realisieren.

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Nun stehe ich dort, mit geballten Fäusten, den verweinten und wütenden Blick zum Vollmond gerichtet. Eine stille Träne nach der anderen rinnt über mein Gesicht und mit jeder dieser Tränen realisiere ich ein Wenig mehr, was hier gerade passiert. Negan, mein Mann ..er ist weg. Eingesperrt. Gefangen gehalten in Alexandria, bei Rick und meinen Freunden. Meine alte Heimat. Langsam senke ich meinen Blick vom Mond auf den Boden und fange an richtig zu weinen. Ich lasse mich auf meine Knie in den Dreck fallen, lege mein Gesicht in meine Hände und weine einfach nur. Aus Verzweiflung und aus Angst. Es fühlte sich an, als wäre meine Welt stehen geblieben, als hätte die Erde aufgehört sich zu drehen. Ich spürte diese Leere in mir, als hätte mir jemand meinen Lebensinhalt genommen. Und irgendwie war es ja auch so. In den letzten Monaten, war Negan zu meinem Lebensinhalt geworden. In dieser kaputten, toten Welt war er es, durch den ich mich lebendig fühlte und jetzt war er weg, und er würde auch nicht wieder kommen. Ich musste ihn unter allen Umständen wieder zurück holen, für mich und auch für das Kleine. Bei diesem Gedanken legte ich eine meiner Hände auf meinen Bauch.

"Tris? Was ist passiert? Warum weinst du?" hörte ich Dwight hinter mir fragen und im selben Moment kauerte sich Sherry neben mich und nahm mich in den Arm. Auch Dwight kam zu mir und kauerte sich vor mich. Er legte eine Hand auf mein Bein und sah mich fragend an.

Ich sah die beiden mit verweinten Augen an. "Negan ..ist weg." stammelte ich hervor.

"Was meinst du mit weg?" fragte er nach.

"..weg.. und er kommt nicht wieder." stotterte ich weiter.

"Tris was meinst du damit? Was ist passiert?"

"Rick ..er hat ihn in seine Gewalt gebracht und eingesperrt." sagte ich und dabei liefen mir weitere Tränen über meine Wangen.

"Was?! Wie hat er das geschafft?" brachte Dwight geschockt hervor.

"Er war nur mit einem einzigen weiteren Mann in Alexandria, weil ich ihn überredet hatte Rick Frieden anzubieten. Sie haben eine Weile geredet und beim Abschied hat Rick ihn von hinten niedergeschlagen. Den Mann hat er als Überbringer gehen lassen. Als Beweis hat er ihm Lucille mitgegeben." ich riss mich zusammen und erzählte den beiden, was der Mann mir vor einigen Minuten erzählt hatte. Und mit meinen Worten kam mir ein Gedanke: Ich hatte Negan dazu überredet. Wegen mir ist er ohne weitere Leute nach Alexandria gefahren.

"Meinetwegen.. ist er weg. Ich bin Schuld." brachte ich leise über meine Lippen.

"Nein Süße, das stimmt nicht! Rede dir das nicht ein." versuchte Sherry mir den Gedanken auszureden.

"A..aber.." setzte ich an".

"Nein! Es ist nicht deine Schuld. Du hast es gut gemeint und konntest das nicht wissen." unterbrach sie mich.

Sherry half mir auf und die beiden brachten mich nach drin in Negan und mein Schlafzimmer. Ich stand noch völlig neben mir, weshalb mir Sherry half mich umzuziehen. Danach setzten wir beide uns aufs Bett während Dwight nervös im Zimmer auf und ab lief.

"Über was denkst du nach? Du machst mich nervös mit deinem Auf- und Abgelaufe." sagte Sherry und sah ihren Mann an.

"Wenn Negan weg ist, werden einige hier versuchen sich hier zu benehmen wie es ihnen gerade passt. Sie werden sich an keine Regeln halten und ich befürchte es wird alles in einem riesen Chaos enden. Ich weiß Negan ist ein riesen Arsch, aber er hat den Laden hier am Laufen gehalten. Wir müssen ihn zurück holen." erklärte er uns seine Bedenken.

"Dann muss eben jemand anders die Führung hier übernehmen, bis er zurück ist." schlug Sherry vor.

"Und wer?" fragte er.

"Seine Ehefrau." sagte sie und die beiden sahen mich an.

"Was ich? Oh nein, ich kann das nicht machen." versuchte ich die Verantwortung von mir zu schieben.

"Ich halte das auch für eine sehr gute Idee. Alle wissen, dass du seine Frau bist. Wir müssen den Leuten ja nicht sagen, dass er gefangen wurde sondern überlegen uns was anderes, warum du zeitweise die Führung hier übernimmst." schlug Dwight vor.

Sherry und Dwight redeten noch eine gefühlte Ewigkeit auf mich ein, bis ich schließlich nach gab und zustimmte.

"Ihr beide helft mir aber dabei, ja?" fragte ich die beiden hilflos.

"Na klar helfen wir dir. Dafür sind Freunde doch da. Wir schaffen das zu dritt." lächelte Sherry mich Mut machend an.

"..zu viert." sagte ich leise.

"Zu viert?" fragte Dwight verwirrt.

Mein Blick sank auf meine Hand, die auf meinem Bauch lag.

"Oh mein Gott! Du bist schwanger?!" platzte es aus Sherry heraus und sie zog mich in eine feste Umarmung, nachdem ich ihren Gedanken mit einem stummen Nicken bestätigt hatte.

"Meinen Glückwusch." gratulierte mir Dwight.

Die beiden trösteten mich noch eine Weile und verließen dann schließlich mein Zimmer. Dwight meinte noch, dass wir den Menschen hier morgen früh sagen sollten, dass Negan für eine Zeit die Leitung des Sanctuary an mich übergeben hatte. Ich hatte ihm zugestimmt, denn ich war auch der Meinung, dass sie nicht wissen sollten, dass Negan gefangen genommen wurde.

[]

Am nächsten Morgen war ich schon früh wach. Ich hatte die ganze Nacht kaum geschlafen und mir den Kopf darüber zerbrochen, was wir den Leuten wohl erzählen sollten. Dwight klopfte irgendwann an meine Tür und ich öffnete ihm. Ich trug eine dunkle Jeans, schwarze Schuhe, eine weiße Bluse und die Lederjacke, die Negan mir geschenkt hatte.

"Wow, also so erkennt man dich auf jeden Fall als Negans Vertretung." machte Dwight mir Mut. "Ich hab mir überlegt, dass wir den Leuten einfach erzählen, dass Rick sich gegen Negan gestellt hat und Negan deshalb eine Weile in Alexandria die Führung übernimmt. Das passt dazu, dass er eine Zeit weg sein wird und auch dazu, dass er so plötzlich weg ist." fährt er fort und ich stimme ihm zu, weil mir sowieso keine bessere Idee einfallen würde. Ich atmete einmal tief durch und nahm Lucille in die Hand, die mir Dwight hingehalten hatte. Wir gingen zusammen in die große Halle und standen oben am Geländer, wo Negan immer gestanden hatte, wenn er etwas zu verkünden hatte. Die Menschen unten aber beachteten uns gar nicht. Sie waren damit beschäftigt zu essen oder zu arbeiten. Ich sah Dwight hilfesuchend an und dieser deutete auf Lucille und sah anschließend auf das gelbe Geländer. Ich verstand was er meinte und schlug drei mal mit Lucille auf das Eisengeländer. Sofort waren alle Blicke auf uns gerichtet. Die Leute sahen uns verwirrt an und Dwight übernahm das Wort, als er merkte, dass ich mit der Situation hoffnungslos überfordert war:

"Wir haben euch was zu sagen. Negan musste kurzfristig nach Alexandria aufbrechen weil Rick sich gegen seine Anweisungen gestellt hat. Das kann er natürlich nicht auf sich sitzen lassen wie ihr wisst. Darum wird seine Frau Tris eine Weile die Leitung hier übernehmen, bis er zurück ist. Als Beweis dafür, hat er ihr Lucille da gelassen. Und ihr wisst, er würde sie sonst nie aus der Hand geben." erklärte Dwight den Menschen und diese fingen an wie wild durcheinander zu reden. Dwight sah mich auffordernd an.

"Nun, also ich möchte hier nichts verändern. Alle Regeln und Vorschriften bleiben so wie sie Negan aufgestellt hat. Ich hoffe, ihr akzeptiert mich zeitweise als eure Leitung und ich bin natürlich gerne für euch da, wenn ihr irgendetwas brauchen solltet." sagte ich einigermaßen selbstsicher und legte dabei Lucille auf meine Schulter, so wie es Negan immer tat. Ich hoffte, damit etwas Eindruck hinterlassen zu können.

Der Großteil der Menschen, vor allem die Frauen nickten mir zustimmend zu. Einige Männer machten sich etwas über mich lustig und wieder andere gingen wortlos wieder an die Arbeit. Aber immerhin war der erste Schritt getan.

Still his property. (Negan FF #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt