Zweiter Schachzug

155 14 7
                                    

Zwei Tage später:

In den letzten zwei Tagen gab es aus den vier Kolonien nicht viel neues zu berichten. Die Gruppen teilten mir abends nur immer mit, dass alles in Ordnung war. Im Sanctuary allerdings war in den 48 Stunden einiges passiert. Erstens: es haben sich neue Leute angeschlossen, die von unseren Leuten bei einer Besorgungstour aufgegriffen wurden. Zweitens: wir haben ziemlich weit entfernt eine noch fast unberührte Tankstelle gefunden. Das heißt Benzin für die Trucks und auch eine gute Menge an Vorräten. Und drittens: bei den Besorgungstouren wurden zwei weitere funktionsfähige Trucks gefunden! Das heißt, wir haben wieder vier. Immerhin! Ich kann also sagen, bei uns im Sanctuary geht es momentan wieder bergauf. 

Ich half gerade die beiden Trucks auszuräumen, die die Vorräte aus der Tankgestelle geladen hatten, als eine Stimme aus meinem Walkie-Talkie ertönte. Schnell stellte ich die Kiste ab und nahm es in die Hand.

"Ja? Ich bin da." 

"Hi Tris, hier ist Dennis, Gruppe Hilltop. Ich glaube, ich habe eine gute Gelegenheit um ein erstes Zeichen zu setzen. Ich wurde für morgen einer Gruppe zugeteilt, die zur Ressourcensuche rausfahren wird. Möglicherweise könnt ihr uns auf dem Rückweg abfangen."

"Eine sehr gute Idee, Dennis. Das wäre eine erste super Gelegenheit um zu zeigen, dass man sich mit uns besser nicht anlegt. Immerhin sind Ricks Freunde auch unsere Feinde. Gezwungenermaßen. Ist schon eine feste Route geplant?"

"Ja, steht alles fest. Am besten könnt ihr uns auf der 85ten ein Stück nördlich der kleinen Kirche abfangen. Wir wollen bei Sonnenaufgang los. Allerdings kann ich natürlich nicht sagen, wann wir zurück kommen. Ich denke, wenn ihr euch etwa vier Stunden nach Sonnenaufgang dort platziert sind wir auf der Hinfahrt auf jeden Fall durch und dann müsstet ihr eben abwarten."

"Ja klar, das kann man nie sagen. Wir werden auf jeden Fall da sein. Vielen Dank Dennis. Und sei bitte vorsichtig auf der Tour. Geh kein Risiko ein." bedankte ich mich bei ihm, steckte das kleine Funkgerät wieder an meinen Gürtel und hob die Kiste wieder auf, die ich eben abgestellt hatte. Ich trug sie in die Küche und half auch weiterhin beim Ausladen der Trucks. Anschließend rief ich Dwight und einige andere Männer in unseren Konferenzraum. Ich wollte ihnen von dem Plan für morgen erzählen.

"Danke, dass ihr alle da seid. Ich habe vorhin mit Dennis, einem Mann der momentan in Hilltop lebt gesprochen. Er hat mir von einer Besorgungstour erzählt, die morgen stattfinden wird und wir werden auf ihrem Rückweg auf sie warten." erklärte ich.

"Guter Plan. Wissen wir wann und wo?" fragte Dwight nach.

"Ja wissen wir. Auf der 85ten ein Stück nördlich der kleinen Kirche. Wir positionieren und einige Stunden nach Sonnenaufgang dort und müssen dann eben abwarten. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird." 

"Alles klar. Dann versperren wir die Straße und warten bis sie zurück kommen." entgegnete ein anderer.

"Genau und dann zeigen wir ihnen, dass man lieber nicht unser Feind ist. Auch nicht ohne Negan. Wir plündern ihre Trucks und setzen ein Zeichen." tatsächlich gefiel mir der Gedanke daran, mich für die Gefangennahme zu Rächen. Ja, Negan war zwar nicht in Hilltop aber die Menschen dort arbeitet nun mal mit Alexandria zusammen. Also waren sie auch unsere Feinde.

[Nächster Morgen:]

Ich stand heute früh auf, die Sonne war noch nicht mal aufgegangen. Ich ging erst ins Bad um mich fertig zu machen. Ich duschte eine Weile, trocknete mich ab und föhnte meine Haare. Dann band ich meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, welcher mit der neuen Frisur deutlich kürzer war als der alte. Anschließend ging ich zu meinem Kleiderschrank und zog mich um. Natürlich die alt bewährten Sachen. Jeans, weißes Oberteil, Schnürrstiefel und die Lederjacke. Zu guter letzt noch Lucille und ich war fertig. Ich verließ das Schlafzimmer, ging in die Küche und aß gemütlich eine Kleinigkeit zum Frühstück. Danach machte ich mich auf den Weg nach unten. Die Sonne war etwa vor einer Stunde endlich aufgegangen. Draußen angekommen warteten bereits einige Männer auf die, die noch fehlten. Ich gesellte mich zu Dwight und wartete ebenfalls. Es dauerte etwa 20 Minuten, bis schließlich alle eingetroffen waren. Wir verteilten uns auf die vier Autos und fuhren los. Ich saß zusammen mit Dwight und zwei anderen Männern in einem Jeep. Dwight fuhr. Unterwegs unterhielten wir uns über verschiedenste Dinge. Unser Leben vor der Apokalypse, wen wir verloren hatten und über andere vollkommen belanglose Dinge. Nach etwa zweieinhalb Stunden kamen wir am besagten Ort an und stellten unsere vier Fahrzeuge so auf, dass sie eine Straßesperre bildeten. Dann stiegen wir aus und naja ...warteten. Zwei Stunden vergingen und wir versuchten uns irgendwie die Zeit zu vertreiben. Einige Männer hielten Wache, während andere mit einer leeren Dose Fußball spielten. Wieder andere saßen in den Trucks und schliefen. Ich hatte mich auf das Dach des Jeeps gesetzt und beobachtete das Geschehen. Zeitweise lag ich auch auf dem Dach und starrte einfach nur hoch zu den Wolken. Hin und wieder wurden einige Beißer von meinen Männern getötet.
Nach einer weiteren Stunde setzten wir und alle zusammen und aßen eine Kleinigkeit zum Mittag. Wir hatten absolut keine Ahnung, wann die Truppe aus Hilltop zurück kommen würde.
Es vergingen weitere Stunden und mittlerweile war es Nachmittag geworden. Ich lag wieder auf dem Dach des Jeeps und warf den Deckel meiner Wasserflasche immer wieder nach oben, um ihn kurz darauf wieder aufzufangen, als wir endlich Motorgeräusche hören konnten. Ich schraubte den Deckel auf meine Flasche, stellte sie zur Seite und stand auf. Ich legte Lucille auf meine Schulter und lief über die Windschutzscheibe auf die Motorhaube des Jeeps. Unsere Straßensperre hatten wir kurz hinter einer Kurve platziert, weswegen uns die Truppe aus Hilltop erst sehr spät bemerkte. Abrupt blieben sie stehen, als sie um die Kurve gefahren kamen. Der Fahrer legte schnell den Rückwärtsgang ein doch einer meiner Männer schoss in die zwei vorderen Räder des Wagens.

"Aussteigen!" rief ich ihnen laut zu und nachdem sie sich offensichtlich kurz besprochen hatten, stiegen sie alle aus. Sie hatten ebenfalls ihre Waffen auf uns gerichtet und Jesus, scheinbar der Anführer der Gruppe, kam einige Schritte auf uns zu.

"Wir wollen keinen Ärger, also..." fing er an zu reden doch einer seiner Männer fiel ihm ins Wort.

"Los! Knall sie ab Mann!" rief er von hinten.

"Chris! Sei ruhig, lass uns erstmal mit ihnen reden." ermahnte Jesus ihn. Ich kannte Jesus nur flüchtig. Ich hatte ihn nur einmal gesehen, als er in Alexandria zu Besuch war.

"Worüber sollen wir mit den denn reden?! Wo sie ihre Klamotten her haben?! Oder was sie zum Frühstück hatten?! Mit den kann man doch eh nicht reden!" keifte Chris ihn an.

Mein Blick wanderte über die vier Männer, die ausgestiegen waren. Jesus, Chris und ein mir unbekannter Mann. Außerdem natürlich Dennis, der sich absichtlich zurückhielt. Er hatte zwar seine Waffe in der Hand, um nicht aufzufliegen aber er würde niemals auf uns schießen.

"Wir wollen eure Vorräte!" rief ich Jesus entgegen.

"Was Rick erzählt ist also wahr, Tris? Du bist jetzt unser Feind?" Enttäuscht sah Jesus mich an.

"Nur solange Negan sein Gefangener ist." stellte ich klar. "Also her mit euren Vorräten oder wollt ihr sterben?! fuhr ich fort.

"Tris, bitte." flehte er mich an.

"Nein! Es ist nichts persönliches Jesus aber ihr seid Ricks Freunde was im Umkehrschluss bedeutet, dass ihr meine Feinde seid!"

Ich gab einigen meiner Männer ein Zeichen und diese setzten sich sofort in Bewegung. Zuerst nahmen sie den vier ihre Waffen ab und leerten anschließend ihren Truck. Nachdem sie alle ihre gefunden Sachen umgeladen hatten sprang ich von der Motorhaube und wollte wieder einsteigen. Doch plötzlich schrie einer meiner Männer auf. Ich drehte mich zu ihm um und sah, dass Chris ihm ein Messer ins Bein geworfen hatte. Ich griff nach meiner Pistole und schoss Chris ohne weitere Worte in den Kopf. Der Mann, dessen Name ich nicht wusste brüllte mich sauer an und rannte auf mich zu. Ich zielte mit meiner Waffe auf ihn und schoss ihm ebenfalls zielsicher zwischen die Augen. Jesus blickte schockiert auf die beiden leblosen Männer. Danach fiel sein panischer Blick auf mich. Ihm fehlten jedoch die Worte.

"Richte Rick aus, dass das erst der Anfang war." rief ich ihm zu. Anschließend drehte ich mich zu einem meiner Männer: "Lass jedem eine Pistole und ein Wenig Munition da, damit sie meine Nachricht auch ausrichten können." Dann stieg ich in meinen Jeep. Meine Männer taten es mir gleich und so lösten wir unsere Straßensperre auf und fuhren zufrieden wieder zurück. Kurz dachte ich über das Geschehene nach. Eigentlich hatte ich nicht vor gehabt, jemanden zu töten. Aber um ehrlich zu sein, machte es mir auch nichts aus, dass es so hatte sein müssen. Ich machte mir viel mehr Sorgen um Dennis. Ich wollte auf keinen Fall, dass ihm etwas passieren würde. Ich hoffte wirklich, dass er es heil nach Hilltop zurück schaffen würde.

Still his property. (Negan FF #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt