Es nervte Jean, dass er so nutzlos war. Und es half ihm auch nicht, über die Trauer um Marco hinwegzukommen, wenn er den ganzen Tag nur im Bett lag, aber sobald er die Anstrengung unternahm, sich aufzusetzen, protestierte seine Wunde und es fühlte sich an, als würde man ein Messer in seinen Körper stoßen.
"Fuck", murmelte er leise und sah aus dem Fenster - seine so ziemlich einzige Beschäftigung in diesem Raum. Er dachte zurück an Marco und wie er ausgesehen hatte. Bevor er ein Biest wurde. Er redete sich gerne ein, dass er ihn hätte retten können und gleichzeitig wusste er, dass das völliger Unsinn war. Er dachte an einen Tag zurück, an dem er mit Marco zum Strand gefahren war. Den ganzen Tag hatten sie dort verbracht, sind durch den warmen Sand gelaufen und hatten etwas gegessen, sind mit den Füßen ins Wasser und hatten sich gegenseitig nass gespritzt und dann entschuldigend geküsst.
Zitternd atmete Jean durch und presste die Handballen auf seine Augen. Das würden sie nie wieder tun können. Es würde eine Erinnerung bleiben.
"Hey, alles klar? Hast du Schmerzen?", fragte Eren als er reinkam. Jean sah zu ihm und senkte den Blick:"Nein, alles gut."Die Welt war echt am Arsch, wenn sogar Erzfeinde zu Freunden wurden.
"Marco, hm?", fragte Eren verständnisvoll nach und schob sich auf das Bett. Schwach lächelte er und hielt Jean die letzten Reste von ein paar Erdnussflips entgegen. Der Aschblonde tat ihm den Gefallen und nahm sich etwas von dem Knabberzeug. Eigentlich war Eren wirklich in Ordnung. Wäre er nur nicht so scheiße am Anfang ihrer Schulzeit gewesen, hätten sie sicher schon längst gute Freunde werden können. Aber das Schicksal hatte sie dann zu Konkurrenten werden lassen.
"Ich würde gerne wissen, wie es Mikasa geht", murmelte Jean leise und sah ihn an. Einen Moment schien es als würde Eren protestieren wollen, doch das Feuer in seinen Augen versiegte ziemlich schnell wieder. Sich jetzt zu streiten war es nicht wert; auch wenn es nur zum Spaß wäre. Er senkte den Kopf und nickte:"Scheiße, ich auch ... Ich hoffe wirklich, dass es in Japan nicht so ist wie hier. Dass - keine Ahnung - nur Amerika betroffen ist."
"Ja", stimmte Jean ihm stumpf zu. Was sollte er auch sonst sagen? Es bestand noch Hoffnung, wenn es nur Amerika getroffen hatte. Es war unmöglich, dass der Rest der Welt das nicht mitbekam und sie würden sicher Rettungstrupps schicken."Wenn man ihr wenigstens sagen könnte, dass alles okay ist", sagte Eren und starrte auf die weiße Decke:"Nur ein Zeichen geben oder erhalten."
"Tut mir leid", sagte Jean, denn er wusste nicht, was er anderes hätte sagen können:"Wie sieht jetzt übrigens der Plan aus?"
"Ach ja ... Erwin, Rico und ich werden morgen die erste Patrouille starten. Ich hatte ja schon erzählt, dass wir das Gebiet um uns herum jetzt im Auge behalten werden bis es dir besser geht und wir Richtung Innenstadt laufen können", antwortete Eren, froh um den Themenwechsel. Jean verzog das Gesicht und sah genervt weg:"Ja, hast du. Fuck, es nervt so sehr, so eine Belastung zu sein."
"Unsinn", sagte der andere und schüttelte den Kopf:"Du kannst nichts dafür und es ist ja auch eigentlich gar nicht schlecht, wenn wir noch etwas bleiben. Schließlich war es bisher sicher."
"Ja, bisher."
Es entstand ein Schweigen, das aber weder unangenehm noch angenehm war. Es war einfach da und füllte den Raum. Schließlich sah Jean Eren an:"Wenn jetzt diese Biester hier reinkommen würden, was würde passieren? Mit mir, meine ich."
"Hä?"
"Ich kann nicht laufen, ich kann mich nicht einmal richtig hinsetzen, ohne Schmerzen zu haben", führte Jean seine Gedanken weiter aus und sah Eren weiterhin erwartungsvoll an. Der zog verstört die Augenbrauen zusammen als er verstand:"Alter! Wir würden dich nicht zurücklassen! Erwin könnte dich tragen und wenn nicht, dann würden Armin und ich das machen! Was geht denn bei dir ab?! Wir lassen niemanden zurück, du Schwachmat!"
Schwach lächelte Jean und boxte ihm gegen den Oberarm:"Penner."
"Idiot", erwiderte Eren humorvoll, doch sein Blick blieb ernst:"Du kommst mit. Egal, was passiert."Jean war froh, das zu hören. Verdammt froh. Er beschäftigte sich oft mit solchen Gedanken, wenn er alleine im Raum war oder nachts wach lag und nicht gerade an Marco dachte. Er atmete tief durch und nickte dann langsam:"Okay, lassen wir es lieber bleiben, weiter darüber nachzudenken."
"DU hast drüber nachgedacht", stellte Eren richtig und es stimmte. Er hatte nicht eine Sekunde lang gezögert, ihm zu sagen, dass er nicht zurückgelassen wurde. Das entspannte Jean deutlich und er strich sich das Haar zurück, welches sich echt verdammt eklig anfühlte. Er verzog das Gesicht:"Wenn das hier vorbei ist, wird das Erste, was ich mache, eine Dusche sein."
"Hast du auch echt nötig. Du stinkst bis auf den Flur", sagte Eren grinsend. Jean grinste zurück:"Aber du riechst so viel besser? Bestimmt lockst du sogar schon die Biester von draußen an."Die beiden Jungen lachten, hörten aber schlagartig auf, als sie ein gleichmäßiges Schrappen hörten, das immer lauter wurde. Sie lauschten einige Augenblicke lang und starrten sich dann an. Sie kannten das Geräusch und es konnte nur Eines bedeuten.
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The Awakening
FanficEs gibt keine Dämonen? Das Böse existiert nicht? Dunkle Machenschaften sind Humbug? Das dachten auch Levi und Erwin. Doch dieser Glaube ändert sich schlagartig, als seltsame Geschehnisse passieren. Menschen drehen durch - bringen sich um, verstümmel...