Kapitel 46 - Frank

200 15 4
                                    

Auch an meinem nächsten Arbeitstag besuchte ich Ella. Ich freute mich jeden Tag aufs Neue darauf, sie wiederzusehen. Es fiel mir aber andererseits auch immer schwerer. Es trat einfach keine Besserung ein. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl sie würde sich mehr und mehr von mir entfernen. Der Gedanke daran, dass sie nie wieder aufwachen könnte, machte mich total fertig.
Komm Frank, denk positiv!, versuchte ich mir selbst Mut zuzusprechen.
An ihrer Tür angekommen stoppte ich und atmete mehrmals tief ein und aus. Schließlich gab ich mir einen Ruck und trat ein.
Ella lag wie gewohnt in ihren Bett, irgendwie sah sie aber anders aus.
Sie war kreidebleich, verschwitzt und atmete schwerer als sonst, was mich schockierte.

Meine Kinnlade fiel nach unten, als ich bemerkte, wie niedrig ihr Puls war. Schnell griff ich zum Telefon und rief die Kollegen der Radiologie an.
"Kestner hier. Es geht um eine Patientin, Frau Mondie. Sie atmet schwer, ist bleich und kaltschweißig. Verdacht auf innere Blutung", sprach ich zu meinem Kollegen, der mir sofort einen Platz im CT beschaffte.
Ellas Puls sank weiter ab und langsam machte sich in mir die Panik breit.
Verdammt! Scheiße!, schrie ich mich in Gedanken selbst an.
"Ella du musst durchhalten!", sprach ich nun zu ihr.
Ich überlegte, wie ich ihren Zustand verbessern könnte und kam auf ein Medikament, welches ihr helfen sollte. Dieses verabreichte ich ihr, um sicherzustellen, dass sie für die folgenden Untersuchung stabil sein würde. In Windeseile löste ich die Rollen ihres Bettes und begab mich Richtung Radiologie. Dort erwartete mich bereits einer meiner Kollegen, der Ella besorgt anschaute.
"Wir machen ein CT mit ihr, ich geb dir später Bescheid was rausgekommen ist. Kannst derweil wieder zurück an die Arbeit", sprach er zu mir.
"OK danke", war das Letzte was ich mit brüchiger Stimme herauspressen konnte, bevor er sich Ella schnappte und mit ihr im Raum verschwand.

Scheiße, wüsste er nur, dass Ella für mich keine normale Patientin ist, dachte ich und ließ mich auf den nächstbesten Stuhl sacken. Ich stützte erschöpft meinen Kopf auf meine Handflächen. Scheiße, scheiße, scheiße! Hoffentlich läuft alles gut und es kommt nicht Schlimmes raus. Ich fühlte mich komplett machtlos.
Viel nachdenken konnte ich allerdings nicht, da die Untersuchung nicht lange dauerte. Ich sah, wie Ella wieder aus dem Raum geschoben wurde, was mich irgendwie erleichterte.
Mein Kollege kam auf mich zu: "Du bist ja noch da", sagte er verwundert. "Ja.. ich.. wie geht's ihr? Was hat sie?", fragte ich ungeduldig.
"Sie muss sofort operiert werden, dein Verdacht auf die innere Blutung hat sich bestätigt", antwortete er mir, bevor er sich von mir abwand und sich um einen Platz im OP bemühte.

Mir wurde kotzübel. Meine Beine fingen an zu zittern und ich hatte das Gefühl, gleich umzufallen. Kurz wurde mir schwarz vor Augen und ich beschloss, aufzustehen um meinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen, was natürlich nicht funktionierte. Ich verlor das Gleichgewicht und wäre beinahe zu Boden gefallen, wenn da nicht der Stuhl gewesen wäre. Ich fasste den Entschluss kurz sitzen zu bleiben und mich zu beruhigen. Ich versuchte meine Gedanken positiv zu beeinflussen und wieder ein wenig Kraft zu sammeln. Nach einigen Minuten, welche sich wie Stunden anfühlten erhob ich mich schließlich und begab mich mit wackeligen Beinen auf den Weg zum OP. Mir kam bereits ein Pfleger entgegen, der mich darauf aufmerksam machte, dass wohl ein Angehöriger wissen wolle, wo Frau Mondie sich befände und was los sei. Ich eilte also zu Ellas Zimmer und hoffte, dass ich ihre Schwester dort vorfinden würde. Wer mich allerdings erwartete, überraschte mich nicht wirklich. Es war dieser anhängliche Lauch, der sich als "Ellas Freund" bezeichnete.

"Frank ich habe nach einem Arzt gefragt und nicht nach dir", zickte er mich an.
"Leonard, meinst du ich habe Bock mit so einem Spasten wie dir zu reden? Hör zu: deine "Freundin" ist im OP. Sie hat eine innere Blutung und es geht ihr sehr schlecht", antwortete ich ihm niedergeschlagen.
"Du dummer Idiot! Du hast sie doch bestimmt vergiftet! Deshalb geht es ihr jetzt so schlecht! Was hast du meiner Elli nur angetan!?!?", schrie er mich plötzlich an.
"Was ist denn bei dir falsch? Meinst du wirklich ich würde sowas tun? OK, du magst mich genauso wenig wie ich dich, aber deshalb bin ich doch kein Mörder!"
"Du hast sie schon einmal fertig gemacht mit deiner Aktion, du Fremdgeher!", schrie er durch den Flur.

Ich hatte mich selbst nicht mehr unter Kontrolle und spürte wie die Wut mich überkam. Kurzerhand ballte ich meine Hände zu Fäusten und schlug Leonard mitten ins Gesicht. Er taumelte zurück und fiel auf einen der Stühle.
Erst jetzt ließ meine Wut nach und ich begriff, was ich da gerade getan hatte. Leonard saß mit Nasenbluten vor mir und diese Situation überforderte mich.
"Geht's?", fragte ich vorsichtig, woraufhin ich einen aggressiven Blick zu spüren bekam.
"Dein Ernst, Frank? Ich werde mich bei deinem Chef beschweren, dass ist dir klar oder?"
"Tu was du nicht lassen kannst. Aber wenn du das machst kannst du mit deinem Nasenbluten bleiben wo der Pfeffer wächst, von mir bekommst du keine Hilfe", waren meine letzten Worte bevor ich mich von ihm entfernte und weiter hoffte, dass Ella die Operation gut überstehen würde.

---------------------

Denkt ihr, Ella wird die OP gut überstehen? Und könnt ihr Franks Reaktion auf Leonards Provokation verstehen?
Wir hoffen, euch hat das Kapitel gefallen :)

HerzschmerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt