Hinbiegen

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Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass eine so kleine Tat solche Probleme mit sich bringen könnte. Ich wollte der Frau nur helfen und habe damit das ganze Sanctuary auf mich sauer gemacht. Ich muss das irgendwie wieder hinbiegen. Eigentlich wollte ich nur, dass die Menschen hier anfangen mich zu mögen und die Sache mit den Medikamenten erschien mir als ein guter Anfang aber das Gegenteil stellte sich heraus. Die meisten Menschen hier fühlten sich von mir ungerecht behandelt und genau genommen haben sie ja auch Recht. Ich hätte der Frau die Medizin ohne Bezahlung nicht besorgen dürfen. Das war ungerecht den anderen gegenüber. Jeder hier musste für sein Zeug arbeiten und bezahlen und das musste ich auch respektieren. Ich durfte nicht mehr aus der Reihe tanzen sonst würde ich das ganze System total durcheinander bringen. Und das durfte auf keinen Fall passieren. Ich musste mir irgendwas überlegen, wie ich die Sachen wieder hinbiegen kann. Die Leute hier müssen mich als vorübergehende Leitung des Sanctuary akzeptieren und ich war gerade auf dem Weg in die vollkommen falsche Richtung.

Ich lag fast die ganze Nacht wach und überlegte, wie ich meinen Fehler wieder gut machen könnte, wie ich die Menschen wieder besänftigen und von mir überzeugen könnte. Ich überlegte viel hin und her und kam schließlich zu dem Entschluss, dass mir nichts anderes übrig blieb als mich schlicht und ergreifend einfach zu entschuldigen. Ich bin immerhin noch nicht lange die Anführerin und muss noch viel lernen. Ich hoffe, sie werden das alle verstehen und geben mir noch eine Chance. Es muss einfach reichen, ansonsten wüsste ich nicht was ich tun soll. Ich kann der Frau ja schlecht die Medikamente wieder weg nehmen.

Als meine Uhr 6:56 Uhr zeigte stand ich auf. Ich konnte sowie nicht mehr schlafen, also konnte ich auch aufstehen. Ich ging erst ins Bad und hüpfte schnell unter die Dusche, danach Zähne putzen und Haare machen. Nachdem ich sie getrocknet hatte, band ich sie zu einem Pferdeschwanz nach hinten und ließ vorne jeweils eine kleine Strähne raus hängen. Danach ging ich nur ins Handtuch gewickelt wieder ins Schlafzimmer und zog mich an. Meine üblichen Sachen, jetzt wo ich Negans Nachfolgerin war. Dunkle Jeans, schwarze Schuhe, weiße Bluse und Negans Geschenk. Die Lederjacke. Fertig angezogen ging ich erstmal in die Küche um zu frühstücken und schon auf dem Weg dahin wurde ich mit Blicken der Verachtung gestraft. Jeder der mit entgegen kam, sah mich anders an. Sauer, vorwurfsvoll oder gekränkt. Na ganz toll, da hatte ich ja wirklich was angerichtet. Ich muss die Sache schleunigst aus der Welt schaffen sonst wird das alles hier im Chaos enden. Wenn die Leute hier mich nicht ernst nehmen, wird Negan auch ein Problem haben wenn er zurück kommt. Also falls...

Nach dem Frühstück ging ich zurück ins Schlafzimmer und holte Lucille. Ich war es noch nicht gewöhnt sie immer mitnehmen zu müssen, darum hatte ich sie vorhin oben stehen lassen. Ich legte sie mir über die Schulter und versuchte dabei so lässig auszusehen wie Negan aber ich hatte nicht das Gefühl, dass das so gut klappte wie bei ihm. Ich machte mich auf den Weg in die große Halle und stellte mich an die gewohnte Stelle um eine kurze Ansage zu machen. Dann schlug ich mit Lucille wieder kurz auf das Geländer um die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Das gelang mir auch und die Leute sahen zu mir hoch. 

"Könntet ihr eure Arbeit kurz unterbrechen. Ich würde gerne was sagen." begann ich und wartete bis die Leute ihre Tätigkeit unterbrachen. 

"Nun ihr habt ja sicherlich schon alle mitbekommen, dass ich gestern einer Frau Medikamente geschenkt habe. Mir war nicht bewusst, dass ich euch allen damit Unrecht tue und möchte mich in aller Form bei euch allen entschuldigen. Ich habe nicht darüber nachgedacht. Ihr arbeitet alle für euer Zeug und es war nicht richtig von mir, ihr die Medizin zu schenken. Dadurch haben einige Marken eingebüßt und ihr fühlt euch zu Recht alle ungerecht behandelt. Es tut mir leid." entschuldigte ich mich bei den Leuten. Sie sahen mich alle an aber ich konnte aus ihren Gesichtern nicht schlau werden.

"Ich bin noch nicht lange Leiterin des Sanctuary und muss noch viel lernen. Ich hoffe, ihr könnt mir diesen Fehltritt verzeihen und gebt mir noch eine Chance mich zu beweisen." fügte ich hinzu.

"Davon können wir uns jetzt aber auch nichts kaufen. Du kommt hier an und stellst und vor vollendete Tatsachen und verlangst, dass wir alles einfach so hinnehmen. Und dann bist du der Position noch nicht mal gewachsen!" brüllte einer der Männer.

"Ich sagte ja, ich muss noch viel lernen. Ich kann momentan nicht mehr tun, als mich bei euch zu entschuldigen." sagte ich

"Eine Frau als Leitung. Ist eh die Höhe." fügte ein anderer hinzu und die Leute, vor allem die Männer fingen an wild durcheinander zu reden. Auf einmal hörte mir keiner mehr zu und sie diskutierten wild miteinander. Andere gingen vollkommen unbeeindruckt wieder an ihre Arbeit zurück und ich stand wie verloren oben auf der Treppe. Ich versuchte noch einige Male was zu sagen, aber keiner hörte mir mehr zu also beschloss ich irgendwann wieder zu gehen. Es war sinnlos jetzt noch mehr erzählen zu wollen. Ich ging ein Wenig geknickt von meinem erneuten Misserfolg wieder nach oben und steuerte Dwight und Sherrys Zimmer an. Ich klopfte leise an die Tür und wurde herein gebeten. Ich betrat das Zimmer, schloss die Tür wieder und setzte mich zu Sherry aufs Bett. Dwight war gerade nicht da. Ich sah Sherry hilflos an und bevor sie irgendetwas sagen konnte liefen mir auch schon Tränen über meine Wangen. Sie umarmte mich wortlos und hielt mich einfach fest um mich zu trösten.

Still his property. (Negan FF #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt