Oder einfach nicht füreinander bestimmt

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Ilus holte tief Luft und eröffnete dann die Versammlung: "Okay Jungs, ein letztes Mal. Wir müssen todernst hier ran gehen". Henry ließ seinen Kopf genervt sinken. Weiter erklärte Ilus: "Wenige von euch kennen sie, viele aber nicht. Ihr Name ist Emily, sie ist Whitefurs Schwester. Dem Untergrund hat sie sich nie angeschlossen, aber sie tat immer alles, um ihn zu unterstützen. Sobald sie herausfindet, dass wir ihn getötet haben, sind wir tot. Eine unglaublich gute Kämpferin. Manipulation und Geschicklichkeit ist eine gefährliche Mischung, aber sie verfügt darüber. Wir müssen arg aufpassen. Bitte nimmt es so ernst wie den Kampf mit Iceman. Wie es aussieht, hat sie zur Zeit eine Komplizin. Eine Gang wird sie nicht haben, dennoch ist sie nicht zu unterschätzen. Selbst wenn ihr denkt, ihr könnt sie gerade ganz einfach töten - Im nächsten Moment steht sie mit einer größeren Waffe hinter euch. Fallt bloß nicht auf sie rein". 

Lucky stieß Koi leicht an: "Gilt auch für dich". Koi schüttelte ernst mit dem Kopf: "Wenn er schon so redet, ist das alles andere als ein Witz. Ich traue mich da nicht ran, mit keinen Spielen". Während Lucky stolz auf ihn grinste, wirkte Shota zweifelhaft über die Aussage. Shark fragte ängstlich: "Darf ich ausreisen?". "Sie macht mir auch Angst, aber gerade dich brauche ich in meinem Team", bedauerte der Chef. "Aber sie hatte mir die Schuhe geklaut", hackte er darauf rum. "Wenn sie keine Gefahr mehr ist und ich dir dann ein Haustier deiner Wahl erlaube, machst du dann mit?", fragte er hoffnungslos. "...Zwei?...", willigte er zögerlich ein. Ilus sank die Schultern: "In Ordnung". Henry realisierte den Ernst der Lage noch nicht: "Bitte was soll an ihr so krass sein?". Man hörte erschrockenes Aufatmen und Henry wurde lauter: "Mal im Ernst! Wenn alle vorgewarnt sind, sich nicht manipulieren zu lassen und wir deutlich mehr Leute haben, dann ist sie doch das kleinste Problem!". Zigz regte sich auf: "Nimmst du seine Warnung wohl ernst! Emily ist gemein und fies!".

Kurz war es ruhig, bis Henry entsetzt meinte: "Seid ihr etwa auf dem Spielplatz und lasst euch rum schubsen? Sie klaut euch doch nicht euer Pausenbrot!". "Doch, genau solche Sachen hat sie damals mit uns abgezogen! Nur, damit ihr Bruder etwas zu Lachen hatte!", drängte Zigz gegen Henrys Aussage. Dieser schüttelte mit dem Kopf und griff zu einer Waffe: "Also das ist lächerlich. Ich könnte sie auch einfach alleine besiegen gehen. Wir sehen uns in einer halben Stunde wieder". Auf dem Weg nach draußen sprintete Ilus ihm hinterher, riss die Waffe aus seiner Hand und trug ihn nach oben ins Schlafzimmer. Dort knallte er die Tür zu und sprach vertraut: "Ich meine es wirklich ernst. Vielleicht hört sie sich so nicht gefährlich an. Gerne spielt sie kindische Streiche, aber sie kann wirklich außerordentlich gut kämpfen. Bitte, gehe wenigstens niemals alleine zu ihr. Ich möchte, dass du dann mindestens mich bei dir hast".

Unzufrieden schwieg Henry und sah zur Seite weg. "Sonst ist dir die Sicherheit aller doch auch wichtig. Weshalb nimmst du nicht ernst, wie gefährlich diese Frau sein kann?", verzweifelte Ilus langsam. Er teilte ihm seine wahren Probleme mit: "Es ist nur immer das Gleiche. Du hast nie Zeit für mich. Ich habe es satt, zu dir nicht mehr Verbindung zu haben als das gesamte Getätschel. Ich habe in den letzten Tagen genauer darüber nachgedacht - Weshalb sollten wir uns ineinander verliebt haben? Es wird wohl einen Grund geben, weshalb uns beiden diese Worte nicht so leicht fallen. Ich denke, weil wir uns nicht in dem Sinne lieben. Natürlich kämpfen wir mit dem Leben füreinander, aber wir leben ja auch auf der kaltherzigen Straße. Wir haben uns so nie wirklich kennengelernt. Wann sind wir denn mal raus gegangen und haben uns nur auf uns beide konzentriert? Ich fühle mich mehr in einer Nutzbeziehung, als irgendwas anderes. Das Bett ist der einzige Ort, wo ich deine Aufmerksamkeit habe. Und das ist bei Weitem nicht das, was ich mir von dir wünsche". Nun schwieg Ilus mit großen, wässerigen Augen. Henry kehrte ihm den Rücken zu und verließ niedergeschlagen das Zimmer. 

Arrow suchte die gesamte Zeit nach Henry, fand ihn schließlich auf dem Dach. Gut gelaunt ließ er sich neben ihm fallen: "Also ich würde mit dir auf der Stelle los fahren und diese Emily nieder strecken". "Hast du keine Angst?", fragte Henry mit monotoner Stimme. "Respekt und Energie, das habe ich", grinste er selbstbewusst, "Sollen wir?". Still schüttelte Henry mit dem Kopf. Auf der Suche nach Abenteuer versuchte Arrow ihn zu überreden: "Wir sind früh wieder da. Glaube mir, ich kann schleichen und sehr leise sein. Selbst wenn ich nicht so aussehe. Gerade du würdest für Chef doch wollen, dass alle seine Probleme verschwinden". Erst nickte Henry nur, setzte verzögert nach: "Deswegen werde ich dieses Wochenende verschwinden...". Murrend stand Arrow wieder auf: "Es wird ja noch genug Zeit danach geben".

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Allesamt standen sie vor Ilus' Tür und machten sich Gedanken. Lucky sah auf seine Uhr: "Jetzt sind es exakt neunzehn Stunden, in denen er sein Zimmer nicht verlassen hat". Bedrückt seufzte Zigz: "Das mit Emily schlägt uns allen auf den Magen, aber das kann nichts Gutes bedeuten". Kiki kam die Treppe runter und fragte: "Was macht ihr vor Ilus' Tür?". Shark meinte: "Er kommt nicht raus". Sie schaute verwundert: "Ist er nicht mit Henry zusammen nach LA geflogen?". Die Männer tauschten misstrauische Blicke aus. Sie ergänzte: "Henry hatte mich gefragt, ob er über meinen Laptop einen Flug buchen könnte. Er ist vor acht Stunden los". Arrow merkte an: "Er wollte für das Wochenende weg". Zigz öffnete direkt ohne Klopfen die Tür. Ilus saß still auf einem Sessel. Langsam schwenkte er mit dem Blick zur Uhr, dann schüttelte er mit dem Kopf: "Ihr könnt den Dienst ohne mich schmeißen oder ihr macht heute frei... Ich fühle mich nicht wohl...".

Unbehagen wollte Zigz die Tür wieder schließen, da rief Kiki laut auf: "Henry ist gerade komplett alleine in Los Angeles?!". Ilus zog erschrocken den Kopf hoch: "Was...?". Arrow hob nun auch die Stimme: "Du wusstest davon nichts?!". Kiki setzte nach: "Er hat keinen Rückflug gebucht! Ich dachte, ihr zwei wolltet für ungewisse Zeit eine Auszeit nehmen! Weshalb ist er abgehauen?!". Darauf antwortete Ilus nicht. Stur stapfte Shark los: "Wir holen ihn ab!". Ilus hob die Hand: "Wartet. Lasst ihn...". Sie gaben erschrocken-fragende Geräusche von sich. Koi wurde sogar leicht sauer: "Du weißt, was für Menschen dort rum laufen! Man kennt ihn dort! Selbst wenn man ihn noch nicht kennt, dann ist er frisches Futter für die ganzen Perverslinge!". Kurz war Ilus unsicher, doch schüttelte er dann mit dem Kopf: "Es war seine Entscheidung...".

In dem Moment begab sich Henry mit hoch gezogener Kapuze bei Anbruch der Nacht auf den Friedhof. Er stellte sich vor das Grab seines ehemaligen besten Freundes und setzte sich auf den Steinweg. "Nicht mal ein Jahr ist es her, was...?", sprach er mehr mit sich selbst, in Gedanken an Dylan. Er holte sein Handy hervor und machte sich über Kopfhörer Dylans Lieblingslied an. Danach sprach er seine Gedanken aus: "Ich wusste, ich habe dich geliebt. Ich wusste, du hast mich geliebt. Aber was weiß ich heute schon? Ilus hat mir mit der Trauer geholfen und ich habe ihm mit dem Nemesis seines Bruders geholfen. Dann meinte ich, ihn zu lieben. Ja bin ich denn verrückt? Mit dir habe ich so viele Erinnerungen geteilt, wir waren verbunden. Das konnte uns keiner nehmen. Aber wo bin ich denn besonders für Ilus? Welche besondere Erinnerung teilen wir? Ich sage, ich wünsche mir von ihm wirklich Liebe. Vielleicht sollte ich anfangen mich zu fragen, ob ich das Gleiche zurück geben könnte. Was ist dieses Leben denn? Der Untergrund? Wie kann man da denn normal fühlen? Du musst dich schnell verlieben, weil du zu beschäftigt mit Feinden und der Polizei bist".

Ihm kamen Tränen in die Augen: "Er hat das alles wahrscheinlich nur zurück gegeben, weil er das vorher noch nicht hatte und es ihm nun gefallen hat oder so. Ich kann es nicht unterscheiden, einordnen. Dylan... Bei dir wusste ich alles. Meine einzige Unsicherheit war nur, es dir zu sagen. Wenn du nicht gegangen wärst, hätte ich all diese Probleme jetzt nicht. Wie gerne hätte ich dich wieder...".

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