg gegenüber, also du kannst immer kommen, wenn du möchtest. Schließ die Tür ab, damit keiner hinein kommt und -"

"Bleibst du nicht bei mir?", fragte er mit trauriger Miene. 

Ich stellte mich zu der Tür und drückte die Türklinke hinunter. "Ich werde jetzt einmal mit unserem Lieblingsgeist sprechen."

Die kühle Kette auf meiner Haut, ließ mich erzittern.
Ich hatte es vermisst, den Schmuck um meinen Hals zu tragen und das leichte Gewicht des Anhängers zu spüren. Eigentlich dachte ich, dass Nox mich volllabert und mir eine Standpauke hielt - doch sie blieb aus. Stattdessen hörte ich rein gar nichts und eine dumpfe Stille machte sich in meinem Kopf breit. Es war viel zu ruhig. 

Ich war in mein Zimmer gegangen und räumte das Schachbrett von meinem Bett, welches Sage und ich zuvor genutzt hatten. Und dann entdeckte ich meine Schuhe, die über und über mit Blumenerde vollgestopft waren. Sage kann sich auf etwas gefasst machen.

"Nox?", fragte ich ruhig und setzte mich auf das Bett. 

Anfangs bekam ich keine Antwort, bis ich plötzlich ein leises Summen in meinen Ohren hörte. Der Ton vibrierte, löste sich wieder auf und verstärkte sich. Als wäre es ein Band, welches mit jeder Sekunde enger gezogen wurde. 
Im nächsten Augenblick hatte sich das Summen zu einem unterdrücktem Rauschen entwickelt und ich fühlte mich müde. Wie damals, als ich das erste Mal auf Nox traf. 
Langsam kippte ich auf die weiche Matratze und schloss die Augen, konzentrierte mich auf das leise Rauschen, welches immer mehr zu einem Flüstern wurde. 

Hunters of Night - Moonlight Lovers FF {ABGESCHLOSSEN}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt