Bald wäre er wieder da.
Aufgeregt stand ich am Bahnhof und konnte meinen Körper kaum ruhig halten.
Früher hatte ich solche Gefühle nie gezeigt, aber in den wenigen Wochen, in denen Finnick im Kapitol gewesen war, war einfach zu viel geschehen.
Die Morde, Tarek, über alles wollte ich mit meinen besten Freund reden, weswegen die Sekunden regelrecht zu Stunden wurden.
Auf dem Bahnhof hatten sich nur wenige Menschen versammelt.
Schließlich konnten wir keinen Sieger empfangen, sondern nur unsere Mentoren.
Jedoch waren immerhin alle ehemaligen Sieger und einige treue Fans hier, um Finnick und Mags in Empfang zu nehmen. Wir wussten, dass sie alles getan hatten. Die Tribute ware dieses Jahr eben einfach nicht stark genug gewesen. Sie hatten keine Chance in dieser doch schwierigen Arena und gegen die Siegerin aus Distrikt Zwei.
Eine ganze Woche hatte das Mädchen gebraucht, bis es endlich für ihre Siegesfeier auftauchen konnte.
Jeden Tag, den wir darauf warten mussten, hatte mich wütender und nervöser gemacht.
Finnick konnte erst nach Hause kommen, wenn dieses Spektakel vorrüber war.
Als wenn es ihm und Mags ähnlich wie mir ging, hatten sie sich sogar noch am Abend, gleich nach den Feierlichkeiten auf den Weg gemacht.
Immer wieder war ich der Meinung den Zug in der Ferne zu hören.
Auch jetzt wieder, doch als es sich als eine weitere Fehleinschätzung handelte, konnte ich nicht anders als aufzuknurren.
„Ganz ruhig Senna. Du machst den Normalos da drüben ja noch Angst.“, spaßte Tarek sanft und zog mich an sich, wodurch ich den Kopf verdrehen musste, damit ich ihn anschauen konnte.
„Tut mir Leid.“, gestand ich leise, „Aber ohne Finnick fällt einfach etwas.“
„Muss ich eifersüchtig werden?“, wollte Tarek spaßhaft wissen, was mich auflachen ließ, ehe ich mich in seinen Armen umdrehte.
Ohne etwas zu sagen, zog ich ihn näher und küsste ihn sanft vor allen Leuten. Ich spürte die Blicke auf uns, doch es störte mich nicht. Tareks Lächeln spürte ich an meinen Lippen, ehe er den Kuss erwiderte.
„Wir sind auch noch da.“, erinnerte mein Vater brummend, was nun Annie leise kichern ließ.
Nur ungern löste ich mich von Tarek, aber sein Lächeln war Belohnung genug.
Die letzten Tage waren wir eher damit beschäftigt gewesen, dass er wieder gesund wurde, während Civer weiter mit seinen Ermittlungen nervte.
Immerhin wurde niemand in den letzten Tagen ermordet und auch Tarek nicht angegriffen, wobei ich mir fast sicher war, dass dies passieren konnte.
Ein Grund, warum ich nicht von seiner Seite wich.
Ich hatte keine Ahnung, wie so ein Psychopat dachte, aber so wie es Civer schilderte, ist ihre Schwäche, dass sie einen Plan verfolgen und dieser immer hunderprozentig funktionieren konnte.
Das Tarek noch lebte, war also ein Problem. Vielleicht hatte er genau deswegen seid einer guten Spanne nichts mehr getan.
Die Frage war, auf was er wartete.
Erneut hörte ich die Geräusche eines Zuges und als ich dieses mal aufschaute, bog er wirklich um die Ecke, was mein Herz fröhlich aufspringen ließ.
Nur noch wenige Sekunden und Finnick war wieder da.
Der Zug hielt kurz darauf vor uns und die Tür ging auf, woraufhin Finnick regelrecht daraus hervorsprang.
Er wirkte angespannt und blaß. Fast schon unruhig suchte er die kleine Menge ab.
Als sich unsere Blicke jedoch trafen, stellte sich das mir so bekannte kleine Lächeln ein, was den wahren Finnick unter all der aufgesetzten Arroganz zeigte.
Die restlichen Menschen nicht wirklich beachtend, kam er auf mich zu und auch Tarek ließ mich los, woodurch sich meine Beine wie von selber auf den Weg machten.
In der Mitte trafen wir aufeinander und zogen uns aneinander, als wären wir umgedrehte Magneten, die nicht ohne einander konnten.
„Ich hab dich so vermisst.“, gestand ich leise und seine Hände legten sich noch etwas fester um mich, so dass sie fast schmerzhaft waren.
Doch es war mir egal.
Finnick war wieder da. Das war alles was zählte.
Er war hier und gesund.
„Ich dich auch Senna.“, flüsterte er zurück.
Seine Worte taten gut und ich konnte meinen Freund einfach nicht los lassen, was er jedoch auch merkte.
„Was ist los Senna? Irgendetwas stimmt doch nicht.“
Seufzend gab ich nach und nickte.
„Ich erzähl es dir zuhause.“, gab ich leise zurück, als es hinter mir erfreut aufquitschte.
Finnick sah auf und sein Blick hellte sich sofort auf, als er Annie sah.
Ich konnte mir ein Lachen nur gerade so unterdrücken, als ich zur Seite trat und für das Mädchen platz machte, was so schwungvoll gegen Finnick sprang, dass er sich mit ihr im Kreis drehte.
„Warte mal.“, wollte mein Vater wissen und schaute fast so geschockt wie, als er am Morgen, nach meinem Zusammenbruch, mich in Tareks Armen vorgefunden hatte, „Was läuft da zwischen den Beiden?“
„Sie lieben sich, schaffen es aber nicht, es sich gegenseitig zu sagen.“, erklärte ich trocken, was den Unterkiefer meines Vaters nach unten fallen ließ.
Auch wenn er es nie sagen würde, aber er fühlte sich verantwortlich für Annie und sah in ihr so etwas wie eine zweite Tochter. Eine Tochter, bei der er es richtig machen wollte, weswegen er sie so weit wie möglich von den Spielen fern hielt.
„Woher kenn ich dieses Problem nur?“, flüsterte Tarek in mein Ohr und ich boxte ihn spaßhaft in die Seite, während ich Finnick beobachtete, wie er auch die anderen wartenden „Fans“ begrüßte, die ihn begannen zu umzingeln.
Trotz der Menschen um mich herum fühlte ich mich gut, weswegen ich die Augen schloss und mich gegen Tarek lehnte, der mich sofort in seinen Armen gefangen nahm.
Ich atmete tief ein und aus; genoss einfach den kleinen Frieden in meinem Leben, den ich solange gesucht hatte.
Vielleicht würde jetzt alles gut werden.
Finnick war wieder da und Tarek mochte mich trotz meiner Probleme und Hirngespinnste, die mich zwar immernoch heimsuchten, aber, dank Tarek, nicht mehr so schlimm, besonders da er sich manchmal über sie lustig machte, wenn ich ihm erzählte, dass sie da waren.
Er sah mich nicht als verrückt, sondern nahm meine Geister einfach an.
Alles war gut...
„Wo ist Annie?“, riss mich Finnick Stimme aus meinen Gedanken und ich öffnete wieder die Augen.
Es war eindeutig mehr Zeit vergangen, als ich selber mitbekommen hatte, da nur noch wenige Leute am Bahnhof waren und selbst diese sich bereits abwanden.
„Sie war doch bei dir?“, erinnerte ich ihn, doch Finnick schüttelte schnell den Kopf, weswegen ich mich verspannte und hektisch umblickte.
Sie war nicht da.
Annie würde niemals ohne uns weggehen.
Zumindest nicht freiwillig.
Mein Blick traf den von meinem Vater und in seinen Augen stand die Gewissheit, die ich befürchtete.
Während Eiswasser durch meine Adern floss, hörte ich Finnicks Stimme nur entfernt, durch das Rauschen in meinen Ohren.
„Was ist hier los Senna?“
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Senna Quince 2 | Leben danach...
FanfictionMein Name ist Senna Quince, Siegerin der 66. Hungerspielen. Eigentlich müsste ich tot sein. Ich habe nur gewonnen, weil der Präsident mich quälen will und das schafft er. Fast drei Jahre ist mein Sieg nun her und ich frage mich immer noch:...