Senna Quince 2 | Kapitel 13

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Ich hätte mir zumindest Schuhe anziehen sollen. 
Warum mir ausgerechnet das durch den Kopf ging, während ich immer noch durch den Nasen Sand rannte, so schnell ich konnte, wusste ich nicht. 
Ob mit oder ohne Schuhe, durch den kalten Regen war ich so oder so durchgefroren. 
Natürlich hatte ich Tarek verloren aber irgendwie trugen meine Beine mich immer weiter den Strand entlang, auch wenn er überall sein konnte. 
Wahrscheinlich war er schon lange nicht mehr am Meer. Wenn er immer weiter gerannt war... 
Frustriert schüttelte ich den Kopf, doch ich wollte nich zurück gehen. Etwas in seinem Blick hatte mich zutiefst erschüttert. Das war nicht nur Angst, sondern regelrechte Panik gewesen, vor etwas, dass ihn wohl passiert war und ihn traumatisiert hatte. Genau wie an dem Tag, an dem wir eingesperrt waren. 
„Tarek!“, schrie ich erneut seinen Namen in die Dunkelheit, auch wenn ich keine Hoffnung hatte, dass mir auch nur irgendjemand antworten würde. 
Mich im Kreis drehend, lief ich weiter. Irgendwo musste er doch sein!
Als ich gegen etwas hartes lief, realisierte ich schlagartig, dass es ein Körper war. Mein eigener reagierte reflexartig und versuchte, meinen Gegner zu Fall zu bringen. Jedoch wehrte er sich und nach einer leichten Rangelei landeten wir Beide im Sand, wobei ich dabei endlich ein Gesicht, zu dem Körper, sah.
„Nerium?“, fragte ich verwirrt, wobei er mich nur wütend anfunkelte. 
„Problem damit?“, giftete er zurück. 
„Was machst du hier draußen?“
„Das könnte ich dich fragen. Warum rennst du am Strand herum und schreist nach dem Verrückten, während eines Sturmes?“
Wütend warf ich mich wieder auf Nerium und packte ihm am Kragen seines Shirts. 
„Nenn ihn nicht immer so!“, knurrte ich ihn gefährlich an. 
„Warum nicht? Es ist doch nur die Wahrheit!“
Im ersten Moment wollte ich ihn nur den Kiefer brechen, doch dann hielt ich gerade so inne, während ich es mir anders überlegte. Nerium war ein Idiot aber er wusste etwas über Tarek. Wahrheit oder Gerüchte hin oder her. 
„Was ist die Wahrheit?“, fragte ich deswegen. 
„Na das er Verrückt ist.“, wiederholte Nerium, folgte aber meiner Faust, als ich sie wieder hob. 
„Du weißt genau was ich meine. Warum meinst du, er wäre verrückt?“, erklärte ich deswegen noch einmal mit Nachdruck. 
„Sein Vater ist ein Psycho! Nach dem Tod seines Sohnes ist er ja schon durchgedreht, aber als seine Frau noch weg war... Er hat Tarek wohl als sowas wie lebender Schlagsack benutzt. Sein Sohn ist in der Arena während eines Sturm gestorben. Es heißt, wenn es stürmte, ist er immer komplett ausgetickt. Dann hat er Tarek fast tot geprügelt und dann irgendwo eingesperrt. Einmal soll er ihn sogar vergraben haben. Da is der Junge wohl bei durchgedreht.“ 
Als er grinste landete meine Faust nun entgültig in seinem Gesicht und das Geräusch dabei, war einfach nur herrlich. Hatte ich ihn vielleicht das Jochbein gebrochen?
Nur hatte ich nicht damit gerechnet, dass Nerium einfach zurück schlagen würde. 
Seine Faust traf mein Kinn und ich flog nach hinten, wobei ich schnell genug reagierte und ihn mit mir zog, wodurch wir wieder im Sand landeten und mit einander rangen. 
„Was zum Henker?“, hörte ich eine weitere Stimme, als ich auch schon von Nerium herunter gezogen wurde, als wöge ich nicht mehr, als eine Stoffpuppe. 
Einen Moment wehrte ich mich strampelnd, doch es hatte keinen wirklichen Sinn, weswegen ich aufhörte und den Neuankömmling anfunkelte. 
„Oleander.“, stellte ich genervt fest. 
„Senna.“, konterte er im gleichen Tonfall, ehe er zu seinem Zwillingsbruder schaute, „Und ihr zwei prügelt euch weswegen hier draußen?“ 
„Er ist ein Arsch.“, knurrte ich sofort. 
„Das ist mir bekannt, aber kein Grund.“, meinte Oleander immer noch unglaublich trocken, weswegen er mir ein wenig den Wind aus den Segeln nahm, während sein Bruder schnaubte. 
„Ich hab ihren Geliebten beleidigt.“, murmelte nun Nerium und im ersten Moment wollte ich ihn anschreien, dass dies nicht wahr war. 
War es ja auch nicht. Wir waren Freunde, mehr nicht. 
Oder?... 
Ein Schrei riss mich aus meinen Gedanken, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, da er mir nur allzu bekannt war. 
„Tarek“, kam es keuchend über meine Lippen. 
Oleander ließ mich los und wir wirbelten Beide gleichzeitig herum, in die Richtung des Schreis, doch was wir sahen, war nur um so schlimmer. 
Von der Klippe, nicht weit von uns entfernt, stürzte gerade eine Person in das immer noch aufgewühlte Meer. 
Die Statur. Die Kleidung. Alles in mir Schrie, dass es Tarek war und meine Beine setzten sich wie alleine in Bewegung. 
Meine Füße standen schon zum Teil im Wasser, als Arme mich wieder zurück zogen und ich erstaunt zu Nerium aufblickte. 
„Willst du dich umbringen?“ 
„Ich muss ihn helfen“, erklärte ich energisch und versuchte mich zu befreien, doch er ließ mich einfach nicht los. 
„Selbst mit zwei gesunden Beinen ist es wahnsinnig zu den Klippen zu schwimmen!“, erinnerte ausgerechnet er mich, was Tränen der Wut in meinen Augen brennen ließ. 
Besonders weil er Recht hatte. 
„Wenn er sich umbringen will, dann lass ihn!“, redete er weiter auf mich ein. 
„Er wollte sich nicht umbringen du Idiot! Er ist nicht gesprungen, sondern gefallen. Er war viel zu nah an den Klippen!“, brachte ich hervor, auch wenn es kostbare Sekunden kostete. 
Nerium starrte mich einen Moment an, schien mir sogar zu glauben, aber ließ mich immer noch nicht los.
„Verdammt Nerium, lass mich los. Ich kann ihn nicht sterben lassen!“, flehte ich regelrecht, als Oleander plötzlich neben mir vorbei sprintete und sich in die Wellen stürzte. 
Verwirrt schaute ich den jungen Mann hinter her, wie er sich mit kräftigen Bewegungen durch die Wellen flugte.
„Was macht er?“, fragte ich an Nerium gewandt, der mich nur kurz anschaute, ehe er wieder auf seinen Bruder schaute. 
„Tarek raus holen.“, murmelte er. 
„Warum?“
Ich verstand es nicht. 
Warum half er Tarek, während Nerium mich davon abhielt? Besonders Nerium mochte mich nicht, wie alle Sieger vom Distrikt, da er selber nie einer von uns sein würde, schien Tarek regelrecht zu hassen. Trotzdem hatte er mich davon abgehalten, dass ich mich nicht wahrscheinlich einfach umgebracht hätte. Oleander begab sich in Gefahr, um Tarek rauszuholen. 
Nerium schien mir aber nichts dazu erwidern zu wollen. Zumindest nicht jetzt. 
Sein Blick war nur auf die Klippen gerichtet, bei denen Oleander gerade die Stelle erreichte, in der Tarek untergegangen war- 
Er tauchte unter und es fühlte sich wie Stunden an, ehe er wieder hoch kam. Tarek in seinen Arm. 
Erleichtert atmete ich auf, während erneut Tränen in meine Augen traten. 
Doch die Freude hielt nicht wirklich lange an. 
Oleanders Blick, als er mit Tarek näher kam, war viel zu besorgt, als das alles in Ordnung sein konnte. 
Mein Herz wollte beinahe aus meiner Brust springen, als Nerium und ich hörten, was er uns zu schrie. 
„Ruft einen Arzt! Er wurde niedergestochen!“

Senna Quince 2 | Leben danach...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt