Kapitel 34 • Kalidr •

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Es vergingen einige Wochen, seitdem ich ein ewiger Teil der Nacht wurde. Zwar lernte ich die Nacht bereits in meinem Hunterleben kennen und lieben, doch nun, da die Dunkelheit ein treuer Begleiter wurde, fühlte es sich seltsam an. Seltsam vertraut.

Die anderen im Gutshaus haben mich gut aufgenommen, besonders Beliath meinte, dass wir beide nun das Moondance unsicher machen könnte. Vladimir konnte mich noch nie leiden, was man merkte, aber zu meiner Verwunderung hatte er eine äußerst starke Sympathie zu Sage, meiner kleinen Schwester, entwickelt.

Nachdem die ganze Akademie unter dem Feuer zerstört wurde und hunderte Hunter und Huntress ihr Zuhause verloren, wurde das Gutshaus  für Sage ein neues Zuhause. Anfangs hatte ich mir schwere Vorwürfe gemacht. Was, wenn diese Welt nichts für sie ist? Sie ist doch noch ein Kind. Andererseits hätte ich sie nirgendwo anders hinbringen können. Unsere Mutter war gestorben, mein Bruder, Mason, ein Verräter und mein Mörder.

Trotz all dem Unglück, was uns in letzter Zeit verfolgte, hatte Sage keinen Grund von hier wegzuwollen. Jeder - und wirklich jeder - hatte sie ins Herz geschlossen. Entweder sie war mit Vladimir in den Gärten, mit Raphael in der Bibliothek oder Aaron erzählte ihr Geschichten. Beliaths Haare mussten oft darunter leiden, weil sie sie wie eine Verrückte flechten wollte. 
Und Ivan...Ivan mochte sie sehr gern. Zwar stotterte immer wieder, wenn er mit ihr sprach, aber im Großen und Ganzen war vorallem Sage sehr zufrieden - Eine Sache, die mir besonders wichtig war.

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ich hinter mir eine Stimme hörte.
"Du denkst doch hoffentlich an mich, mein Schatz oder?"

Ethan trat neben mich und neigte den Kopf schief, als würde er meine Gedanken lesen wollen. "Bei all den Geistern! Du bist ja fast schon so blass wie ich."
"Ist das schlecht?"
Er spielte mit der einzelnen weißen Haarsträhne, die sich von meinen schwarzen Haaren abhebte. Nox meinte, er würde sie an dem Mond erinnern, weil auch dieser zwischen der Dunkelheit lebt.
Sein Gerede war wirr und manchmal ergab es keinen Sinn, aber zumindest verglich er mich nicht wieder mit einem Stein.

"Nicht im geringsten. Aber deine Gedanken sind bei etwas anderem, nicht wahr?"
Seine Hand streifte meine. Ethan war zwar immer noch provokant, das, was ihn ausmachte, doch seitdem ich beinahe gestorben bin, lässt er mich nur ungern aus den Augen.
So wie heute Nacht.

Ich nickte langsam, als würde es ein Geheimnis zwischen uns sein. "Wer begleitet uns?"

Meine Frage ließ Ethan mehr zusammenzucken, als ich anfangs vermutet hatte. "Beliath und Aaron."

"Wann brechen wir auf?" Meine Stimme erzitterte bei dem Gedanken, die dritte Spieluhr zu holen. Jänemi wurde in der Akademie zerstört. Ezari hatte Ethan letzte Nacht zerstört. Es ist Nox' Wunsch, alle Spieluhren zu zerstören. Darunter gilt auch die Kette, die ich um meinen Hals trug.
Jedenfalls sollten wir die dritte Spieluhr bald zerstören, denn Nox erzählte uns, dass seine Kraft sonst zu mächtig wird, um nur in einer Spieluhr und einer Kette zu verweilen. Dann müsste er sich eine andere Hülle suchen. 
Und ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte.

"Hast du deine Messer?", wollte Ethan wissen.
Ich nickte. 
"Und deine Pistole?"
Erneut nickte ich.
"Gut.", flüsterte Ethan eher zu sich selbst. Als würde ihn der Gedanke beruhigen, dass ich mehr Waffen als Kleidung an meinem Körper trug. 

Grundsätzlich gab es keine Bedenken, die Spieluhr zu stehlen. Schließlich meinte Ethan, dass niemand auf die Idee kommen würde, sie zu stehlen. Zudem keiner eine Ahnung hatte, wo sie sich befand.
Aber mein Magen drehte sich bei dem Gedanken um. Mason lebt noch immer. Das einzig Gute? Er denkt, ich sei tot. 

"Lieber eine Waffe zu viel an deinem Körper, als in deinem Körper.", sagte Ethan und strich über meine Taille. 
Bei seiner Bemerkung begann ich zu grinsen und schloss ihn in meine Arme.
Er hatte sich in den letzten Tagen mehr als nur wie ein Freund verhalten. Er kümmerte sich um mich und öffnete sich mir, was ich mir niemals hätte vorstellen können. Vielleicht verstand er nun endlich, dass er nicht alleine war.
Vielleicht hat er in mir endlich jemanden gesehen, dem er vertrauen kann. So oder so, fühlte ich für ihn mehr als nur Vollkommenheit und Liebe.
Auch wenn ich letzteres nie laut aussprach. Nicht, weil ich mich nicht traute, sondern weil wir unsere eigene Form von Liebesgerede hatten. 

Hunters of Night - Moonlight Lovers FF {ABGESCHLOSSEN}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt