Kapitel 4 - Wer ist hier das Monster?

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Er:

Die pralle Sonne scheint durchs Fenster und mir direkt in mein Gesicht. Mein Schädel brummt und als ich mich im Zimmer umsehe, sehe ich nichts als Chaos. Die Vorhänge sind schief, eine leere Whiskyflasche liegt auf dem Boden und überall liegen meine Klamotten herum.

Ich werfe einen Blick auf meinen Wecker. 14.00 Uhr, die perfekte Zeit um Geld für meine Schulden zu besorgen. Schnell ziehe ich mich an und mache mich auf den Weg zur BNW - der Bank of New York. Da es für mich ein Leichtes ist, an Geld heranzukommen und ich keinen akribisch geplanten Bankraub ausführen, geschweige denn mich verkleiden muss, bin ich in keinster Weise angespannt.

Als ich die Bank betrete, schlägt mir die kalte Luft aus den Klimaanlagen entgegen. Drinnen ist es natürlich totenstill und man vernimmt nur das leise Tippen der Angestellten auf den Tastaturen.

Ich begebe mich an einen Schalter, an dem ein Mann, mittleren Alters, sitzt. Er lächelt mir freundlich entgegen und erkundigt sich, wie er mir helfen kann. Meine Hände halte ich unter den Tresen des Schalters, ausserhalb seines Blickfeldes, damit er nicht sieht wie ich meine Hände verbiege.

Meine rechte Hand balle ich zu einer Faust und meine Linke klatsche ich flach auf die Faust.

Der Blick des Mannes wird glasig und sein Körper versteift sich. Nun ist er unter meiner Kontrolle.

Ich beginne meinen linken Zeigefinger im Kreis zu drehen und der Mann steht auf. Dann wippe ich mit meinem Zeige- und Mittelfinger abwechselnd hin und her und der Mann setzt sich in Bewegung und begibt sich zum Tresor. Ohne Weiteres öffnet er ein Schliessfach im Tresor, nimmt eine Kiste mit Geld heraus und kehrt zurück an seinen Platz. Ich lächle breit, als er die Kiste auf den Tresen fallen lässt. Schnell werfe ich einen Blick darauf. Lauter Bündel mit Hundertern liegen ordentlich in der Kartonkiste. Meine rechte Hand ist immer noch zu einer Faust geballt. Als der Bankangestellte mir die Kiste unter der Glaswand durchschiebt, löse ich meine Faust langsam und die Farbe in den Augen des Mannes kehrt zurück. ,,Vielen Dank für Ihren Besuch, Sir'', entgegnet er mir freundlich.

Ich lächle schief: ,,Nein, ich danke Ihnen, mein Bester.''

Sie:

Die Englischstunde zieht sich quälend lange dahin. Heute habe ich Xavier noch gar nicht gesehen.

Unwillkürlich muss ich mich an unser Gespräch gestern zurückerinnern. Er war komisch gewesen, ich beschliesse ihn nachher, falls ich ihm noch begegnen sollte, darauf anzusprechen.

Während ich versuche mich auf den Schulstoff zu konzentrieren, landet plötzlich ein zerknüllter Zettel auf meinem Tisch. Langsam nehme ich in die Hände und streiche ihn glatt. In ordentlicher Schrift steht geschrieben:

Wer ist dieser Hausmeister mit dem du gestern gesprochen hast?

Ich sehe mich im Klassenzimmer um und sehe, wie Nevil mich direkt anblickt. Als ich den Zettel hebe und auf ihn deute, nickt er nur. Ich nehme einen Kugelschreiber und schreibe darunter:

Was geht dich das an?

Als sich die Lehrerin umdreht, werfe ich den Zettel in Nevil's Richtung. Er fängt ihn mit einer Hand und liest ihn sofort durch. Ich sehe wie sein Gesichtsausdruck hart wird, er scheint genervt zu sein.

Der Zettel kommt zurückgeflogen:

Sag es mir. Ich glaube nicht, dass er der richtige Umgang für dich ist.

Nun bin ich genervt:

Lass das mal meine Sorge sein.

666 - Unsterbliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt