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- Lee Minho

Es war der erste Schlag der mein Leben schlagartig veränderte. Darauf folgte ein zweiter und ein dritter. Vielleicht folgte auch noch ein vierter und ein fünfter. Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen. Ich hatte aufgehört mir Gedanken darüber zu machen, warum er es tat. Ich hatte mich daran gewöhnt. Immer wenn ich nach Hause kam, wurde die Hand gehoben und letztendlich landete sie immer irgendwo auf meinen Körper und das mit voller Wucht. Ich fand mich damit ab, konnte es verstehen, doch irgendwann kam die Polizei und das Jugendamt und riss mich weg. Weg von meiner Familie, die mich so sehr verachtete, nur weil ich nicht der war, für den sie mich halten wollten. Ich sollte ein guter Junge mit guten Noten sein, ich hatte mich selbst sogar darein gehängt, damit ich meinen Eltern gefiel, doch waren sie nie mit meinen Leistungen zufrieden, egal wie sehr ich mich darum bemühte. Egal ob ich eine Eins mit voller Punktzahl nach Hause brachte. Sie verlangten immer mehr von mir und irgendwann fing es an, das ich daran kaputt ging. Ich wollte der perfekte Junge sein, auf den man stolz sein konnte, doch durch meine Sexualität hatte ich alles ruiniert. Sie wollten diese "Krankheit" aus mir rausprügeln, ich ließ sie es sogar tun. Immerhin wollte ich perfekt sein, damit meine Eltern mich liebten. Damit sie etwas haben worauf sie stolz sein können.

Dadurch das das Jugendamt mich aus meiner Familie gerissen hatte, wohnte ich jetzt in einer Jugendwohneinrichtung, wo ich mit fünf weiteren Jungs und drei Mädchen lebte. An sich waren meine Mitbewohner und die Erzieher sehr nett, doch wollte ich hier nicht sein. Ständig musste ich mich mit dem was zuhause passiert war auseinandersetzen, aber nur damit die Erzieher mir helfen konnten. Aber so jemanden wie mir konnten sie nicht helfen. Der Schmerz saß dafür einfach zu tief.

,,Minho? Ist alles okay bei dir?" fragte mich plötzlich Ahni, ein Mädchen aus meiner Gruppe, mit der ich mich relativ gut verstand. Anders als mit Minji. Minji war Ahnis beste Freundin hier, doch sie lästerte desöfteren gerne mit mir über Ahni, weshalb ich sie nicht mochte. Ahni war eine gute Seele, sie kümmerte sich stets um ihre Freunde und um ihre Mitbewohner. Das Minji lieber über sie lästerte, anstatt dankbar dafür zu sein, eine gute Freundin wie Ahni zu haben, hinterfragte ich schon eine ganze Weile.

,,Ja, alles okay. Hab nur ein wenig nachgedacht." meinte ich nur und sie nickte, blieb mit mir trotzdem im Esszimmer sitzen, da ich auf einen Erzieher wartete, damit ich mir eine Flasche mit in mein Zimmer nehmen konnte. Jeder hier hatte sein eigenes Zimmer, was ich persönlich sehr gut fand. Immerhin brauchte jeder hier Privatsphäre, sonst hätten die Erzieher wahrscheinlich noch mehr Stress mit uns als ohnehin schon.

,,Oh mein Gott, wer von euch Vollspacken hat mein Geld geklaut?!" wütend kam Minji aus ihrem Zimmer und sah uns wütend funkelnd an. Hier passierte es öfters, das Geld abhanden kommt, aber die Erzieher konnten auch nichts tun, als zu sagen, dass wir besser auf unser Geld aufpassen sollten.

,,Chill, vielleicht hast du es ja verloren oder für Schminke schon längst ausgegeben." meinte ich nur genervt und wartete weiterhin, bis der Diensthabende Erzieher sein Telefonat beendet hatte, damit ich endlich hier weg konnte. Ich wollte mich lieber in mein Zimmer verschanzen, mir Musik anmachen und tanzen. Ich liebte das Tanzen wirklich sehr, ich durfte schon als Kind den Tanzkurs besuchen gehen. Das war etwas, wozu ich meine Eltern damals überreden musste, aber ich war wirklich glücklich, als sie sagten sie würden nach Tanzschulen suchen, die gut für mich wären. Sie bezahlten die Schule noch, aber bei meinem Letzten Hilfeplangespräch hieß es, sie würden es nicht mehr tun wollen. Ich wartete nur auf die Nachricht, dass ich nicht mehr dort tanzen gehen durfte.

,,Sihyeon! Mein Geld wurde schon wieder geklaut!" beklagte sich Minji, als Sihyeon endlich aus dem Büro kam. Sihyeon schüttelte nur den Kopf und wandte sich an mich, denn mich sah man wirklich selten unten auf etwas warten. Ich war eher derjenige hier, der so gut es ging auf Gruppenaktionen verzichtete, gerade weil ich erst seit einem Monat hier lebte. Für mich war es einfach ziemlich schwierig, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.

,,Minho? Alles okay?" fragte sie dann und ich nickte einfach nur.

,,Ich wollte mir nur eine Flasche Wasser holen." meinte ich dann und sie nickte, ehe sie das Erzieherschlafzimmer öffnete und mir eine Flasche gab.

,,Kann ich dich noch kurz sprechen, bevor du wieder in dein Zimmer gehst?" fragte sie, worauf ich nickte und ihr in das Büro folgte. Ich schloss die Tür hinter mir und setzte mich auf einen der Stühle, ehe ich mir einen Schluck von meinem Wasser nahm. Sihyeon wartete kurz, bevor sie anfing zu sprechen.

,,Ich habe gerade mit deiner Mutter telefoniert.", fing sie an und ich nickte nur, um ihr zu signalisieren das sie fortfahren konnte. Eigentlich wollte ich nicht mehr wissen, was meine Eltern mit den Erziehern hier besprach, aber immer wieder musste ich mir das anhören. Und jedes Mal zog es mich wieder in das Loch zurück, aus dem ich immer wieder kriechen musste, damit es mir besser ging.

,,Sie hat soeben den Vertrag mit deiner Tanzschule gekündigt, absofort wirst du diese nicht mehr betreten können."

,,Sie hat was?!" wütend stand ich von meinem Stuhl auf und und sah Sihyeon an. Ich atmete schwer, denn meine Mutter hatte mir gerade endgültig mein Leben versaut. Die Tanzschule war wirklich der einzige Ort gewesen, an dem ich wirklich frei von allem sein konnte. Ich konnte dort alles vergessen, was mich bedrückte und jetzt musste ich hier tanzen. Mein Zimmer war eines der kleineren hier und dort konnte ich meine Leidenschaft für das Tanzen nicht ausleben. Und die Erzieher wussten das.

,,Ich habe einen Vorschlag für dich, ich weiß das du das Tanzen liebst. Ich werde morgen in der Teamsitzung mit den anderen Kollegen sprechen. Vielleicht kannst du zum Tanzen in eines der freien Artpartments unten gehen, damit du dein Hobby nicht vernachlässigst. Immerhin weiß ich wie groß dein Zimmer ist und du nur bedingt dort ganzen kannst. Wenn die Kollegen damit einverstanden sind, kannst du vielleicht sogar ab morgen unten Tanzen. Mach dir nur bitte jetzt nicht zu große Hoffnungen, das es klappt, okay?" ich nickte, hatte mich durch Sihyeons Vorschlag etwas beruhigt und war sogar froh, das sie sich extra etwas hat einfallen lassen, damit ich tanzen konnte. Ich würde mir nicht wirklich große Hoffnungen machen, denn vielleicht hatte ja alle etwas dagegen. Trotzdem war ich froh, das Sihyeon wusste, wie sehr Tanzen mir am Herzen lag und das machte mich gerade wirklich glücklich.

 𝑻𝒓𝒖𝒔𝒕 𝒎𝒆 𝑩𝒂𝒃𝒚 // 𝒎𝒊𝒏𝒔𝒖𝒏𝒈 ✓  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt