Kapitel 5 - Ella

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Ich saß in der Notaufnahme auf einer der Liegen und wartete ungeduldig und mit klopfendem Herzen auf Dr. Kestner, welcher mich untersuchen sollte. Als er kurz darauf zu mir kam und sich vorstellte, betrachtete ich ihn direkt genauer. Mir fiel auf, dass er wirklich gut aussah, mit seinen blonden Haaren war er vollkommen mein Typ. Was denk ich jetzt schon wieder?, fragte ich mich, entsetzt über mich selbst. Mein Freund hat erst vor kurzem Schluss gemacht und ich geiere schon anderen Männern nach!
Also vergaß ich meine Gedanken schnell und richtete meine Aufmerksamkeit auf das Gespräch mit dem Arzt. Als ich mein T-Shirt auszog und er mich abhörte wartete ich gespannt auf sein Ergebnis.
"Sie können sich wieder anziehen."
"Und was ist los mit mir?", fragte ich ängstlich, bevor ich mein T-Shirt wieder überzog.
"Sie haben wahrscheinlich einen Herzklappenfehler", antwortete Dr. Kestner. "Ich kann es zwar noch nicht zu hundert Prozent sagen, dazu werde ich in den nächsten Tagen einen Ultraschall von Ihrem Herzen machen."
Seine Worte entsetzten mich und ich schluckte schwer. "Ist das schlimm?", fragte ich und mir fiel gar nicht auf, dass ich schon wieder zu weinen anfing. Zurecht! Wie soll ich denn nun einen Job bekommen? Will mich so überhaupt noch jemand? Und meine Wohnung? Was, wenn ich sie jetzt verliere?!
"Naja, kommt drauf an", sagte der Arzt, das machte mich nur noch neugieriger und entsetzte mich noch mehr. Kann er mir nicht mehr Informationen geben? Oder hat er keinen Bock mehr, mit mir zu Reden? Wozu ist er denn Arzt geworden?

"Wie auch immer, ich muss weiter, hab noch Wichtiges zu tun, wir nehmen sie stationär auf. Gleich kommt eine Schwester sie abholen und bringt sie auf ihr Zimmer."
Er ging ohne sich noch einmal umzuschauen und ließ mich einfach sitzen. So ein Arsch!, dachte ich entrüstet. Ich hatte gar keine Ahnung was ich nun denken sollte. Ich werde ewig nicht schlafen können! Verzweifelt wartete ich auf die Schwester und ließ mich auf mein Zimmer bringen. Die Schwester schien nett und fragte, ob sie mir helfen könnte, doch ich lehnte dankbar ab und trank aus einem Glas, welches schon neben meinem Bett stand. Ich dachte lange nach. Wenigstens muss ich mich jetzt eine Zeit lang nicht um meine Mahlzeiten kümmern. Krankenhausessen ist zwar nicht das Beste, aber immerhin meistens besser als Dosenfutter. Nachdem ich lange nachgedacht hatte, legte ich mich etwas hin und schaffte es doch, einzuschlafen. Wach wurde ich erst, als die nette Schwester mit dem Abendessen zu mir kam. Es waren zwar nur ein paar Scheiben Brot mit Käse, Wurst, Essiggurken und Butter, aber selten habe ich so viel in mich hineingestopft die letzte Zeit. Ich wurde vollends satt und als die Schwester es wieder aufräumte, bedankte ich mich. Sie lächelte und sagte, sie habe auch Neuigkeiten für mich. "Herr Doktor Kestner ging schon nach Hause, er hat wohl vergessen es Ihnen zu sagen, aber morgen steht Ihnen ein Ultraschall bei ihm bevor. Wir werden sie in der Früh dann abholen."
Während ich ihr zuhörte unterdrückte ich ein seufzen. Dieser Arzt ist doch so arrogant! Warum muss ich ausgerechnet ihn bekommen haben? Dennoch bedankte ich mich für die Info und sah zu wie sie mein Zimmer verließ.
Kurz darauf stürmte meine Schwester Lara in den Raum und umarmte mich fest. Ich war überrascht, dass sie kam, und fragte, woher sie wisse, dass ich hier wäre.
"Ich habe von Anna davon erfahren. Sie arbeitet doch hier seit einer Weile!", erklärte mir Lara. Anna war eine gute Freundin von uns beiden und arbeitete wirklich seit zwei Monaten in dieser Klinik, doch das hatte ich ganz vergessen, in meiner Panik. Lara sah mich mitfühlend an.
"Was ist passiert? Bist du schlimm erkrankt?"
Ich zögerte. "Mir geht es ganz okay, ich muss morgen einen Ultraschall machen. Ach ja, es ist übrigens ein Herzklappenfehler..."
"Was?!", entgegnete Lara erschrocken. "Das ist schlimm! Kann man da was machen?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Der Arzt hat mir wenig darüber gesagt...", fing ich an, doch sie unterbrach mich.
"Ich muss los", meinte sie. "Bin etwas im Stress, hab dir aber ein Buch von mir mitgebracht, damit dir nicht langweilig wird. Viel Glück morgen." Sie umarmte mich nochmal und ging dann schon wieder hinaus. Ich war etwas enttäuscht, denn ich hätte ihr gerne von meiner beruflichen Krise erzählt, doch ich ließ sie gehen. Vielleicht ist das wichtiger. Ich will sie ja nicht vollheulen.

Nachher legte ich mich noch eine Weile hin und las einen Teil des Buches, das mir meine Schwester mitgebracht hatte, bis ich endgültig die Augen schloss und versuchte, zu Schlafen.

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